• Rechtsweg ausgeschlossen - Mit der Auflösung des Palästina-Kongresses erreicht die Repression eine neue Stufe
    https://www.unsere-zeit.de/rechtsweg-ausgeschlossen-2-4791071


    Am Samstag demonstrierten 9.000 Menschen gegen das Verbot. Eine juristische Gegenwehr wurde verhindert. (Foto : Fabian Sommer)

    L’action policière contre le congrès pour la Palestine à Berlin marque une nouvelle étape de la transformation de l’ancien état bourgeois démocratique dans un système en état de guerre contre ses citoyens. L"article décrit comment les mécanismes juridiques contre la censure ont été désarmorcés avec le but de stopper une rencontre qu’on ne pouvait pas interdire préalablement.

    Es gab Zeiten, in denen die Herrschenden in diesem Land zumindest bei öffentlichen Auftritten viel Wert auf einen „demokratischen Rechtsstaat“ legten. Zugegeben, das war manchmal kompliziert. Wer eine Demonstration auseinanderprügeln oder politisch Aktive verfolgen wollte, musste sich irgendetwas ausdenken: Organisationsverbote, vermeintliche Straftaten oder angeblich bevorstehende Gewaltausbrüche. Doch das Streben nach „Kriegstüchtigkeit“ lässt immer weniger Raum für solchen Kleinkram. Das zeigte auch das Verbot des Palästina-Kongresses am vergangenen Wochenende in Berlin.

    Den Veranstaltern des Kongresses unter dem Motto „Wir klagen an!“ war kein Gesetzesbruch vorzuwerfen. Nach dem Verbot teilte die Berliner Polizei einer aufgescheuchten Medienmeute unumwunden mit, dass keine Straftaten begangen worden seien. Knapp 1.000 Menschen blieben friedlich, als sie von mehr als 900 Polizisten daran gehindert wurden, die Veranstaltungsräume zu betreten. Nur 250 durften schließlich rein. Doch sie ließen sich nicht provozieren, noch nicht einmal durch den Einbruch der Polizei in den Technikraum und die Kappung der Stromversorgung. Vermutlich hätten die Hüter der „Staatsräson“ gerne andere Bilder gehabt. Nicht umsonst hatten die Beamten mehrere Pressevertreter, die für die Veranstaltung nicht akkreditiert waren, durch die Hintertür in den Saal geleitet. Doch alles, was es dort zu sehen gab, waren harsch auftretende Polizeitrupps, die friedliche Aktivisten an der Ausübung ihrer demokratischen Rechte hinderten oder gleich abführten.

    Auch nachdem der Saal geräumt war, sah niemand sich bemüßigt, eine haltbare Begründung anzugeben. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lobte den Polizeieinsatz. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegener (CDU) zeigte sich zufrieden. Alles, was sie dem Kongress vorwarfen, war dessen klare Haltung zum israelischen Völkermord in Gaza. Darüber und über die deutsche Mitschuld sollte in Berlin nicht gesprochen werden. Man dulde „keine islamistische Propaganda und keinen Hass gegen Jüdinnen und Juden“, erklärte Faeser auf X. Dass keine Islamisten oder Antisemiten, sondern die Vertreter des Vereins „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ den Kongress angemeldet hatten, war ihr bei dieser Verdrehung der Tatsachen keine Erwähnung wert.

    Abweichende Meinungen „nicht zu dulden“ reicht inzwischen aus, um die Versammlungsfreiheit zu ersticken. Das stellte auch die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) unmissverständlich klar. Sie drückte im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses am Montag ihre „volle Unterstützung“ aus. Schließlich stand für sie fest, dass „ein kritischer Diskurs zur israelischen Politik nicht das wesentliche Ziel der Teilnehmer war, sondern eine weitere Vernetzung antisemitischer und israelfeindlicher Positionen“. Eine rechtliche Handhabe, den Kongress zu verbieten, habe es im Vorfeld jedoch nicht gegeben.

    Um der deutschen „Staatsräson“ Geltung zu verschaffen, griffen die Repressionsbehörden deshalb in die Trickkiste. Aus der Saalveranstaltung wurde eine öffentliche Versammlung gemacht, die von der Polizei verursachte Warteschlange vor der Tür zur Demonstration umgedeutet und aufgelöst. Gegen drei Referenten waren politische Betätigungsverbote erlassen worden. Mehrere von ihnen wurden an der Einreise nach Deutschland gehindert, so auch der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis. Als dann das Video eines Referenten, über dessen Betätigungsverbot die Veranstalter nicht informiert worden waren, abgespielt werden sollte, wurde der Kongress beendet. Damit war im Handstreich vollzogen, was auf dem Rechtsweg nicht zu erreichen gewesen wäre. Gegen ein vorheriges Verbot „hätten sich die Veranstalter erfolgreich im Wege des Eilrechtsschutzes wehren können“, teilte das „Anwält*innenKollektiv Berlin“ mit, das die Veranstalter berät. „Das Verbot vor Ort hat den Rechtsschutz maximal verkürzt.“

    Der Rechtsbruch war von langer Hand geplant. Über Wochen war gegen den Kongress gehetzt worden. Aktivisten wurden mit Hausdurchsuchungen überzogen, das Konto der „Jüdischen Stimme“ gesperrt. Mit dem Verbot kurz nach dem Beginn wurde dann eine weitere Strategie zur Unterdrückung von politisch unliebsamen, aber (noch) nicht verbotenen Meinungen erprobt. Und das nächste Ziel steht bereits fest. Die Berliner Polizei hat bereits angekündigt, dass der Nahostkonflikt auch bei linken Kundgebungen und „Gewaltausbrüchen“ am 1. Mai eine große Rolle spielen werde.

    Vincent Cziesla

    Vincent Cziesla, Jahrgang 1988, ist seit dem Jahr 2023 Redakteur für das Ressort „Politik“. Der UZ ist er schon seit Jahren als Autor und Verfasser der „Kommunalpolitischen Kolumne“ verbunden. Während eines Praktikums lernte er die Arbeit in der Redaktion kennen und schätzen.

    Cziesla ist Mitglied des Neusser Stadtrates und war von 2014 bis 2022 als hauptamtlicher Fraktionsgeschäftsführer der Linksfraktion in Neuss beschäftigt. Nebenberuflich arbeitet er in der Pflege und Betreuung von Menschen mit Behinderung.

    #Allemagne #Palestine #Israël #démocratie #philosemitisme #censure #violence_policière #guerre

  • Erinnerung als umkämpftes Terrain
    https://www.unsere-zeit.de/erinnerung-als-umkaempftes-terrain-4786896

    Le cinquantième anniversaire de la révolution des Œillets est proche. Il faudra défendre la perspective socialiste sur l’histoire et dénoncer l’intervention des social-démocrates allemands et des autres forces contre-révolutionnaires qui ont étouffé le progrès vers une véritable dèmocratie au Portugal.

    https://www.youtube.com/watch?v=gaLWqy4e7ls&pp=ygUdZ3JhbmRvbGEgdmlsYSBtb3JlbmEgMjUgYWJyaWw%3D

    22.12.2023 von Martin Leo - Im April 2024 jährt sich die Nelkenrevolution zum 50. Mal

    Es bedarf nicht erst des im nächsten Jahr bevorstehenden 50. Jahrestags der portugiesischen Revolution vom 25. April 1974, um zu erkennen, dass es einen Kampf um die Deutungshoheit dieses nicht nur für Portugal wichtigen Ereignisses gibt. Naturgemäß reicht die Auseinandersetzung um die Ziele der damaligen antifaschistisch-demokratischen Revolution, die den portugiesischen Faschismus nach 48 Jahren beendete, bis in die Gegenwart. Naturgemäß gibt es politische und soziale Kräfte in der portugiesischen Gesellschaft, denen sich die bürgerliche Demokratie auf der Grundlage modernisierter kapitalistischer Verhältnisse als längst verwirklichtes Hauptziel der Aprilrevolution darstellt. Sie feiern im kommenden April insgeheim wahrscheinlich weniger diesen 25. April 1974 als den 25. November des darauf folgenden Jahres, dessen Ergebnisse die weitere revolutionäre Dynamik stoppten und die kapitalistische Rückeroberung der den großen Konzernen, Banken und Grundbesitzern verloren gegangenen Produktionsmittel einleiteten. Ihre eigentliche Aufmerksamkeit dürfte den Neuwahlen zum portugiesischen Parlament am kommenden 10. März gelten, bei denen es ihnen – wie nun seit 50 Jahren – hauptsächlich darum geht, jene Kräfte am Wiederaufstieg zu hindern, die fortlaufend die tiefgreifenden sozialen und demokratischen Ideale ihrer Revolution von 1974 in Erinnerung rufen. Für sie ist die Vergangenheit noch gar nicht vergangen und benötigt die Zukunft eine neue Chance.

    Nelken im April

    Unvergessen auf beiden Seiten ist daher auch nach fünf Jahrzehnten, dass der Klassenkampf bis zum Höhepunkt im politisch „heißen“ Sommer 1975 dazu geführt hatte, selbst die bis dahin herrschenden Eigentumsverhältnisse radikal zu demokratisieren und damit bürgerlich-demokratische Grenzen mutig zu überschreiten. „Diese Revolution war unsere“ – das sagen heute die fortschrittlichsten unter den lohnabhängigen Menschen Portugals, die aktuell vor allem um die Erhöhung des Mindestlohns und um eine allgemeine Lohnerhöhung von 15 Prozent, um Rentenerhöhungen um 7,5 Prozent und um eine Festsetzung der Preise für Treibstoff und Lebensmittel kämpfen. Weitere zentrale Forderungen beziehen sich insbesondere auf das erst nach der Revolution entstandene staatliche Gesundheitswesen und auf die prekäre Situation auf dem Wohnungsmarkt.

    Für diese Menschen waren weder die bisherigen 49 Jahrestage leere Feiertage und noch weniger wird es der 50. Jahrestag der Revolution sein. Er hat eine ganz praktische und verpflichtende Bedeutung. Das weiß auch die portugiesische Reaktion, die ihre drohende Niederlage von 1975 – die Eingriffe in die Eigentumsverhältnisse – nicht vergessen hat. Auch ihr ist klar, dass die damalige Revolution „in gewisser Hinsicht“ unvollendet geblieben ist.

    Flamme oder Asche

    Daher gibt es grundsätzlich zwei Erinnerungskulturen. Die eine möchte gerne die entscheidende Rolle der Bevölkerung, insbesondere im Kampf um soziale Gerechtigkeit und Entkolonialisierung – vergessen machen. Politische und soziale Rechte waren dem Volk in Portugal nicht von einem abtretenden Regime „gewährt“ worden, vielmehr musste es seine Rechte auf der Straße, in den Wohnvierteln und in den Betrieben erkämpfen. Das genau ist der wirkliche genetische Fingerabdruck der portugiesischen Revolution. Wer das in den Hintergrund drängt, will die arbeitenden Menschen ihres kollektiven historischen Gedächtnisses und ihrer Klassenidentität berauben.

