• BSW - eine Perspektive für Arbeitnehmer*innen
    https://arbeitnehmerpolitik.wordpress.com
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    Le parti Bündnis Sarah Wagenknecht comprend un fort courant syndical de gauche. Le 29 avril à Berlin les anciens membres du parti Die Linke Jutta Matuschek et Ralf Krämer présenteront leur projet pour le parti BSW. Les interessés sont priés de s’inscrire pour l’événement auprès de Gotthard Krupp ou Harri Grünberg.

    #Berlin #Tempelhof #Dudenstraße #BSW #syndicalisme #gauche

  • Ostwähler prüfen Wagenknecht-Partei BSW: „Was macht die Sahra da?“
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/ostwaehler-pruefen-wagenknecht-partei-bsw-was-macht-die-sahra-da-li


    „Sie ist gereift“, sagen langjährige Weggenossen. Sahra Wagenknecht, geboren 1969 in Jena, promovierte Volkswirtschaftlerin, ist auf ihrem Weg von der Kommunistischen Plattform in der PDS jetzt im Linkskonservativen angekommen.

    10.3.2024 von Maritta Adam-Tkalec - Soziales und Frieden, Vernunft und Gerechtigkeit, rechts oder links? Ein Stimmungsbild aus dem Ost-Berliner Alt-Links-Milieu und das Leiden an der Spaltung.

    Die Partei Rest-Linke macht weiter, was sie am besten kann: Grabenkämpfe ausfechten. Sahra Wagenknecht, Co-Vorsitzende ihrer Partei BSW, wird bei der Arbeit gesehen, häufig in ihrer alten Heimat Thüringen, wo im Herbst die heikelsten aller Landtagswahlen anstehen. In Sachsen ist ein Landesverband von Bündnis Sahra Wagenknecht gegründet, man will bei den Kommunalwahlen am 9. Juni antreten.

    Auch in den anderen Ostländern läuft der Parteiaufbau. Jeder Übertritt von prominenten Linken findet starke Beachtung. Als Katja Wolf, die beliebte Bürgermeisterin von Eisenach, von der Linken zum BSW wechselte, jauchzten sie dort; Bodo Ramelow, der linke Ministerpräsident von Thüringen, war am Boden zerstört. Für die Europawahl sind die Aussichten für BSW gar nicht so schlecht.

    Ortsbestimmung linkskonservativ

    Eine mutmaßlich große Zahl von Leuten will irgendetwas anderes als bisher wählen und schaut sich nach einer Alternative zur Alternative für Deutschland (AfD) um. BSW besetzt mit der Mischung aus Großzügig-Sozialem und Streng-Ordnungspolitischem (vor allem hinsichtlich der Migrationskontrolle) eine Lücke. Man sei „linkskonservativ“ sagte Wagenknecht; auf dem Gründungsparteitag war klassen-, partei- und ost-west-übergreifend von „Vernunft und Gerechtigkeit“ die Rede.

    Eine große Gruppe beobachtet die Entwicklung mit speziellem Interesse und wartet auf das Parteiprogramm. Bisher gibt es erst eines für die Europawahl, mit Ansagen wie: „Die EU in ihrer aktuellen Verfassung schadet der europäischen Idee.“ BSW will weniger „Regelungswut“ und „EU-Technokratie“. Das BSW-Angebot sammelt links und rechts das jeweils Populärste ein. Da fragen sich aus Erfahrung skeptische Wähler: „Was soll das werden?“

    Zudem lastet das Trauma Spaltung auf dem Linksmilieu Ost: Jeder in der DDR lernte, dass die fehlende Einheit der Arbeiterparteien den Aufstieg der Nationalsozialisten ermöglichte – ein Fehler historischer Dimension. Auch dafür galt ein „Nie wieder“. Wagenknecht und Mitstreiter haben das Unerhörte getan. Zu den Gründen gehört die Vernachlässigung des Ostens nach der Fusion 2004 von PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus) und den Westlinken der WASG (Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit). Geeint einzig in vagen Vorstellungen, was „links“ sei, sollte zusammenwachsen, was von Mentalität und Politikvorstellung nicht recht zusammengehörte.

