En Allemagne la droite s’active pour conquérir des postes dans les comités d’entreprise (Betriebsrat).
Bei den Betriebsratswahlen im Frühjahr will die Neue Rechte mit einer „alternativen Gewerkschaft“ antreten. Die AfD profitiert davon - und spielt mit.
Jürgen Elsässer hat eine neue Vision. Im November steht der weißhaarige Chefredakteur des neurechten „Compact“-Magazins auf der Bühne einer festlichen Tagungshalle in Leipzig. Sein Medium hat hier eine Konferenz organisiert, Björn Höcke von der AfD ist gekommen und Martin Sellner von der völkischen „Identitären Bewegung“, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Die Ikonen der Neuen Rechten. Doch in diesem Moment – das will Elsässer dem Publikum vermitteln – ist der Star ein anderer.
Er steht neben ihm, ein unscheinbarer Mann im schwarzen Pulli. Er heißt Oliver Hilburger und ist Betriebsrat bei Daimler in Stuttgart-Untertürkheim. Er hat eine „alternative Gewerkschaft“ mit dem Namen „Zentrum Automobil“ gegründet. Sie holte mit ihrer Liste bei den letzten Betriebsratswahlen im Untertürkheimer Daimler-Werk zehn Prozent. Eine halbe Stunde hat Hilburger über die Gewerkschaft geredet, doch Elsässer, der rechte Ideologe, will es noch einmal auf den Punkt bringen. Jetzt, ruft er, gehe es darum, diesen Erfolg bei Daimler auf andere Industriebetriebe auszudehnen. Das Motto: „Alle Räder stehen still, wenn der blaue Arm es will!“
DGB-Chef sieht bislang eher „Randphänomen“
Nach der AfD, die als parlamentarischer Arm der Neuen Rechten im Bundestag sitzt, sollen also nun „alternative Gewerkschaften“ in die Betriebe hineinwirken? Es ist eine Vision, die die großen Gewerkschaften in Deutschland nicht kaltlässt. Vom 1. März bis 31. Mai finden in diesem Jahr bundesweit Betriebsratswahlen statt. 180 000 Betriebsräte werden neu gewählt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bemerkt eine zunehmende Mobilisierung durch die AfD und andere rechte Gruppierungen in den Betrieben. Sie wollen ihre Kandidaten in die Betriebsräte heben. DGB-Chef Reiner Hoffmann stempelt das zwar bislang als „Randphänomen“ ab. Die rechten Gruppierungen seien unfähig und wollten nur spalten, sagte er im Dezember. Trotzdem beobachten die Gewerkschaften die Entwicklungen nun sehr genau, wie auch der sächsische DGB-Chef Markus Schlimbach sagt.
Im Internet kann man beobachten, wie rechte Gruppen gegen die großen Gewerkschaften Stimmung machen. Da gibt es ein Video, das ein düsteres Bild von der Arbeitswelt zeichnet. Fleißige Arbeiter würden wegen ihrer Sympathie für Pegida oder die AfD gekündigt. Männer schauen mit ernsten Gesichtern in die Kamera. „Die etablierten Gewerkschaften haben unsere Interessen schon lange verraten“, sagt einer mit kurzem Haar und Karohemd. Seine Sätze sind unterlegt mit melancholisch-dramatischer Klaviermusik. Ein anderer ruft zum Handeln auf: „Werde jetzt Betriebsrat und schütze deine Kollegen!“
Ein AfD-Bundesvorstand will im Wahlkampf helfen
In dem Video tauchen zwar Funktionäre von „Zentrum Automobil“ auf, der „alternativen Gewerkschaft“. Aber hinter der Kampagne „Werde Betriebsrat!“ steckt auch die fremdenfeindliche und schwer greifbare „Ein Prozent“-Bewegung. Diese hat sich im Dunstkreis von „Compact“-Chefredakteur Elsässer, dem neurechten Intellektuellen Götz Kubitschek und der „Identitären Bewegung“ gebildet. Anders als die „Identitäre Bewegung“ wird sie zwar nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Sie finanziert aber die zum Teil aufsehenerregenden Aktionen der Identitären und will Auffangbecken für deren Aktivisten sein. Zudem produziert „Ein Prozent“ professionell gemachte Filme, die asylkritische Botschaften verbreiten. Jetzt will „Ein Prozent“ offenbar mit dafür sorgen, dass Elsässers Vision vom „blauen Arm“ in den Betrieben Wirklichkeit wird.
Aus der AfD war von Funktionären öffentlich wenig dazu zu hören. Doch im neuen Bundesvorstand sitzt jetzt einer, der für die AfD schon eine ganze Weile an die Arbeiterseele appelliert: Guido Reil. Der Essener Bergmann – grau meliertes Haar, Ruhrpott-Dialekt – machte lange Jahre Politik für die SPD. Doch im Streit um die Flüchtlingsunterbringung im Essener Norden verließ Reil die Sozialdemokraten – und lief über zur AfD. Hier ist er ein gefragter Redner, vor allem wenn sich die Partei als Verfechterin sozialer Gerechtigkeit präsentieren will.
Reils Vision: Die „Alternative“ als gesellschaftliche Bewegung
Reil ist Betriebsrat und in der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie. Doch neuerdings interessiert er sich sehr für die Gewerkschaft „Zentrum Automobil“. Er hat Kontakt aufgenommen. Dass deren Chef Oliver Hilburger gut 20 Jahre in der Neonazi-Band „Noie Werte“ spielte, scheint Reil nicht zu stören. In den Betrieben, in denen sich alternative Listen bilden, wolle er vorbeikommen und Wahlkampf machen, sagt Reil. Und auch er hat eine Vision: dass sich nämlich oberhalb des auf die Automobilindustrie fokussierten „Zentrums“ eine Gewerkschaft bildet, die weitere Branchen miteinschließt. „Außer einer alternativen Partei muss es auch alternative Gewerkschaften und alternative Sozialverbände geben. Die Alternative muss eine gesellschaftliche Bewegung werden, die sich überall verzahnt.“