    Die progressive Erinnerungskultur steht in der Kontinuität der aktiven Revolutionäre der 1970er Jahre und ist deren Erbe. Mit Jean Jaurès kann man sagen, dass ihre Anhänger aus diesem Erbe „die Flamme vieler Generationen“ holen, während die restaurativen Kräfte höchstens „die Asche bewahren“.

    Wie der widersprüchliche revolutionäre Prozess nach dem April bewies, war er Ausdruck bestimmter – sich ständig verändernder – politischer und sozialer Kräftekonstellationen. Nicht anders verhält es sich mit der Art und Weise, in der die Portugiesen bis heute auf ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft blicken. Auch die „Erinnerung“ ist umkämpftes Terrain im Klassenkampf. Für Portugiesen gilt darüber hinaus wie für andere Völker, die faschistische Herrschaft erlebten, dass die Erinnerung daran zwar nicht leicht, aber das Vergessen sogar unmöglich ist.

    Unterschiedliche Generationen

    Menschen, die aufgrund ihres Alters die politischen Geschehnisse Mitte der 1970er Jahre bewusst wahrgenommen haben, müssen sich vergegenwärtigen, dass bereits 50 Jahre zurückliegende Ereignisse für viele andere zu einer Vergangenheit gehören, zu der sie keinen Bezug haben. Gemessen an der 2021 ermittelten portugiesischen Altersstruktur bedeutet das, dass heute nur noch ein gutes Drittel der Bevölkerung überhaupt als „Zeitzeugen“ der Revolution gelten kann.

    Entsprechend muss Geschichtswissen für verschiedene Generationen aufbereitet werden. Es gab bereits unzählige Veranstaltungen, die sich dem 50. Jahrestag der Revolution unter sehr unterschiedlichen Blickwinkeln näherten und sich den didaktischen Herausforderungen zu stellen versuchten. Das prägte schon das diesjährige Pressefest der Zeitung „Avante!“ der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP).

    Im Juni 2021 rief ein Ministerratsbeschluss die „Kommission zur Erinnerung an den 50. Jahrestag des 25. April“ unter Schirmherrschaft des Staatspräsidenten ins Leben. Veranstaltungen der PCP oder der zur Intersindical gehörenden Gewerkschaften sowie anderer demokratischer Organisationen sind dem von der Kommission entwickelten inhaltlichen Rahmen nicht unterworfen. Sie vermitteln ein an revolutionären Werten und Zielen festhaltendes Geschichtsbild, das dazu inspiriert, für diese Werte zu kämpfen. Das gewährleistet Unabhängigkeit von den ideologischen Botschaften, die die bisher mit absoluter Mehrheit regierende Sozialistische Partei den Portugiesen auf den weiteren Weg geben möchte. Ein Beispiel, wie die erhöhte politische Aufmerksamkeit um den Jahrestag herum für die politische Aufklärung genutzt wird, ist der von der PCP gestartete Internet-Podcast „Tausend Gespräche um den April“. Bereits drei Gesprächsrunden sind veröffentlicht, in denen führende Vertreter der PCP Gästen politisches und persönliches über den „25. April“ entlockten. So trat dort der aus Angola stammende Fußballtrainer Blessing Lumueno zusammen mit der Schauspielerin Sofia Aparício auf. Der 39-jährige Musiker und Produzent Luis Clara Gomes bestätigte die Bedeutung der Revolution für die Kultur, während die acht Jahre jüngere Filmemacherin Leonor Teles den Wert persönlicher und kollektiver Erinnerung an Geschichte unterstrich. Der Komiker Diogo Faro, dessen Humor der bürgerliche „Expresso“ gerade „zunehmend politisch und aktivistisch“ nannte, verlangt mehr Wohnraum, ein besseres öffentliches Gesundheitswesen und weniger Diskriminierung.

    Offizielles Gedenken

    Zur regierungsamtlichen „Erinnerungskommission“ gehören der Premierminister, der Parlamentspräsident, die Präsidenten der obersten Gerichte, der Präsident des Rechnungshofs und als prominenter Vertreter der früheren „Bewegung der Streitkräfte“ (MFA) der Präsident der „Vereinigung des 25. April“, Vasco Lourenço. Für die Planung und Durchführung des Programms wurde im Verantwortungsbereich des Kulturministeriums eine Projektkommission unter Leitung der Historikerin Inácia Rezola (Jahrgang 1967) gebildet.

    Im Rahmen der Vorgaben begannen die offiziellen Feiern und Veranstaltungen bereits am 24. März 2022, denn an diesem Tag existierte die portugiesische Demokratie bereits mehr Tage als die nach 48 Jahren gestürzte faschistische Diktatur. Offiziell beendet werden alle Veranstaltungen im Jahr 2026: Nach offizieller Lesart habe sich nämlich die portugiesische Demokratie erst 1976 „konsolidiert“ – und zwar durch die Annahme der Verfassung, durch die Bildung der ersten verfassungsmäßigen Regierung, durch die Wahl des Staatspräsidenten und durch die Kommunalwahlen sowie die Regionalwahlen auf Madeira und den Azoren. An die Stelle der „revolutionären Legitimität von MFA und Volksmassen“ trat die „Legitimität der Urnen“, schrieb dazu 2004 treffend der linke Historiker Fernando Rosas.

    Jedes Jahr wurde von der Projektkommission unter ein Generalthema gestellt. Erklärtes Ziel der Veranstaltungen ist es, sich an alle Altersgruppen zu wenden, alle „sozialen Schichten“ zu erreichen, die Emigranten einzubeziehen, Künstler und Wissenschaftler zur aktiven Teilnahme aufzurufen und die Jugend für eine bewusste Teilnahme am demokratischen Leben zu gewinnen. Erinnerungen und Zeitzeugnisse sollen gesammelt und gesichert werden. Verbunden ist dies mit Aufrufen zu geförderten Forschungsprojekten im Zusammenhang mit der Aprilrevolution, mit der Sammlung von Amateurfilmen vom 25. April 1974 und mit geförderten Dokumentarfilmprojekten.

    2022 bildeten das Leitthema vor allem die demokratischen und sozialen Bewegungen, die seit Ende der 1960er und Beginn der 1970er Jahre „die Revolution ermöglichten“, wozu die demokratische Studentenbewegung vom Ende der 1960er Jahre gehörte, aber auch die antifaschistische demokratische Frauenbewegung sowie widerständige Strömungen in der katholischen Kirche und in der künstlerischen Intelligenz.

    2023 waren Leitthema die Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung und deren Beitrag zum Sturz der Diktatur. So gibt es zum Beispiel in Porto eine Ausstellung „Vereint werden wir siegen!“ über die Proteste und Streiks der Gewerkschaften zwischen 1968 und 1974. Gleichzeitig wurde mit einer anderen Ausstellung in Lissabon der 100. Geburtstag des 2013 verstorbenen antifaschistischen und mit der PCP verbundenen Schriftstellers Urbano Tavares Rodrigues gewürdigt.

    2024 sollen die MFA und die Entkolonialisierung in den Mittelpunkt gestellt werden. Im darauf folgenden Jahr 2025 gilt die Aufmerksamkeit der Errungenschaft freier Wahlen. Im selben Jahr will man eine Debatte führen über die Vertiefung der portugiesischen Demokratie, über ihre Qualität und ihre Zukunft. Wie die regierungsoffizielle Homepage zum Jahrestag informiert, erwarte man eine breite Debatte über die „turbulenteste und polemischste Phase“ der Revolution 1974/75 und eine Einbeziehung der Universitäten und der „allgemeinen Gesellschaft“.

    Das Leitthema für 2026 soll schließlich „Entwicklung“ lauten.

    Für alle offiziellen Veranstaltungen komponierte Bruno Pernadas die Hymne „O governo do Povo“ („Die Regierung des Volkes“) in Anlehnung an die Werke von drei antifaschistischen Komponisten Portugals: „Die Gedenkkommission für den 50. Jahrestag des 25. April wollte den Feierlichkeiten eine musikalische Handschrift geben, die Erinnerung und Zukunft miteinander verbindet.“

    Alle Veranstaltungen zum großen runden Jahrestag der Revolution bieten den demokratischen Kräften in Portugal die Möglichkeit, sich dazu mit ihrer eigenen Stimme zu Wort zu melden und die „Werte des April“ mit den Kämpfen der Gegenwart zu verknüpfen. Sie werden diese Chance weiterhin nutzen.

    #Portugal #révolution #1974

  • Bündnis von Arbeiterklasse und Globalem Süden
    https://www.unsere-zeit.de/buendnis-von-arbeiterklasse-und-globalem-sueden-4786602

    Le populisme de gauche produit des alliances bizarres. L’ancien membre du parti Die Linke Sevim Dagdelen est connue pour ses positions anti-impérialistes typiques pour la gauche marxiste traditionnelle.

    Je ne vois pas ses points communs avec Sahra Wagenknecht qui se prononce pour une société capitaliste libérale comme l’Allemagne des années 1950/1960. Pourtant Sevim Dagdelen fait partie du groupe fondateur du parti Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). J’attends la publication de ses programmes pour les élections à venir pour me faire une idée de ses positions politiques. Nous ne connaitrons sa politique effective qu’une fois ses membres siègeront dans les assemblées d’Europe, du Bund et des Länder .

    En ce moment BSW est le seul groupe politique allemand qui se prononce sytématiquement pour la paix en Ukraine et partout dans le monde. C’est son point fort.

    Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen hat in ihrem Beitrag auf dem Abschlusspodium des Friedensratschlags die Rolle Deutschlands im Stellvertreterkrieg in der Ukraine und den sozialen Krieg der Bundesregierung nach Innen in den Vordergrund gestellt:

    1.

    Wir müssen nüchtern feststellen, dass die USA und ihre Verbündeten zurzeit zwei große Stellvertreterkriege führen, zum einen in der Ukraine, zum anderen im Nahen Osten. Dazu wird in Ostasien gezündelt mit einem beispiellosen Aufmarsch von US-Truppen und der massiven Bewaffnung von Vasallenstaaten wie Japan und den Philippinen, flankiert jeweils von Wirtschaftskriegen und Sanktionspaketen.

    Die westlichen Verbündeten in diesen Stellvertreterkriegen sind Regierungen, die sich öffentlich zu politischen Morden an Oppositionellen im Ausland bekennen, wie jetzt im Fall von Ilja Kywa, oder wie Israel, das durch die flächendeckenden Bombardierungen im Gazastreifen und eine Gewaltpolitik im besetzten Westjordanland gegen Palästinenserinnen und Palästinenser für mehr als 16.000 Tote und 42.000 Verletzte in Gaza verantwortlich zeichnet und laut UN-Hilfsorganisation OCHA für 241 Tote und 3.187 Verletzte bis zum 1. Dezember im Westjordanland.