    „Wir leiden wie die Hunde“, so hört man, wenn sich ältere DDR-Sozialisierte begegnen. Man trifft sie zum Beispiel dienstags im Seniorenclub im Liebknecht-Haus oder wenn sie in großer Zahl zu Egon Krenz strömen, der bei der Vorstellung seines jüngsten Buches die Lage analysiert. Über die Chancen von BSW reden sie überall. „Es gibt kaum ein anderes Thema“, berichtet eine der auffallend vielen Akademikerinnen der Szene zum Beispiel von den Proben des Ernst-Busch-Chors. Mehrere Dutzend eingesammelte Meinungen fügen sich zu einem Stimmungsbild.

    Manche der Befragten gehören noch der Linken an – weil man dem Projekt noch eine Chance gibt, oder weil man im fortgeschrittenen Alter die politische Heimat nicht mehr wechseln mag. Manche sind seit der Wende parteilos, haben aber meist links gewählt. Kaum einer ist zu finden, den die Spaltung nicht enttäuscht und frustriert hat.

    „Ohne Frieden ist alles nichts“

    Eine Mehrheit der Befragten meint, der Bruch mit der Linken sei unvermeidlich gewesen, als sich deren Parteispitze nicht entschließen konnte, die von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer veranstaltete Demonstration „Aufstand für den Frieden“ am 25. November 2023 zu unterstützen. Ein an Kanzler Scholz gerichtetes Manifest zur Beendigung des Krieges in der Ukraine verlangt Verhandlungen und Kompromisse auf beiden Seiten. Die Online-Petition zählt 909.708 Unterstützer (Stand: 6. März 2024).

    Das sind fast eine Million Menschen, Wähler (m/w/d), die sich um den Frieden in der Nachbarschaft und in der Welt sorgen, denen Friedenspolitik wichtiger ist als alles andere. „Ohne Frieden ist alles nichts.“ Dieser Satz fiel bei der Erforschung des Stimmungsbildes am häufigsten. Wer so denkt, fand bis zur Gründung des BSW im deutschen Parteienspektrum diese Position einzig im Angebot der AfD wieder.

    Die rechtsextreme, völkische Partei brachte vor einem Jahr einen Antrag in den Bundestag ein, die Bundesregierung möge eine Friedensinitiative mit Sicherheitsgarantien für die Ukraine und Russland ergreifen. Nun also blickt die bislang ungehörte Masse der Friedensfreunde mit Spannung und Hoffnung auf die Entwicklung von BSW.

    Hartmut König, parteilos, Schöpfer des wohl bekanntesten DDR-Songs „Sag mir, wo du stehst“, treibt die Angst um, der Trennungsschmerz der links Liegengelassenen könne zum unversöhnlichen Hass werden. Er hat ein Gedicht geschrieben an „Meine getrennten Freunde!“. Ausdrucke kursieren und statt einer Antwort auf die Frage nach ihrer Stimmung, bekommt die Reporterin von vielen ein Blatt zugesteckt, mit der Bemerkung: „Lesen Sie erst mal das. Der König hat es auf den Punkt gebracht.“ Er fleht geradezu: „Man kann ein Haus verlassen / und bleibt sich nah im Streit.“ Und: „Im Streit die Hoffnung hissen, / kann ein Beginnen sein.“ Schließlich: „Wer wollte denn erleben / in blindgeschossner Zeit, / dass die Vernunft vor Gräben / umsonst nach Brücken schreit?“

    Meine getrennten Freunde!

    Ihr dürft euch jetzt nicht hassen / in eiseskalter Zeit.
    Man kann ein Haus verlassen / und bleibt sich nah im Streit.

    Im Streit die Hoffnung hissen, / kann ein Beginnen sein.
    Die Welt ist aufgerissen. / Macht eure Gräben klein.

    Wer wollte denn erleben / in blindgeschossner Zeit,
    dass die Vernunft vor Gräben / umsonst nach Brücken schreit?

    Hartmut König, 28. Januar 2024

    Viele derjenige, die der Linkspartei noch eine Chance geben, kämpften dafür, dass Brücken erhalten bleiben. Für sie steht zum Beispiel Gesine Lötzsch, die betont: „Die Gruppe um Sahra Wagenknecht ist nicht mein Hauptfeind.“ Die Schriftstellerin Daniela Dahn, parteilos, riet auf dem BSW-Gründungsparteitag, man solle kooperationsfähig bleiben, wo sich inhaltliche Gemeinsamkeiten ergeben.