    Festzuhalten ist, dass der Pakt mit Reaktionären seitens der USA nicht neu ist. Das Bündnis der US-Administration mit rechtsgerichteten Regierungen und mit Regierungen, die Menschen- und Völkerrecht mit Füßen treten, zum eigenen globalen Machterhalt steht in direkter Traditionslinie mit der Förderung des faschistischen Putsches in Chile in den 1970er Jahren.

    Jede moralisch übertünchte Außenpolitik des Westens blamiert sich an der eigenen Praxis einer schrankenlosen Politik der Gewalt und deren Unterstützung. Die Wahrheit ist: Die Gewaltpolitik der USA und ihrer Verbündeten ist auch eine Bedrohung für Freiheit und Sicherheit weltweit.

    Bei meinen politischen Reisen im Globalen Süden in diesem Jahr war es mit Händen zu greifen: Die Menschen im Globalen Süden haben, salopp gesprochen, die Nase voll von der Doppelmoral des Westens. Sie können sehr genau einschätzen, was es heißt, wenn die USA und ihre Verbündeten sowohl in der Ukraine als auch in Gaza einen Waffenstillstand hintertreiben.

    Aufgrund der dichten Medienpropaganda für Aufrüstung und Krieg ist dieses Bewusstsein bei den Menschen im Westen noch ausbaufähig. Es ist die Aufgabe einer entschiedenen Friedensbewegung, kritisches Bewusstsein zu fördern und eine demokratische Gegenwehr mit zu organisieren. Es braucht ein Bündnis von Arbeiterklasse und Globalem Süden gegen eine Politik der Gewalt, der Unterdrückung und des Neokolonialismus.

    2.

    Bemerkenswert ist, welchen Platz die Bundesregierung für Deutschland in dieser Weltordnung vorsieht, die geprägt ist vom Um-sich-Schlagen des absteigenden Hegemons. Lassen wir die Akteure dazu selbst sprechen. Verteidigungsminister Pistorius setzt sich für eine massive Aufrüstung Deutschlands ein. 2024 sollen es nach NATO-Kriterien 90 Milliarden Euro werden, damit die Bundesrepublik „Rückgrat der Abschreckung in Europa“ gegen Russland wird. Deutschland soll Russland in Europa herausfordern. Angestrebt wird ein Kordon westlich orientierter Staaten an den Grenzen Russland, zu dem auch die Ukraine gehört, der sich ohne Wenn und Aber dem westlichen Sicherheitskalkül und der Konfrontationspolitik gegenüber Russland unterordnet. In dem Maße, wie die USA im Vorfeld der Wahlen ihre Unterstützung für die Ukraine herunterfahren, in dem Maße erhöht Deutschland seine Unterstützung, ungeachtet der Haushaltsnotlage.

    90 Milliarden für Rüstung und Militär. Dazu 50 Milliarden Euro für die Ukraine, rechnet man den deutschen Anteil an den EU-Mitteln für Kiew mit. Und obendrauf die immensen Folgekosten des Wirtschaftskrieges gegen Russland für die Bevölkerung und Wirtschaft in Deutschland.

    Die Frage ist, wie lange Deutschland dies durchhalten kann, ohne massive Einschnitte bei Bildung, Sozialem und Infrastruktur aufzulegen. Die Antwort wird die Ampel schon bald geben. Bereits jetzt erhöht sie zum Nachteil der kleinen Leute die Abgaben- und Steuerlast im nächsten Jahr um 23 Milliarden Euro. Ein angestrebter EU-Beitritt der Ukraine wird mit 186 Milliarden Euro taxiert, zusätzlich zu den milliardenschweren Vorbeitrittshilfen.

    Fakt ist, der Stellvertreterkrieg der USA und der NATO-Staaten in der Ukraine bekommt immer mehr ein deutsches Gepräge. Während sich die tonangebenden absoluten Hasardeure wie Norbert Röttgen, den wir hier als Teil für das Ganze der Militaristen nehmen, eine Führungsrolle der EU einfordern – sprich: Deutschlands, das deren Organe zu einem Viertel finanziert –, setzt jemand wie Pistorius auf eine mittelfristige Strategie. Innerhalb einer Generation will Pistorius Deutschland „kriegstüchtig“ machen.

    Pistorius benutzt dabei bewusst einen Begriff der historischen Mobilmachung gegen Russland, ob aus dem Kaiserreich oder dem Vierjahresplan NS-Deutschlands von 1936. Dabei wird gezielt auf einen massiven Ausbau der deutschen Rüstungsindustrie gesetzt.

    Pistorius betont die ungeheuren Rüstungsfortschritte Deutschlands. Im Interview mit der „Zeit“ am 7. Dezember 2023 sagte der Verteidigungsminister: „Allein in diesem Jahr haben wir bisher 40 Rüstungsprojekte dem Bundestag zur Genehmigung vorgelegt, die 25 Millionen Euro oder mehr kosten – wenn es gut läuft, kommen bis Jahresende noch 15 dazu. Im nächsten Jahr können wir vielleicht sogar dreistellig werden.“ Wenn es eine Aufgabe von Parteien, Zivilgesellschaft und Friedensbewegung gibt, dann die, diesen Kriegstreibern in den Arm zu fallen.

    3.

    Die Kriegsvorbereitung ist verbunden mit einem sozialen Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Mit dem toxischen Mix aus Aufrüstung, Wirtschaftskrieg und Ukraine-Hilfe trifft die Bundesregierung direkt die Menschen in Deutschland und läutet zugleich einen beispiellosen industriellen Niedergang dieses Landes ein. Keine Fraktion aus dem Deutschen Bundestag stellt sich bisher gegen diese soziale Giftbrühe. Während die Gewinne der DAX-Unternehmen explodieren, verzeichnen die Beschäftigten Reallohnverluste, 2022 die höchsten seit Gründung der Bundesrepublik. 2024 werden noch mehr Menschen nicht mehr angemessen heizen können oder sich ausreichend Lebensmittel kaufen können.

    Unsere Aufgabe sehe ich darin, hier eine machtvolle Bewegung aufzubauen, die sich gegen eine Fortführung der Kriegsvorbereitung, der Ukraine-Hilfe und des Wirtschaftskrieges richtet. Wir brauchen preiswerte Energie aus Russland. Daran führt kein Weg vorbei, will man Deutschland als Industrieland erhalten. Wir brauchen eine angemessene Besteuerung der Supereichen. Die Verbrauchssteuern für Energie und Lebensmittel müssen runter.

    Wer aber weiter dem Wirtschaftskrieg das Wort redet, auch verkleidet als Strafmaßnahmen gegen Oligarchen, die dann zufällig die Bevölkerung dort treffen und hier selbstzerstörerisch wirken, der sollte jedenfalls das Wort ‚soziale Gerechtigkeit‘ nicht mehr in den Mund nehmen.

    #impérialisme #guerre #gauche

  • Kriminelle Besatzungspolitik ist Ursache – eine politische Lösung ist notwendig
    https://www.unsere-zeit.de/kriminelle-besatzungspolitik-ist-ursache-eine-politische-loesung-ist-not

    Le parti communiste allemand DKP déclare sa solidarité avec le peuple palestinien et dénonce la responsabilité du gouvernement d’extrême droite israëlien pour l"escalade de violence.

    9.10.2023 - Erklärung der DKP zur Eskalation der Gewalt zwischen Israel und Palästina

    Seit dem 7. Oktober greifen palästinensische bewaffnete Kräfte aus dem Gazastreifen Israel an. Für die israelische Armee offenbar völlig unerwartet, beschossen sie Armeestellungen und israelische Siedlungen auf besetztem Gebiet. Raketen schlugen in israelischen Städten ein. Zudem durchbrachen die Palästinenser die Blockade des Gazastreifens und zerstörten israelische Panzer. Im Grenzgebiet gab es Opfer unter der Zivilbevölkerung, es wurden Gefangene genommen und Menschen verschleppt.

    Diese Offensive ist eine unmittelbare Folge jahrzehntelanger aggressiver Unterdrückung Israels. Diese Kolonial- und Apartheidpolitik ist gekennzeichnet durch die völkerrechtswidrige Besatzung palästinensischen Gebiets, die Zerstörung palästinensischer Dörfer sowie die Inhaftierung und Tötung von Palästinensern, darunter auch vieler Kinder. All dies wurde vom UN-Sicherheitsrat vielfach verurteilt, verbindliche Maßnahmen jedoch von den USA verhindert.

    Vor dem Angriff der Palästinenser wurden allein in diesem Jahr über 200 Palästinenser getötet, mehr als 1.000 sitzen in administrativer Haft, das heißt, sie sind eingesperrt ohne Gerichtsverfahren oder Zugang zu den Anklageakten. In den letzten Wochen kam es vermehrt zu Übergriffen israelischer Siedler auf Palästinenser. Außerdem wurde die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem angegriffen.

    Die israelische Regierung erklärte inzwischen den Kriegszustand. Der Gaza-Streifen ist abgeriegelt und von der Stromzufuhr als auch von allen Warenlieferungen abgeschnitten. Über 1.000 Tonnen Bomben wurden von der israelischen Armee in ersten Angriffswellen auf das äußerst dicht besiedelte Gebiet abgeworfen. Es gibt bereits mehrere hundert Tote auf beiden Seiten.

    Die westlichen Staaten, darunter die Bundesregierung, stellten sich sofort auf die Seite der israelischen Kolonialmacht. Die Regierungsparteien und die CDU sprechen in einer gemeinsamen Erklärung von „abscheulichen Verbrechen“ und „nichts zu rechtfertigendem Terror“ von Seiten der Palästinenser. Über den Terror der israelischen Besatzungsmacht gegen Palästinenser dagegen wurde in der Vergangenheit im Allgemeinen billigend geschwiegen.

    Gleichzeitig wird hart gegen Palästinenser und ihre Unterstützer in der BRD vorgegangen. Hilfen für palästinensische Gebiete sollen „auf den Prüfstand“. Wer dem offiziellen Narrativ widerspricht, wird mit dem Antisemitismus-Vorwurf mundtot gemacht. Der Bayrische Rundfunk und der Sender „Arte“ kündigten etwa an, den freien Journalisten Malcolm Ohanwe nicht mehr zu beauftragen, da er kritische Fragen zur Ursache der Gewalt-Eskalation gestellt hatte. Aus der CDU kommen schon die Rufe nach Abschiebungen von Unterstützern der Palästinenser.

    Wir halten fest: Die Verantwortung für die Eskalation, für die Toten auf beiden Seiten, liegt bei der rechtsextremen israelischen Regierung und ihrer Apartheid-, Kolonial- und Besatzungspolitik. Mitverantwortlich sind die imperialistischen Unterstützer dieser Politik, darunter auch die Bundesregierung. Der Kampf des palästinensischen Volks reiht sich ein in die antikolonialen Kämpfe, die angesichts veränderter weltweiter Kräfteverhältnisse zugenommen haben.

    Dieser Krieg und dieses Blutvergießen kann nur ein Ende finden, wenn die Rechte der Palästinenser auf ihr Land und einen Staat durchgesetzt werden. Eine politische Lösung ist notwendig und dann möglich, wenn die israelische Besatzungspolitik ein Ende findet.

    Die DKP ist solidarisch mit dem palästinensischen Volk und seinem jahrzehntelangen Kampf.

    Wir erklären unsere Solidarität mit den Friedenskräften in Israel, insbesondere der KP Israels, die den Mut haben, in dieser Situation deutlich zusagen, dass die „kriminelle Besatzungspolitik“ der israelischen Regierung die volle Verantwortung für die Eskalation der Lage trägt.

    Wir stimmen mit unseren Genossinnen und Genossen der KP Israels völlig überein, die erklären: „Die Ereignisse zeigen, in welche gefährliche Richtung die Netanjahu-Regierung und die Siedler die gesamte Region führen, und unterstreichen einmal mehr, dass es keinen Weg gibt, den Konflikt zu verwalten oder ihn militärisch zu lösen – es gibt nur eine Lösung: die Beendigung der Besatzung und die Anerkennung der legitimen Forderungen und Rechte des palästinensischen Volkes. Die Beendigung der Besatzung und die Schaffung eines gerechten Friedens sind ein eindeutiges und gemeinsames Interesse der beiden Völker in diesem Land.“

    #Israël #Palestine #occupation #communistes

  • Die ­herrschende Meinung runterbeten ? | Unsere Zeit
    https://www.unsere-zeit.de/die-herrschende-meinung-runterbeten-4783224


    L’Arkenberg, le plus haut sommet de Berlin.

    En Allemagne on risque une amende ou condamnation en justice pour les opinions non-officielles sur la guerre d’Ukraine. Une procédure est en cours conntre un opposant à la livraison d’armes à l’Ukraine. Il n’y a pas longtemps la position officielle des gouvernements allemands était de ne jamais livrer des armes aux participants de conflits armés. Désormais c’est une opinion risquée.

    Vous voulez savoir ce que je pense de la qustion ? Je suis l’idiot du village, alors je ne tue personne et je ne sais pas à qui appartientent les montagnes de notre vallée. Si les Russes les conquièrent, ils seront obligés de trouver un moyen contre les avalanches.

    1.9.2023 von Vincent Cziesla - Der Düsseldorfer Kriegsgegner Kay Strathus hat Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, den er für einen Kommentar auf Facebook erhielt. Ihm wird die Billigung eines Angriffskriegs vorgeworfen. Strathus soll unter anderem darauf hingewiesen haben, dass es durchaus völkerrechtliche Argumente für das Eingreifen der Russischen Föderation in der Ukraine gegeben habe. Es drohen 3.500 Euro Geldstrafe oder 50 Tage Gefängnis. Im UZ-Interview kündigte Strathus in der vergangenen Woche an, die Strafe nicht zu zahlen (siehe Ausgabe vom 25. August). UZ sprach mit seinem Rechtsanwalt Tim Engels über den Fall, die Bedeutung des Paragrafen 140 des Strafgesetzbuches und die Frage, welche Rolle die Justiz an der Heimatfront einnimmt.

    UZ: Ihr Mandant Kay Strathus hat einen Strafbefehl erhalten. Er hatte auf Facebook mit einem Grünen-Politiker diskutiert. Es gab keine Beleidigungen oder Bedrohungen, sondern eigentlich nur unterschiedliche Sichtweisen zum Ukraine-Krieg. Ein normaler Meinungsstreit, würde man meinen. Warum kommen dann ein Jahr später Gericht und Staatsanwalt und verlangen von ihm 3.500 Euro?

    Tim Engels: Gute Frage. Mein Mandant hatte mich schon vor einiger Zeit konsultiert, nämlich nachdem er eine Vorladung des polizeilichen Staatsschutzes erhalten hatte. Er sollte als Beschuldigter vernommen werden, wegen Belohnung und Billigung von Straftaten nach Paragraf 140 des Strafgesetzbuches. Weiter hieß es damals schon, dass sich der Tatvorwurf auf einen Facebook-Kommentar meines Mandanten beziehe. Thematisch gehe es um den „russischen Angriffskrieg“ gegen die Ukraine. Interessant ist ja, dass damit die Wertung des Krieges schon vorweggenommen wurde. Mein Mandant ist dieser Vorladung nicht gefolgt, auch in der Hoffnung, dass das Verfahren gegen ihn dann sang- und klanglos eingestellt würde. Nach dem Gegenlesen dieses Chats waren für mich keine Anhaltspunkte für eine Straftat zu erkennen. Insofern war es dann tatsächlich überraschend, als auf Antrag der Staatsanwaltschaft Düsseldorf plötzlich dieser Strafbefehl erlassen wurde. Es lag für meinen Mandanten nahe, sich dagegen zu wehren und entsprechend Einspruch einzulegen. Jetzt müssen wir erst einmal den Akteninhalt besprechen.

    UZ: Sie haben außerdem angeregt, das Verfahren einzustellen. Was würde das bedeuten, und wie sehen die Voraussetzungen dafür aus?

    Tim Engels: Wir leben in einer Zeit, in der sich die Ermittlungs- und Strafverfahren gerade im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg häufen. Vor diesem Hintergrund ist es sicherlich nicht ausgemacht, dass ein Verfahren am Ende zu einem Freispruch führen würde. Es könnte durchaus zu einer Verurteilung kommen, zumindest in der ersten Instanz. Und wenn man sich ersparen möchte, über Instanzen hinweg vor dem Strafgericht zu sitzen und zu prozessieren, ist es für die Betroffenen sicherlich auch ein gangbarer Weg, unter Umständen zu sagen: Ich bin damit einverstanden, dass das Verfahren gegen mich eingestellt wird. Nach dem Strafbefehl kann das Verfahren gegen Kay Strathus in diesem Stadium nur noch wegen Geringfügigkeit eingestellt werden. Das würde bedeuten, dass zumindest Restzweifel bestehen, was seine Schuld angeht. Die zweite Möglichkeit wäre die Einstellung gegen Auflage, wenn die Schuld nicht als schwer erachtet würde. Wir müssen abwarten, wie die Bereitschaften seitens der Staatsanwaltschaft und des Gerichtes sind. Mit der Anregung, das Verfahren einzustellen, haben wir also im ersten Versuch ein salomonisches Ende ohne Hauptverhandlung nahegelegt.

    UZ: Kay Strathus hat sich gegen Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet ausgesprochen. In der Einstellungsanregung an das Gericht heißt es, dass genau das eben keine Billigung eines Krieges sei – sondern das Gegenteil. Das leuchtet ein. Wer Protest gegen Waffen zur Kriegsbilligung umdeutet, wie es die Staatsanwaltschaft tut, muss die Erzählung der herrschenden Politik bereits vollständig übernommen haben. Wird die Justiz mit solchen Verfahren zum Wächter an der Heimatfront?
    350502 Interview Portrait - Die ­herrschende Meinung runterbeten? - Interview, Justiz, Paragraf 140 StGB, Ukraine-Krieg - Politik

    Tim Engels: Ich finde es auffällig, dass in der Konkretisierung des Strafbefehls nur wenige Teilsätze aus dem Chat verwendet werden. Der Kommentar meines Mandanten wird völlig entkontextualisiert. Wenn man diesen Chat in Gänze liest, dann wird einfach deutlich, dass da jemand mit einer antimilitaristischen Haltung argumentiert und davon ausgehend möglicherweise auch zuspitzt. Ich meine: So kann man das nicht machen. Man kann nicht Einzelsätze rausreißen und dann sagen: Du hast hier einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gebilligt. Liest man den vollständigen Beitrag, wird deutlich, dass mein Mandant das Gegenteil davon getan hat

    Die angesprochene Rolle der Justiz innerhalb der herrschenden Politik finde ich ebenfalls bemerkenswert. Der Paragraf 140 ist alt. Er, beziehungsweise die Vorgängernorm, wurde in der jungen Bundesrepublik im Zuge der Wiederbewaffnung und der Westintegration unter dem Adenauer-Regime eingeführt. Bisher spielte er eigentlich keine große Rolle in der Rechtsgeschichte. Im Grunde wurde er nur auf zwei historische Situationen angewendet: Zum einen, wenn es um die Billigung von Naziverbrechen ging. Zum anderen im Zuge der RAF-Verfolgung. Bei allen völkerrechtswidrigen Angriffskriegen, die seit dem Anschluss der DDR geführt worden sind, mit und ohne Beteiligung der Bundesrepublik, ist er nie zur Anwendung gebracht worden. Auch nicht in der Zeit des völkerrechtswidrigen NATO-Krieges gegen Jugoslawien. Mir ist jedenfalls kein Ermittlungsverfahren bekannt. Insofern drängt sich schon der Eindruck auf, dass die Justiz heute instrumentalisiert werden soll, um eine politische Meinung festzuklopfen. Mich hat kürzlich ein Kollege auf die wohl bisher einzige obergerichtliche Entscheidung in diesem Kontext aufmerksam gemacht. Das Oberlandesgericht Hamburg hat dazu entschieden und ist im Wesentlichen der herrschenden politischen Meinung gefolgt, ohne das aber völkerrechtlich durchzuargumentieren. Da kann man schon den Eindruck gewinnen, dass die Justiz einem politischen Auftrag folgt.

    UZ: Völkerrechtlich wird über die Bewertung des Krieges durchaus gestritten. Das gilt natürlich ganz besonders für Diskussionen auf internationaler Ebene. Ist es in Deutschland inzwischen verboten, auf unterschiedliche Auffassungen hinzuweisen?

    Tim Engels: Bei diesem Punkt geht es ans Eingemachte. Ich denke nicht, dass man sagen kann, dass dieser Paragraf so gedacht worden ist, dass jede Streitdiskussion zu allen möglichen Kriegen auf der Welt unterbunden werden soll und kann. Das wäre ja fürchterlich. Dann könnte man nur die herrschende Meinung runterbeten. Bei allem anderen liefe man Gefahr, sich strafbar zu machen. Insofern hoffe ich auch, dass am Ende ein Freispruch steht, wenn es hier zum Prozess kommen sollte. Mal ein Beispiel dafür, wie komplex das Problem ist: Bei der Bewertung des Krieges kommt es darauf an, ob die Kriterien der völkerrechtswidrigen Aggression erfüllt sind oder nicht. Da sind viele Interpretationsmöglichkeiten offen, auch wenn einige davon von Minderheiten unter den Völkerrechtlern vertreten werden. Allein das deutet zumindest darauf hin, dass eine Völkerrechtswidrigkeit nicht offenkundig ist. Da scheint es absurd, dass ein juristischer Laie strafrechtlich dafür verurteilt werden kann, dass er eine völkerrechtliche Minderheitenposition vertritt.