    Geschichtslügen über Russland

    Emotional werden die Gespräche im linken Milieu des Ostens, wenn es um die Sowjetunion beziehungsweise Russland geht: Wie konnte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Holocaust-Gedenktag allen Ernstes behaupten, „die Alliierten“ hätten Auschwitz befreit! Nein, das war die Rote Armee. Diese Lüge wird als exemplarisch gesehen für ein absichtsvolles Ausblenden von Geschichte – gerade auch die Vorgeschichte des Ukraine-Krieges, vom Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion bis zum Vorschieben von Nato-Positionen an die Grenzen des heutigen Russland.

    Niemand in diesen Kreisen will und kann die Befreiungstat der Sowjetunion vergessen. Man erinnert daran, dass DDR-Bürger Brieffreundschaften pflegten, die Sowjetunion bereisten. Wie elektrisiert man Perestroika und Glasnost beobachtet habe! Wie groß waren die Hoffnungen! Und wie groß die Enttäuschung, als der vom Westen heiß geliebte Säufer Jelzin die Restsowjetunion zerbröseln und in Oligarchenhände übergehen ließ. Wie riesig schließlich das Entsetzen, als Russland die Ukraine überfiel. Eine ältere Genossin sagt nun: „Nach der Wende hat man uns Ossis vorgeworfen, wir hätten keine Ahnung von der Welt, weil wir nicht reisen durften – und heute ignoriert man unser Sowjetunion-Wissen oder belächelt es sogar.“
    Und wie steht es mit dem DDR-Bezug?

    BSW nimmt nicht explizit Bezug auf mögliche DDR-Vorbilder, nicht einmal hinsichtlich der Friedensorientierung oder der Chancengleichheit, die das DDR-Bildungssystem für Kinder kleiner Leute bot. Warum? Als Mutmaßung taucht in den Gesprächen auf: Die wollen sich nicht angreifbar machen. Außerdem gebe es in der Parteiführung – außer die Jenenserin Sahra Wagenknecht – keine Ossis mit einschlägigen Lebenserfahrungen.

    Auch die Frage, ob „die Sahra“ eigentlich noch kommunistisch sei, bewegt ihre langjährigen Beobachter. Immerhin war sie in den 1990er-Jahren die eloquenteste Sprecherin der Kommunistischen Plattform innerhalb der PDS. Ungewöhnlich talentiert sei sie schon immer gewesen, nun heißt es: „Sie ist gereift, hat viel gelernt. Womöglich hat sie wirklich umgedacht. Aber die kennt ihre Klassiker, auch wenn sie Marx nicht in jedem Satz zitiert.“

    Auch der Hinweis auf die hohe Bildung und Belesenheit der mit „magna cum laude“ promovierten Wirtschaftswissenschaftlerin bleibt nicht aus: „Sehen Sie den Unterschied zu den ahnungslosen Studienabbrechern, die in anderen Parteien das Wort führen?“ Das umfangreiche Wissen, so sagen die Wagenknecht-Bewunderer, befähige sie dazu, komplizierteste gesellschaftliche Sachverhalte in einfachen klaren Sätzen auszudrücken.

    Manche glauben noch an die Rote Sahra: Sie könne es jetzt nicht herausposaunen, aber eigentlich sei sie doch ganz die Alte. Andere sehen sie als Politikerin, die in neue Richtungen denkt, statt entlang ausgetretener Pfade zu pilgern. Man schaut nach Stil, Umgang, Ton und ist zur Auffassung gekommen, das passe zur Absicht, sich den normalen, arbeitenden Leuten zuzuwenden. Die Umfragen sagen: Im Osten kommt das BSW besser an als im Westen.