    Vincent Cziesla

    Vincent Cziesla, Jahrgang 1988, ist seit dem Jahr 2023 Redakteur für das Ressort „Politik“. Der UZ ist er schon seit Jahren als Autor und Verfasser der „Kommunalpolitischen Kolumne“ verbunden. Während eines Praktikums lernte er die Arbeit in der Redaktion kennen und schätzen.

    Cziesla ist Mitglied des Neusser Stadtrates und war von 2014 bis 2022 als hauptamtlicher Fraktionsgeschäftsführer der Linksfraktion in Neuss beschäftigt. Nebenberuflich arbeitet er in der Pflege und Betreuung von Menschen mit Behinderung.

    Les « montagnes » de Berlin
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Erhebungen_in_Berlin

    Les russes sont déjà arrivés chez nous. Le Mont Dragon est leur première conquête. Cette photo en est la preuve.


    Восход в лесопарке Груневальд в Берлине, Германия
    Photographe : A.Savin https://commons.m.wikimedia.org/wiki/User:A.Savin
    Titre : Lever du soleil à Berlin vu du haut du mont Drachenberg

    #Allemagne #guerre #Ukraine #Russie #justice

  • Bangemachen gilt nicht
    https://www.unsere-zeit.de/bangemachen-gilt-nicht-4783063

    Wera RichterCategories Politik | UZ vom 25. August 2023
    ...
    Kritische Stimmen sollen mundtot gemacht werden – auch durch Repression. Seit dem 24. Februar 2022, dem Einstieg Russlands in den seit Jahren tobenden Krieg in der Ukraine, hat politisches Strafrecht gegen abweichende Meinungen zum Krieg Hochkonjunktur. Kriegsgegner und Menschen, die Zweifel zum Beispiel an der angeblichen Alleinschuld Russlands und der Friedfertigkeit der Ukraine formulieren, werden mit den Paragrafen 140 (Belohnung und Billigung von Straftaten) und 130 StGB (Volksverhetzung) bedroht. Geld- und Haftstrafen können die Folge sein.

    Der Paragraf 130 wurde im Dezember letzten Jahres in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verschärft. Dagegen haben Patrik Köbele und Wera Richter, Vorsitzende der DKP, und der Jurist Ralf Hohmann am 28. Juli eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Sie halten die Neufassung des Paragrafen für verfassungswidrig und fordern seine Rücknahme.

    Die drei sehen in der Verschärfung des Paragrafen einen Angriff auf die grundgesetzlich gesicherte Meinungsfreiheit. Sie eröffnet den Strafverfolgungsbehörden die Befugnis, öffentliche Äußerungen, aber auch wissenschaftliche Beiträge zum Krieg strafrechtlich zu ahnden, sofern sie von der herrschenden Einschätzung abweichen. So geht Willkür.

    Richter, Köbele und Hohmann kritisieren zudem das völlig undemokratische Zustandekommen des Gesetzes und sehen darin einen Verstoß gegen die Teilhabe- und Kontrollrechte der Abgeordneten des Bundestages. Die Neufassung des Paragrafen 130 wurde zu nächtlicher Stunde in einem sogenannten „Omnibus-Verfahren“, also als Anhang eines anderen Gesetzes ohne inhaltlichen Bezug, durch den Bundestag gepeitscht. Eine ernsthafte parlamentarische Debatte war in den wenigen für die Beschlussfassung vorgesehenen Minuten nicht vorgesehen.

    Wenn sich eine Regierung im Krieg wähnt, darf man sich keine Illusionen über den Justizapparat in diesem Land machen. Alles durchgehen lassen darf man ihm dennoch nicht. Es gilt, Zweifel zu säen, bei immer mehr Menschen. Die Frechheit, mit der das neue Instrument zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit durchgesetzt wurde, ist dazu geeignet.

    Der Widerstand gegen die Kriegsregierung und ihre Lügen gehört aber vor allem auf die Straße, in Betriebe, Universtäten und Schulen. Der herrschenden Propaganda öffentlich zu widersprechen erfordert manches Mal Mut – und Solidarität mit denen, die dafür verfolgt werden. Für beides steht der Fall des Grafikers Kay Strathus aus Düsseldorf, der sich den Mund nicht verbieten lässt und dafür Unterstützung bekommt.

  • Das nächste Kriegsverbrechen
    https://www.unsere-zeit.de/das-naechste-kriegsverbrechen-4782083

    Le mathématicien Wolf Göhring accuse le président allemand Steinmeier d’être un criminel de guerre pour avoir manqué à l’obligation de s’opposer à la livraison de munitions à fragmentation à l’Ukraine. Sa plainte repose sur le contenu de la loi Kriegswaffenkontrollgesetz (KwKG) et la convention d’Oslo contre ce type de munitions. On verra si la justice allemande est assez indépendante pour rappeller au président du pays le respect des lois en vigueur.

    21.7.2023 - Der Ukraine geht die Artilleriemunition aus. Die Waffenlieferungen der NATO-Staaten an Kiew haben auch die Waffenarsenale des Westens weitgehend geleert. „We’ve run out of ammunition“ (Uns ist die Munition ausgegangen), beklagte US-Präsident Joe Biden vor zwei Wochen. Also liefert das US-Militär auf die seit Langem flehentlich vorgetragenen Bitten der ukrainischen Machthaber Waffenmaterial, das wegen der internationalen Ächtung von Antipersonenminen und Streubomben ohnehin auf dem Waffenmarkt nur schwer abgesetzt werden kann. Ein militärischer Ladenhüter, der in vielen Kriegen von Indochina bis Syrien für den tausendfachen Tod vor allem in der Zivilbevölkerung gesorgt hat.

    „Sie sehen eher aus wie Spielzeug als wie Waffen des Todes und des Verstümmelns“, schrieb der Pulitzer-Preisträger Lewis M. Simons Anfang letzter Woche auf der Nachrichtenplattform NPR. Noch heute sterben in Laos Kinder, die auf Feldern die Überbleibsel der von der US-Luftwaffe zwischen 1964 und 1973 abgeworfenen Bombenlast (2,09 Millionen Tonnen) finden. In den letzten 50 Jahren konnten nur circa 1 bis 2 Prozent der nicht explodierten Clustermunition („Bomblets“ von der Größe eines Tennisballs) entschärft werden. Die Hälfte der in diesem Zeitraum getöteten Laoten waren Kinder. Jene, die die Explosionen überlebten, verloren Arme, Beine oder das Augenlicht.

    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), ausgestattet mit dem Ruf einer „moralischen Instanz“ und somit in Sonntagsreden Deutschlands geübtester Träger ethischer Bedenken, möchte den USA bei der Lieferung „nicht in den Arm fallen“. Die gleiche transatlantisch motivierte Passivität hat auch die übrigen Repräsentanten der Bundesregierung erfasst. Füße stillhalten und wegschauen wird als Parole in den Medien gestreut. Blinde Bündnistreue gegen Menschenleben.

    Was moralisch erbärmlich ist, ist regelmäßig auch strafrechtlich von Bedeutung. Deswegen hat der Bonner Mathematiker Wolf Göhring Steinmeier angezeigt. Man muss kein Jurist wie Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sein, um aus dem eindeutigen Wortlaut des Kriegswaffenkontrollgesetzes (KwKG) die richtigen Schlüsse zu ziehen. Steinmeier hatte, wie übrigens auch der heutige NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (damals in seiner Funktion als Vertreter Norwegens), das seit dem 1. August 2010 in Kraft getretene „Oslo-Übereinkommen“ gegen Streumunition unterschrieben. Dem Ächtungsvertrag sind bis heute 111 Länder beigetreten.

    In Deutschland wurde daraufhin das Strafgesetz geändert. Im neu gefassten Verbrechenstatbestand des Paragraf 20a KwKG wurden ab 11. Juni 2009 nicht nur Produktion und Besitz der geächteten Streumunition unter hohe Strafen gestellt, sondern auch Einsatz, Entwicklung, Handeltreiben, Erwerb, Weitergabe, Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr sowie die Förderung all dieser Varianten. Als Abendlektüre sei dem Bundespräsidenten Paragraf 13 Strafgesetzbuch empfohlen, wonach dem Tun das Unterlassen gleichsteht. Und vielleicht erinnert er sich dann, was er in Oslo unterschrieben hat: Laut Artikel 21 des Abkommens besteht für jeden Signatarstaat die Pflicht, „sich nach besten Kräften (zu bemühen) Staaten, die nicht Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind, vom Einsatz von Streumunition abzubringen“.

    Schlechte Karten also für Steinmeier. Auch die Brücke zur Rechtfertigung seiner Passivität hat sich Steinmeier vor 13 Jahren selbst verbaut: In Artikel 1 des Oslo-Übereinkommens ist festgeschrieben, dass „unter keinen Umständen“ das Verbot der Streumunition umgangen werden kann. Ob also die Clustergranate 100 Bomblets oder nur 2 enthält, ob die Blindgängerrate gering oder höher ist, ob Streumunition vom Gegner zuvor eingesetzt wurde oder ob der Einsatz zur Verteidigung oder zum Angriff erfolgt, beseitigt die Pflicht, „in den Arm zu fallen“, nicht. Erst recht, wenn der Lieferweg über Bremerhaven oder Ramstein geht und in der Ukraine die Streugranaten mit in Deutschland hergestellten 155-mm-Geschützrohren verschossen werden.

    Ralf Hohmann (Jahrgang 1959) ist Rechtswissenschaftler.

    Nach seinen Promotionen im Bereich Jura und in Philosophie arbeitete er im Bereich der Strafverteidigung, Anwaltsfortbildung und nahm Lehraufträge an Universitäten wahr.

    Er schreibt seit Mai 2019 regelmäßig für die UZ.

    #Allemagne #Ukraine #guerre #munitions_à_fragmentation #droit #politique

  • Kriegshaushalt über alles
    https://www.unsere-zeit.de/kriegshaushalt-ueber-alles-4781817
    Le gouvernement allemand sacrifie l’essentiel de ses promesses électorales sociales sur l’autel de guerre.

    Als im Frühjahr vergangenen Jahres zeitgleich mit dem Ausrufen der „Zeitenwende“ durch Bundeskanzler Olaf Scholz der NATO-Krieg gegen Russland forciert wurde, schien der Bundeshaushalt davon unberührt. Kurzerhand wurden lange vorbereitete Pläne zur Aufrüstung zwar aus der Schublade geholt, aber mit einem als „Sondervermögen“ betitelten Kriegskredit von 100 Milliarden Euro finanziert. Der Kernhaushalt selbst behielt im Wesentlichen seine alte Struktur.

    Das kann – zumal in Zeiten wirtschaftskriegsbedingter Zinsanstiege – auf Dauer auch ein noch reiches Land wie Deutschland nicht durchhalten. Für die Bundesregierung waren die zurückliegenden Tage „die Woche der Wahrheit“, wie die reaktionäre Tageszeitung „Die Welt“ am 3. Juli zur Recht titelte. In der Tat ist ein Bundeshaushalt ein in Zahlen gegossenes Regierungsprogramm, das weit aussagekräftiger ist als alle schönen Reden und hübsch gebundenen Koalitionsverträge zusammengenommen.

    Die Kabinettsitzung, in der der Entwurf des Bundeshaushalts verabschiedet werden sollte, hat nach Redaktionsschluss der UZ stattgefunden. Aber die Beschlussvorlage des Finanzministers Christian Lindner hat eine klare Richtung: Das wird der erste ordentliche Kriegshaushalt der Bundesrepublik Deutschland. Er wird seine Spuren tief in die Finanzstruktur der Republik graben und hat schon jetzt alle sozialen Ankündigungen dieser Bundesregierung in den Papierkorb befördert.
    Das Versprechen auf 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, im Koalitionsvertrag niedergeschrieben, ist auf etwas mehr als 200.000 geschrumpft. Von den rund 50 Milliarden Euro, die laut Mieterbund erforderlich wären, um wenigstens mittelfristig den rasanten Anstieg der Mieten zu dämpfen, ist keine Rede mehr.

    Die großspurig angekündigte „Kindergrundsicherung“, die laut der Familienministerin rund 12 Milliarden Euro erfordert, ist auf kümmerliche 2 Milliarden zurechtgestutzt worden und wird für Familien mit Kindern weitgehend wirkungslos versickern.

    Die lauten Rufe der Kommunen und Länder nach Finanzhilfen, um die Flüchtlingsströme zu bewältigen, die durch die Politik aller NATO-Länder in Nordafrika und anderswo ausgelöst werden, stoßen auf taube Ohren. Genauso ihre dringenden Appelle, etwas zu tun gegen den beschleunigten Zerfall des öffentlichen Personennahverkehrs jenseits der Ballungszentren.

    Der sozialdemokratische Gesundheitsminister verzichtete in den Gesprächsrunden, die der Kabinettsvorlage vorausgingen, großmütig auf eine Milliarde Euro an Bundeszuschüssen für die Pflegeversicherung. Sein Gesundheitsetat soll um 8,3 Milliarden Euro gekürzt werden.

    Wo es langgeht, durfte einer der grünen Reservehoffnungsträger, Danyal Bayaz, Finanzminister in Baden-Württemberg, am 3. Juli in der „FAZ“ so formulieren: „Die Zeit der Gießkanne, die sich die Bundesrepublik im vergangenen Jahr mit Tankrabatt und Energiepauschale für alle geleistet hat, ist vorbei. Wir werden nicht mehr alles, was wir in Koalitionsverträge schreiben, hinbekommen. Da gibt es auch Zumutungen, die wir aussprechen müssen.“

    Nur einer steht jenseits aller „Zumutungen“: Rüstungsminister Boris Pistorius. Er ist schon im Vorfeld als einziger von allen Kürzungsrunden ausgenommen worden. Sein Etat wächst um 1,7 Milliarden auf die Rekordsumme von 52 Milliarden Euro.

    „Wenn Neues auftaucht, muss Altes schwinden“, stellte die „FAZ“ am 4. Juli schulterzuckend fest. Das Alte sind die sozialen Versprechen der Vergangenheit. Das Neue ist der Krieg gegen Russland – und China.

    #Allemagne #économie #guerre

  • Mehrjährige Haftstrafen im Antifa-Ost-Verfahren
    https://www.unsere-zeit.de/mehrjaehrige-haftstrafen-im-antifa-ost-verfahren-4780767

    Dans les procès politiques la justice pourtant professionelle allemande est ausi biaisée que les tribunaux à jurés dans les états du sud des États Unis. On n’aime pas les rouges alors on condamne preuve à l’appui ou non.

    Am heutigen Mittwoch wurden die Antifaschisten Lina E. und drei weitere Angeklagte zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Den Angeklagten wird vorgeworfen, im Zeitraum von 2018 bis 2021 mehrfach Neonazis angegriffen zu haben. Sie sollen zudem einer „kriminellen Vereinigung“ nach Paragraf 129 StGB angehören. Lina E. wurde zu fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die weiteren Angeklagten erhielten Haftstrafen von zweieinhalb Jahren, drei Jahren sowie drei Jahren und drei Monaten.

    Mit dem heutigen Urteil endet ein politisch motivierter Prozess, der von vornherein zum Ziel hatte, die Angeklagten stellvertretend für die antifaschistische Bewegung zu kriminalisieren und einzusperren.

    So ist die Beweislage gegen die vier Betroffenen trotz 98 Prozesstagen als absolut dünn zu bezeichnen, was noch nicht einmal die Generalbundesanwaltschaft in ihrem Plädoyer zum Ende des Prozesses bestreiten konnte.

    Die Anklage beruhte lediglich auf Indizien, Mutmaßungen und Konstruktionen der Repressionsorgane. Fragwürdige Anhaltspunkte wurden durchgängig zuungunsten der vier angeklagten Antifaschisten interpretiert, während entlastendes Material systematisch ignoriert wurde. Dass den teils offensichtlichen Lügen und widersprüchlichen Angaben des eigens bemühten Kronzeugen eine zentrale Rolle in der Beweisführung zukommt, ist ein weiterer Beleg dafür, wie wenig reales Beweismaterial das Oberlandesgericht als Basis für das politisch gewollte Urteil in der Hand hatte.

    Bewusst wurden die Angeklagten in die Nähe eines angeblichen „Terrorismus“ gerückt und eine Bedrohung der Öffentlichkeit herbeigeredet und -geschrieben, um das heute gefallene Urteil bereits im Vorfeld zu legitimieren.

    „Das heutige Urteil im Antifa-Ost-Verfahren war zu erwarten und ist dennoch ein politischer Skandal. Wäre das Verfahren nicht eindeutig politisch motiviert und von einem unbedingten Verurteilungswillen geprägt gewesen, hätte es nichts anderes als Freisprüche für die vier Angeklagten geben können“, erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Mit diesem Urteil werden alle Antifaschist*innen kriminalisiert, es stellt eine klare Verschärfung der politischen Justiz dar. Daher rufen wir alle Menschen und Initiativen, die sich auf unterschiedlichsten Wegen gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft und den Nazi-Terror auf der Straße engagieren, dazu auf, sich mit den heute Verurteilten zu solidarisieren und gegen die gesamte Prozessführung und die Urteile zu protestieren. Wir versichern ihnen unsere Solidarität und fordern ihre sofortige Freilassung.“

    Klassenjustiz und Feindstrafrecht
    https://www.unsere-zeit.de/klassenjustiz-und-feindstrafrecht-4779083

    14.4.2023 von Henning von Stoltzenberg - Bundesanwaltschaft ignoriert Beweislage und fordert acht Jahre Knast für Lina E.

    Am 30. März endete am Oberlandesgericht Dresden die Beweisaufnahme im Antifa-Ost-Verfahren mit dem Plädoyer der Bundesanwaltschaft. Nach über eineinhalb Jahren Prozess und mehr als zweieinhalb Jahren Untersuchungshaft für die Hauptangeklagte Lina E. ist endlich ein Ende des Prozesses in Sicht. Hunderte Stunden Gerichtsverhandlung und 93 Verhandlungstage leistete sich die Klassenjustiz für ihren von der ersten Sekunde an politisch motivierten Prozess gegen vier junge Erwachsene.

    E. wird vorgeworfen, gemeinsam mit drei weiteren Personen nach dem Gesinnungsparagrafen 129 des Strafgesetzbuches (StGB) eine „kriminelle Vereinigung“ gebildet zu haben. Diese soll zwischen 2018 und 2020 Angriffe auf ein faschistisches Szenelokal sowie auf Neonazis in Leipzig, Wurzen und Eisenach geplant und ausgeführt haben. Bei den Angriffen wurden mehrere Neonazis verletzt. Dafür soll die Studentin nach dem Plädoyer der Bundesanwältin Alexandra Geilhorn für sage und schreibe acht Jahre eingesperrt werden. Die drei Mitangeklagten sollen zwischen zweidreiviertel und dreidreiviertel Jahre hinter Gittern verbringen. Ein Urteil wird noch im Mai erwartet. Für den Samstag nach der Urteilsverkündung rufen antifaschistische Gruppen zu einer Großdemonstration in Leipzig auf.

    Das Antifa-Ost-Verfahren ist ein Paradebeispiel dafür, welchen Aufwand der Staat beziehungsweise seine Repressionsbehörden zu betreiben bereit sind, wenn es gegen Linke und Antifas geht, die sich dem Nazi-Terror entgegenstellen. Es ist das mit Abstand umfangreichste politische Verfahren gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten seit vielen Jahren. Die eigens gebildete „Sonderkommission LinX“ ermittelte fast drei Jahre auf zehntausenden Aktenseiten im Auftrag der Bundesanwaltschaft. Dabei war anscheinend fast jedes Mittel recht und billig, Hauptsache es ging in Richtung Verurteilung.

    Dazu gehörten zum Beispiel Observationen des mittlerweile aufgelösten Mobilen Einsatzkommandos Dresden, das Verbindungen zum militanten rechten Nordkreuz unterhielt. Oder Ermittlungen, die von einem Polizeibeamten angestrengt wurden, welcher in Verdacht steht, aus privaten Motiven persönliche Daten eines Beschuldigten zu veröffentlichen. Ebenso ließ sich die Bundesanwältin offenbar dabei erwischen, ein entlastendes Alibi für einen Angeklagten, das aus einer Parallelakte eines anderen Verfahrens in Berlin stammte, auffällig lange auf dem Schreibtisch liegen gehabt zu haben.

    Durch die akribische Arbeit eines Berliner Anwaltes konnte das entlastende Beweismittel herangeschafft und dadurch ein Fehlurteil in zumindest einem bestimmten Punkt verhindert werden, wie ein Verteidiger in einem Interview berichtete. Ähnliches gelte für abgehörte Telefongespräche, bei denen die Verteidigung in mehreren Fällen den Gegenbeweis erbringen und die Anschuldigungen der Bundesanwaltschaft entkräften konnte.

    Von der dünnen Beweislage gänzlich unbeeindruckt erklärte Bundesanwältin Geilhorn laut Berichten in ihrem Plädoyer, man sei für eine Verurteilung nach einem Organisationsdelikt eben nicht mehr auf Gründungsdatum, Kassenbuch oder Mitgliederlisten angewiesen. Für sie zählten Kennverhältnisse, regelmäßige Termine und die angeblich geteilte politische Ideologie. All das macht der Paragraf 129 möglich, der eine weitgehende Überwachung des gesamten Lebensumfeldes der betroffenen Personen erlaubt. Im Verlauf des Prozesses hatte es zudem zahlreiche Razzien in Leipzig gegeben, in mehreren Fällen zeitgleich zu den Prozesstagen.