    Das bisher sichtbare BSW-Personal unterscheidet sich schon rein äußerlich von den meist grauhäuptigen Befragten. Im Berliner Kosmos-Saal saßen während des Gründungsparteitags überwiegend 40- bis 60-Jährige, also weder die alten Kämpen aus SED-Zeiten noch die grellbunten Jungen. Es ist genau die Altersgruppe, die in der Linkspartei vor allem auf der kommunalen Ebene fast vollständig fehlte. Auffällig: die vielen Frauen. Sie hielten die wichtigsten Reden: Sahra Wagenknecht, Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali, Daniela Dahn. Ihre Auftritte kamen ohne feministisches Trara aus, man spürte eine selbstbewusste, selbstverständliche Beiläufigkeit der Frauenpräsenz.

    Genauso verhielt es sich mit der vielfältigen Herkunftsmischung – niemand machte deswegen ein Aufhebens. Ost, Migrant, Frau, queer, PoC? Man verzichtet auch auf identitäres Dröhnen. Da ist ein Querschnitt Deutschlands am Werk. Die Texte sind in Normalsprache gehalten, frei von Genderakrobatik (also anders als bei der Linken). Und eine weitere Stilfrage findet Lob: Der Gründungsparteitag lief gut organisiert und geordnet; die einstige Schwäche der „Aufstehen“-Bewegung, 2018 von Sahra Wagenknecht initiiert und schnell zusammengebrochen, scheint mithilfe fähiger Kräfte überwunden.

    Das Bündnis Sahra Wagenknecht bietet eine bisher im politischen Spektrum nicht existente Mischung. Das erscheint interessant, irritiert aber auch. Nicht jeder, der BSW wegen der klaren Haltung zu Krieg und Frieden, wegen der Betonung des Sozialen oder der Sachlichkeit mit Sympathie beobachtet, wird mit dem Gesamtpaket zurechtkommen, sich zum Beispiel an der restriktiveren Migrationspolitik stören – andere werden den Pazifismus angesichts der russischen Aggression gegenüber der Ukraine für illusorisch halten.

    Großzügig betrachtet, kann man in der Erscheinung BSW durchaus einen DDR-Widerschein erkennen. Die DDR war links, wenn das heißt, sozialistische Ideale zu verfolgen oder Antifaschismus als Staatsdoktrin zu betonen. Sie war konservativ hinsichtlich der Nationalkultur, die zuletzt sogar das Preußische pflegte und Heimatliches hochhielt. Im Rückblick erscheint vielen auch der Aspekt „Ordnung und Sicherheit“ als achtenswert.

    Solche Gedanken werden womöglich eine Rolle spielen bei der Bildung von Basisgruppen in der Fläche der ostdeutschen Bundesländer. Bis zum Beginn des Wahlkampfes zur Bundestagswahl im Herbst 2025 bleibt kaum mehr als ein Jahr Zeit. Für vorgezogene Bundestagswahlen wären die Neuen noch nicht gerüstet.

    #Allemagne #politique #gauche #BSW

  • Bündnis Sahra Wagenknecht : Diether Dehm schickt Protestbrief an neue Parteispitze
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/buendnis-sahra-wagenknecht-diether-dehm-schreibt-protestbrief-an-ne
    Le nouveau parti de Sahra Wagenknecht évite de se situer trop à gauche en empêchant plusieurs personnes connues de gauche à participer au premier congrès du parti.

    13.1.2024 von Maximilian Beer, Harald Neuber - https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/buendnis-sahra-wagenknecht-diether-dehm-schreibt-protestbrief-an-ne

    Es gibt Sätze, die in den vergangenen Monaten oft sagte, in Interviews, auf Pressekonferenzen oder in Talkshows. Die meisten betreffen ihre neue Partei, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Einer dieser Sätze lautet: Das BSW dürfe nicht „von Spinnern“ gekapert werden.

    Das sagte Wagenknecht auch in einem Interview mit der Berliner Zeitung. Und: „Gerade junge Parteien ziehen leider oft auch Glücksritter, Narzissten oder Extremisten an.“

    Die Vermutung liegt nahe, dass Wagenknecht und ihre Mitstreiter damit vor allem radikale Rechte meinen, zum Beispiel Überläufer aus der AfD. Oder eben gänzlich unpolitische Menschen, die Aufmerksamkeit suchen. Doch das greift zu kurz. Auch einstige Weggefährten fühlen sich ausgegrenzt, darunter langjährige Mitglieder der Linken. Mittlerweile ist mindestens ein Protestbrief in Wagenknechts Bundestagsbüro eingegangen.