    Zusammengefasst bedeutet das: In diesem Prozess gegen vier Antifas hat sich das Antlitz der Klassenjustiz noch deutlicher gezeigt als in ohnehin zahllosen Fällen. Die Anklage muss die Schuld der Angeklagten gar nicht lückenlos beweisen. Hier wird mit Feindstrafrecht agiert, die Beweislast umgekehrt und die Pflicht zur Vorlage von Beweisen für die Unschuld auf die Verteidigung abgewälzt. Es steht zu befürchten, dass die Aktivistinnen und Aktivisten als „Kriminelle Vereinigung“ für vermeintliche Straftaten eingesperrt werden, die – wenn überhaupt – zügig vor dem Amtsgericht hätten abgehandelt werden müssen. Es zeichnet sich ab, dass die Behörden finster entschlossen sind, weitere dieser Prozessformate folgen zu lassen. Dagegen hilft nur eine lautstarke linke Öffentlichkeit, die sich klar positioniert und die Machenschaften des Apparats entlarvt.

    Unser Autor ist Bundessprecher der ­Roten Hilfe e. V.

    #Politik #Antifa-Ost-Verfahren #Bundesanwaltschaft #Lina_E. #Oberlandesgericht_Dresden #Repression

  • Deutschland ist raus
    https://www.unsere-zeit.de/deutschland-ist-raus-4780746

    Les sanction contre la Russie ont des conséqunces graves pour les pays d’Europe et particulièrement pour l’Allemagne. Elles profitent surtout à la Chine qui remplace avec ses produits ceux que les entreprises de l’Ouest ont fournis à la Russie avant la décision des gouvernements européens de lier le destin de leur peuples encore plus étroitement à l’empire en déclin des États Unis.

    2.6.2023 von Manfred Sohn - Zum Jubiläumstag der Verkündung des Grundgesetzes, am 23. Mai, bilanzierte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) den „Exodus der Autokonzerne: Auch Conti verlässt Russland“. Die bislang zum Konzern gehörende Fabrik in Kaluga, rund 190 Kilometer von Moskau entfernt, sei an den russischen Finanzinvestor „S8 Capital“ veräußert worden. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt. Vermutlich wird er ähnliche Verlustdimensionen beinhalten wie ein ähnlicher, bereits abgewickelter Verkauf: Der Wolfsburger VW-Konzern habe sein Werk für 125 Millionen verkauft – nach Investitionen im Milliardenbereich, die nun bilanziell abgeschrieben würden.

    Die Zeitung kommentiert diesen Exodus der Autoindustrie, die stellvertretend für andere Industriezweige steht, mit den Worten „Der Rückzug deutscher Autokonzerne und ihrer Zulieferer hinterlässt in Russland eine Lücke, in die chinesische Konkurrenten vorstoßen. Unternehmen wie Chery, Great Wall Motors oder Geely haben keine Berührungsängste, ebenso wenig wie ihre Staatsführung in Peking.“

    Der Vorgang wirft ein Schlaglicht auf eine hierzulande fast gänzlich ignorierte Seite der NATO-Sanktionspolitik gegen den Kriegsgegner Russland, die nur mitbekommt, wer solche Medien wie die UZ liest. Dort konnte der Leser dank des Moskauer Korrespondenten Gert Ewen Ungar bereits am 21. April erfahren, dass auch im Elektronikbereich ein ähnlicher Prozess im Gange ist. China konnte hier „seine ohnehin schon starke Präsenz in Russland weiter ausbauen. Der Konzern Xiaomi mit seiner breiten Angebotspalette von Handys bis zu smarten Küchengeräten hat inzwischen eine Präsenz in jedem größeren Einkaufzentrum.“

    Der Traum von Annalena Baerbock und anderen, durch westliche Sanktionspolitik Russland zu „ruinieren“, verwandelt sich in einen Alptraum des deutschen Kapitals. Aufgrund der List der Dialektik im weltweiten Dekolonisierungs- und damit Zerbröselungsprozess der alten imperialistischen Mächte Europas und Nordamerikas bricht nur die Präsenz deutscher Marken zwischen Krim und Wladiwostok zusammen und sonst gar nichts. In den Straßen werden VWs mit Conti-Reifen ausgetauscht gegen Autos der chinesischen Marke Chery, die auf russischen Reifen fahren. Und in den Regalen der technischen Kaufhäuser werden Geräte von Miele einfach gegen solche von Xiaomi getauscht. Die eingebildete deutsche Überlegenheit wird zum Kollateralschaden, wenn Millionen Kunden erkennen, dass jahrzehntelang gehegte Vorurteile überholt sind: Das Label „Made in Germany“ bietet keinen technischen Fortschritt gegenüber asiatischen Produkten mehr.

    Im Kern beschleunigt die westliche Sanktionspolitik den industriellen Aufstieg Chinas. Auch das wissen UZ-Leser seit dem 5. Mai, an dem Klaus Wagener in dieser Zeitung darauf hinwies, dass sich der „Chips and Science Act“, mit dem die USA die chinesische Mikroelektronik-Industrie erdrosseln wollte, sich als „Booster für chinesische Chip-Industrie“ erweist. Dahinter verbirgt sich eine Art Gesetzmäßigkeit von Wirtschaftskriegen: Sie richten gewaltige Schäden vor allem in den Opferländern dann an, wenn Sanktionen von ökonomisch überlegenen Mächten verhängt werden. Werden sie aber von Mächten verhängt, die nicht (mehr) in der Lage in, die eigenständige Entwicklung der bekämpften Volkswirtschaften zu ersticken, schlagen sie in ihr Gegenteil um. Sie schwächen nicht den Gegner, sondern stärken ihn. Sie stärken nicht die eigene industrielle Basis der Nationen, die die Sanktionen verhängen, sondern schwächen sie.

    Die Zeichen an der Wand häufen sich. Schon vor dem Februar 2022 zerplatzte der deutsche Traum, die deutsche Photovoltaikindustrie werde die Welt erobern – stattdessen werden weltweit chinesische Anlagen auf die Dächer montiert. Das arrogante „Nein, danke!“ der deutschen Regierung gegen die russische Gaslieferanten beendete die jahrzehntelange faktische Milliardensubventionierung der deutschen Großindustrie durch billige russische Energie. Sie war vor allem für die Chemieindustrie ein Booster für den Wettbewerbsvorsprung deutscher Werke in Leverkusen und anderswo gegenüber ihren lieben US-Konkurrenten.

    Der Verkauf der Wärmepumpen-Sparte von Viessmann für 12 Milliarden an ein US-Unternehmen ist eine weiteres solches Menetekel. Wirtschaftsminister Robert Habeck offenbarte sein völliges Nichtbegreifen der ablaufenden ökonomischen Prozesse, indem er diesen Deal mit einem hingestammelten Satz kommentierte: Der Verkauf zeuge vom Weltruf deutscher Ingenieurskunst, so Habeck. Nun rutscht Deutschland auch offiziell in die Rezession.

    Der Kerngrund für diese Rutschpartie ist die politische Entscheidung, das wirtschaftliche Schicksal dieses Volkes nicht mit den aufsteigenden Volkswirtschaften in Asien, sondern mit der absteigenden Riege der alten Kolonialmächte zu verknüpfen. Der Abstieg der einst drittgrößten Volkswirtschaft der Welt wird sich beschleunigen. Zu sehen ist das nicht nur auf russischen Straßen oder in russischen Kaufhäusern – darüber berichten tun nur wenige, darunter die UZ, „Ossietzky“ oder „junge Welt“.

  • So viel mehr als nur der Oki | Unsere Zeit
    https://www.unsere-zeit.de/so-viel-mehr-als-nur-der-oki-4776517

    Bis zu seinem Tod am 5. Januar war der bekannte Grafiker Peter Porsch ein ewiger Optimist. Er strahlte eine entwaffnende Freundlichkeit aus, die in all seinen Arbeiten, ob als Grafiker oder Mitglied des Oktoberklub, immer präsent war. Mit dem Oki, dem frech-freundlichen roten Spatzen, schuf er das Symbol der Singebewegung der DDR. Ursprünglich von ihm als Logo für den Oktoberklub entworfen, wurde es später zum Markenzeichen des Festivals des politischen Liedes. Ganz im Gegensatz zum FDJ-Emblem ist die Beliebtheit des Oki nicht gesunken. Noch im Jahr 2019, beim Festival Musik und Politik, wehte er beispielsweise weithin sichtbar auf einer riesigen Fahne über der Berliner Volksbühne.

    Es gab den Oki bei den Verkaufsständen des Agitshop als Plüschtier, als Aufdruck auf Tassen, in Form von T-Shirts und anderem mehr zu erwerben.

    Doch es wäre völlig falsch, Peter Porsch auf den Oki reduzieren zu wollen.

    Als Oktoberklub-Mitglied hat er beispielsweise das finnische Liebeslied „Kalliolle Kukkulalle“ mit einer deutschen Nachdichtung („Helle Wasser, dunkle Wälder“) populär gemacht (zu finden auf der LP: Amiga-„Oktoberklub-Politkirmes“).

    Von ihm wurde das äußere Bild des Festivals des politischen Liedes und der diversen Werkstattwochen der FDJ-Singeklubs maßgeblich geprägt. Er entwarf das Krokodil mit dem Sombrero (Weltfestspiele Kuba 1978), den Bär mit der Balalaika, den Kellerkater des OKK im Haus der jungen Talente – einer Klubveranstaltungsreihe des Oktoberklubs, die ursprünglich im Klub des „Kino International“ in der Karl-Marx-Allee beheimatet war – sowie Marx, Engels und Lenin in der schlichten Komprimiertheit ihres Äußeren, Plakate, Handzettel, Aufkleber, Meinungsknöpfe, Umschläge von Broschüren etc. pp.
    hoerste Friedrich WerkstattPoster - So viel mehr als nur der Oki - Februarkollektief, Nachruf, Oki, Peter Porsch - Kultur
    (Grafik: Peter Porsch)

    Als künstlerischer Mentor und Mitglied des „Februarkollektiefs“, gegründet aus Mitgliedern der Gestaltergruppe des Festivals des politischen Liedes, entwarf und realisierte er zusammen mit der Gruppe kulturelle Begegnungsstätten zu sehr unterschiedlichen Anlässen, Veranstaltungen und Festivitäten der DDR. Die dabei verwendeten einfachsten Materialien und szenografischen Mittel wurden stilgebend für die Ästhetik dieser Rauminstallationen. Dazu gehörten das Malen von Wandbildern, die Ausgestaltung von Jugendklubs bis hin zur Ausstattung eines Pausenraumes für die Bandarbeiter im KWO (Kabelwerk Oberspree, Berlin-Schöneweide).