    Wagenknecht-Anhänger: „Kränkung ist auch keine ganz unpolitische Kategorie“

    Der Berliner Zeitung und dem Online-Magazin Telepolis liegt das Schreiben vor, eine E-Mail mit dem Betreff: „Sind wir etwa Glücksritter?“. Sie ist adressiert an „liebe Sahra“ und „liebe Amira“, also Sahra Wagenknecht und Amira Mohamed Ali, die beiden Frauen an der Spitze des BSW.

    Datiert ist die Mail auf den 3. Januar. Fünf Tage später, am vergangenen Montag, wurden Wagenknecht und Ali zu den Vorsitzenden der gerade gegründeten Partei gewählt.

    Bemerkenswert ist vor allem der Absender der Mail. Dabei handelt es sich um Diether Dehm, also um den 73-jährigen Liedermacher, Musikproduzenten und ehemaligen Bundestagsabgeordneten, den eine lange gemeinsame Vergangenheit mit Wagenknecht verbindet, politisch wie persönlich. Doch mit dem Neuanfang hat Wagenknecht die engen Bande offenbar gekappt.

    Dehm hat die Mail gemeinsam mit der früheren Linke-Abgeordneten Pia Zimmermann verfasst, nach eigenen Angaben im Namen von „27 Genossinnen und Genossen“. Sie schrieben aus „Angst, unter die Räder Eures Top-Down-Prozesses zu kommen, den Ihr eigentlich gegen ‚Glücksritter und Extremisten‘ ausgerufen hattet“. Ihre Kritik: Dieser Prozess werde nun „willkürlich gegen seit Jahrzehnten zuverlässige Mitstreiterinnen“ gewendet. „Gerade dann, wenn diesen von Medien ‚zuviel (sic!) Angriffsfläche‘ vorgeworfen“ werde.

    Ob im Bündnis Sahra Wagenknecht nun „Querfront, Kontaktschuld und Verschwörungstheorie“ zu „Ausgrenzungsmodi“ geworden seien, fragen die Autoren. Das kommt nicht von ungefähr, denn zumindest Dehm eckt immer wieder an. Er hat sich bereits selbst als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet, brachte einige Medien mit Geheimdiensten in Verbindung. Manche seiner Positionen sind auch in linken Kreisen umstritten. Doch er ist gut vernetzt.

    „Nun sagt Ihr: Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Und wir wären ja bloß gekränkt“, heißt es in der Mail. „Das mag sein“, so Dehm und Zimmermann. „Aber Kränkung (das sehen wir beim deutschen Umgang mit Russland in den letzten 20 Jahren) ist auch keine ganz unpolitische Kategorie.“ Ihr Fazit: Alte Mitstreiter „begehren Einlass in die neue Partei, die auch ohne uns nie zustande gekommen wäre. Bei aller Anerkennung der großen Leistungen von Sahra und Amira.“

    Großes Interesse für die Parteigründer: Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter im Haus der Bundespressekonferenz.

    Großes Interesse für die Parteigründer: Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter im Haus der Bundespressekonferenz.Jens Schicke/imago
    Hält Wagenknecht frühere Gefährten auf Abstand – oder riskiert sie „Angriffsfläche“?

    Für wen die beiden Autoren diese Kritik noch formuliert haben, geht aus der Mail nicht hervor. Doch Unmut war in den zurückliegenden Monaten durchaus zu vernehmen. Aktivisten aus dem Umfeld von Wagenknecht schimpften im vergangenen Jahr über den aus ihrer Sicht schleppenden Parteigründungsprozess. Akteure aus der ehemaligen Linke-Fraktion, darunter mindestens zwei frühere Abgeordnete, beklagten, nicht in den inneren Kreis der Neugründer aufgenommen worden zu sein.

    Basisaktivisten aus dem Umfeld des Wagenknecht-Bündnisses hatten daher im vergangenen Jahr vor überzogenen Erwartungen gewarnt. „Neuformierungen, Umgruppierungen, Spaltungen sind (...) nie etwas Abruptes, das von heute auf morgen passiert“, hieß es in einem Diskussionspapier der Bündnisses „Was tun?“, das sich im Mai in Hannover konstituiert hatte und vor allem friedenspolitische Ziele verfolgt. Neue Formationen, so hieß es aus dieser Richtung, müssten erst ihre Stabilität unter Beweis stellen.

    Das BSW startet also mit Wachstumsschmerzen. Was auch erwartbar war, immerhin hatte Wagenknecht selbst vor dem Schicksal anderer Parteien gewarnt, die gekapert und umgekrempelt worden seien. So habe etwa die AfD heute nichts mehr mit der Idee ihrer Gründerväter Lucke und Henkel zu tun, sagte Wagenknecht der Berliner Zeitung. Die Linke wiederum habe sich von der einstigen Partei der sozialen Gerechtigkeit entfernt. Grundsätzlich will das BSW deshalb langsam und kontrolliert wachsen.

    Die Frage ist aber, was auf lange Sicht verträglicher wäre: Hält man ehemalige Gefährten wie Diether Dehm fern vom BSW oder bindet man sie ein? Riskiert man andauernde Kritik aus den eigenen Kreisen oder nimmt man eine potenzielle „Angriffsfläche“ in Kauf – gegenüber den Medien, der parteipolitischen Konkurrenz?

    Sahra Wagenknecht: Erster Parteitag findet im DDR-Kino Kosmos in Berlin statt

    Ex-Abgeordnete Zimmermann: mit zweiter Welle nicht zufrieden

    Viele stehen durch die Parteigründung im Licht der Öffentlichkeit. Wagenknecht und ihre Mitstreiter genießen das große Interesse, sie vermitteln Aufbruch, Geschlossenheit. Doch der Gründungsprozess wurde auch von Ärger begleitet, denn andere begehren auf: Sie wollen beim neuen Projekt dabei sein, einige am liebsten schon am 27. Januar.

    Dann wird das Bündnis Sahra Wagenknecht seinen Gründungsparteitag in Berlin veranstalten. Im früheren DDR-Kino Kosmos sollen rund 450 Erstmitglieder zusammenkommen. Sie verabschieden das Programm für die Europawahl, stellen die Wahlliste auf. Es ist das erste große Partei-Event des BSW. Ein historischer Tag, zumindest in den Augen von Wagenknechts Anhängern.

    Pia Zimmermann war Bundestagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Linken in Niedersachsen. Sie habe „viel für die Linke gegeben und hätte gerne zu den Erstmitgliedern des BSW gehört“, sagt Zimmermann auf Anfrage. „Ich persönlich wäre überhaupt nicht zufrieden damit, erst in der zweiten oder dritten Welle aufgenommen zu werden.“

    Sie habe über Jahre für linke Politik gekämpft, immer an der Seite von Wagenknecht. „Sahra selbst hätte wohl kaum ein Problem damit, wenn Diether Dehm und ich der neuen Partei beitreten würden“, sagt Zimmermann. Hinter der Entscheidung vermutet sie vielmehr die Co-Vorsitzende an der Seite Wagenknechts. „Offenbar führt Amira Mohamed Ali eine Liste, auf der Personen stehen, die keine Mitglieder werden sollen.“

    Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat bis Redaktionsschluss nicht auf eine Anfrage zu dieser angeblichen Liste geantwortet. Anders als das Bundestagsbüro von Amira Mohamed Ali. Auf die Frage, ob es eine solche Liste gebe, reagierte Ali kurz und knapp mit: „Nein.“ Diether Dehm wollte sich nicht öffentlich äußern.

    Nach Informationen der Berliner Zeitung und von Telepolis hatte das BSW am 30. Dezember einem kleinen Kreis von künftigen Parteimitgliedern beziehungsweise Parteitagsdelegierten eine Mail gesendet – also wenige Tage, bevor das Schreiben von Dehm und Zimmermann an das Bündnis ging. In der Rundmail heißt es: „Du bist bitte am 8. Januar um 13 Uhr an deinem Laptop.“ Also am Gründungstag des BSW. Dann würde, wie mittlerweile geschehen, der Mitgliedsantrag per eigens eingerichteter Adresse versendet.

    #Allemagne #politique #gauche #BSW