    Seine Entwürfe für die Veranstaltungsreihen Liedersommer und Rocksommer in Berlin wurden ebenso zu weithin bekannten Markenzeichen wie auch seine Arbeiten für das Haus der jungen Talente in Berlin.

    Seine grafischen Werke waren beispielhaft anders als die sonst üblichen, oft faden Gestaltungen der in der DDR maßgeblichen DEWAG-Werbung. Porschs Entwürfe gaben sich frecher, freundlicher, optimistischer und somit viel humorvoller. Einige aus dem westlichen Teil Deutschlands werden sich vielleicht an die DDR-Zentren der Jugendfestivals in Dortmund, Herne und vor der Berliner Deutschlandhalle erinnern. Aus Rüstkonstruktionen und dazwischengespannten bemalten Stoffbahnen wurden interessante Begegnungs- und Kulturstätten für Ausstellungen, Cafés, Diskussionsrunden, Buch- und Kunstmärkte und Bühnenräume für Konzerte.

    Peter Porsch hatte in seiner Jugend Schriftsetzer und Technischer Zeichner gelernt. Später studierte er an der Fachschule für Werbung und Gestaltung in Berlin Typografie. Den großen Rest hat er sich autodidaktisch selbst beigebracht. Er schuf im Laufe der Zeit auch unzählige Holzplastiken in einem für ihn sehr charakteristischen, liebevollen und humoristischen Stil.

    Ein wichtiges Gestaltungsmittel seiner Arbeiten war – neben den comicartigen Zeichnungen – die Typo- und Bild-Montage. Die stilistischen Vorbilder und die damit verbundene linke Weltanschauung von George Grosz und John Heartfield sind hier unverkennbar. Mit dieser Ästhetik hob er sich von dem oft so tristen Einerlei in der DDR-Printlandschaft ab. Dabei hatte er – wie viele andere Künstler der DDR auch – unzählige Auseinandersetzungen mit den verantwortlichen Kulturfunktionären.

    Hartmut König, Mitbegründer des Oktoberklubs, Kultursekretär im Zentralrat der FDJ und kurzzeitiger stellvertretender Kulturminister der DDR, hat einmal von ihm in der geschraubten Sprache einer arbeitsrechtlichen Beurteilung gesagt: „Er ist in Diskussionen ein geachteter Wortführer.“ In normales Deutsch übersetzt würde das bedeuten: „Peter Porsch hat immer dazwischengequakt und nie seine Klappe gehalten.“ Wohl auch aus diesem Grund gehörte er Ende 1989 zu den Mitunterzeichnern des „Appells der 89“, die in der DDR eine „totale militärische Abrüstung bis zum Jahr 2000“ forderten.

    Doch daraus wurde nichts, wie wir wissen. Die Bevölkerung hat ihr Land weit unter Wert verkauft. Der Oktoberklub löste sich auf. Das Haus der Jungen Talente wurde für die an der Politik interessierten Menschen geschlossen (wie viele andere positive Facetten der DDR-Kulturlandschaft vom Berliner Senat abgewickelt wurden) und das Festival des politischen Liedes fand 1990 zum letzten Mal statt.

    Peter Porsch meinte damals melancholisch: „Es hängt von den Zeiten ab, ob wir wieder auf die Bühne gehen, und davon, ob die Menschen wieder politische Lieder haben wollen.“ Aber er hat sich nicht unterkriegen lassen, auch nicht von schweren Schicksalsschlägen in seinem persönlichen Leben. Sein Optimismus und seine Freundlichkeit als Lebensmotto halfen ihm, kreativ zu bleiben und haben allen seinen unzähligen Werken eine unverwechselbare Note gegeben. Nicht umsonst lobte ihn einmal Wolfgang Geisler, sein früherer Dozent an der Fachschule, als „das visuelle Bild der Singebewegung“.

    Peter Porsch starb am 5. Januar 2023 in Sommerfeld/Brandenburg im Kreis seiner Familie.

    #DDR #culture #dessin #musique

  • Eskalation bis zum Atomkrieg ? | Unsere Zeit
    https://www.unsere-zeit.de/eskalation-bis-zum-atomkrieg-4776362

    Malgré le titre accrocheur nos camarades communistes du journal UZ font preuve d’un oprimisme étonnant comme si les meneurs de la guerre à Washington hésiteraient un seul instant avant de nous plonger dans l’inferno nucléaire. La seule condition qui les en empêchrait serait la preuve de l’existance d’une assez grande quantité d’armes nucléaires russes pouvant atteindre le sol américain malgré les systèmes de défense étatsuniens. Il faut alors se préparer au lancement d’un missile de démonstration intercontinental par la Russie.

    Heureusement celui-ci ne visera ni Berlin ni Paris, enfin on peut l’espérer.

    Nach längerem Schweigen haben die Generäle a. D. Harald Kujat und Erich Vad die Kriegspolitik der Bundesregierung in den vergangenen Tagen scharf kritisiert. Ähnlich äußerte sich der Sicherheitsexperte Markus Kaim von der regierungsnahen Stiftung „Wissenschaft und Politik” am Freitag in „Spiegel-online”.

    Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr Kujat und der ehemalige militärpolitische Berater Angela Merkels, Vad, hatten sich im vergangenen Jahr mehrfach kritisch zur militärischen Reaktion des Westens auf das russische Eingreifen in den Ukraine-Krieg geäußert. Sie waren daraufhin von bürgerlichen Medien angegriffen und wegen teilweise falscher Prognosen zum Kriegsverlauf verspottet worden. Vad hatte sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, Kujat kommt in großen Medien nicht mehr zu Wort.

    Vad meldete sich am 12. Januar mit einem Interview, das er der Zeitschrift „Emma” gab, zurück. Er warnte darin, dass sich die Bundesregierung mit der Lieferung von „Marder”-Schützenpanzern auf „eine Rutschbahn” begebe. Das könne „eine Eigendynamik entwickeln, die wir nicht mehr steuern können“. Es sei zwar „richtig, die Ukraine zu unterstützen und natürlich ist Putins Überfall nicht völkerrechtskonform“, aber nun müssten „doch endlich die Folgen bedacht werden“. Es sei naiv zu glauben, Russland würde im Fall, dass es „von der Weltbühne abtreten” müsse, „nicht zu Atomwaffen greifen“.

    Vad sprach von „annähernd 200.000 gefallenen und verwundeten Soldaten auf beiden Seiten, 50.000 zivilen Toten und Millionen von Flüchtlingen”. Er beklagte „eine Gleichschaltung der Medien, wie ich sie so in der Bundesrepublik noch nie erlebt habe”. Der bisherige Kurs von Kanzler Scholz habe ihm gefallen, aber der Schlüssel für eine Lösung des Krieges liege in Washington und Moskau. Am vergangenen Sonntag war Vad im CSU-dominierten „Bayerischen Fernsehen“ zum „Politischen Stammtisch” eingeladen, wo er erneut vor einem dritten Weltkrieg warnte. Die Forderungen nach einem Rückgewinn von Donbass und Krim oder gar Russland vernichtend zu schlagen seien verantwortungslos.

    Bereits am 18. Januar erschien in der Schweizer Zeitung „Zeitgeschehen im Fokus“ ein langes Interview mit Kujat. Er wiederholte seine Ansicht, dass man diesen Krieg hätte verhindern können, und fragte, wer daran ein Interesse habe. Je länger der Krieg dauere, „desto größer wird das Risiko einer Ausweitung oder Eskalation“. Ein fertiges Waffenstillstandsabkommen sei im Frühjahr 2022 vom Westen torpediert worden. Das erklärte Ziel der USA sei es, „Russland politisch, wirtschaftlich und militärisch so weit zu schwächen, dass sie sich dem geopolitischen Rivalen zuwenden können, der als einziger in der Lage ist, ihre Vormachtstellung als Weltmacht zu gefährden: China“.

    Vad und Kujat wiederholten Positionen, die sie bereits früher vertreten hatten. Überraschend neu war dagegen Kaims Wortmeldung. Angesichts der schrillen Debatte um deutsche Waffenlieferungen an Kiew warnte er, die Politik drohe „Maß und Mitte” zu verlieren und „zur Getriebenen der Lautrufer” (Olaf Scholz) zu werden. Angesichts der „dürftigen Begründung für deutsche Waffenlieferungen“ – „keine roten Linien“, „Selbstverteidigungsrecht” der Ukraine – stocke „einem fast der Atem: Mit einem derartigen Freibrief ließe sich auch die Lieferung taktischer Nuklearwaffen an die ukrainischen Streitkräfte rechtfertigen.”

    Noch sind die Stimmen der Vernunft vereinzelt. Dennoch deuten die Auftritte der Genannten darauf hin, wie groß die Weltkriegsgefahr ist und dass ein Ringen eingesetzt hat, um den blinden Kurs dorthin zu ändern. Ausgang offen.

  • Ende des Lohnraubs ?
    https://www.unsere-zeit.de/ende-des-lohnraubs-4775771

    6.1.2023 - Bundesarbeitsgericht erläutert Urteil zur Arbeitszeiterfassung.

    Die Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeit der Beschäftigten ist der Kapitalseite seit jeher ein Dorn im Auge. Schließlich lassen sich durch das Nichtauszahlen von geleisteten Überstunden zusätzliche Profite generieren. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit kam bereits 2017 zu dem Ergebnis, dass in Deutschland jährlich 1,8 Milliarden Überstunden geleistet werden. Der DGB hat berechnet, dass dies 45 Millionen 40-Stunden-Wochen entspricht. Und die Mehrheit dieser Überstunden werden nicht bezahlt. Legt man das durchschnittliche Brutto-Monatseinkommen von 3.700 Euro bei Vollzeitbeschäftigten zugrunde, was einem Brutto-Stundenlohn von rund 23 Euro entspricht, wurden den Beschäftigten so pro Jahr mehr als 20 Milliarden Euro an Entgelt vorenthalten. Die Dimension dieses Lohnraubs ist über die Jahre konstant hoch geblieben.

    Nun könnte damit Schluss sein. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte bereits Mitte September des vergangenen Jahres geurteilt, dass für alle Unternehmen in Deutschland die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht. Das BAG beruft sich bei diesem vielbeachteten Urteil auf eine Norm aus dem Arbeitsschutzgesetz, die Unternehmen verpflichtet, geeignete Vorrichtungen zur Einhaltung des Arbeitsschutzes zur Verfügung zu stellen.

    Da bis zum Ende des vergangenen Jahres lediglich die gerichtliche Pressemitteilung vorlag, war jedoch unklar, welche konkreten Pflichten sich für Unternehmen aus dem Urteil des BAG ergeben. Seit dem 5. Dezember 2022 liegt nun die ausführliche Begründung des Gerichts vor. Darin konkretisieren die Richter die Handlungspflichten für „Arbeitgeber“. Lage, Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit müssen tatsächlich erfasst werden. Die bloße Bereitstellung eines Zeiterfassungssystems reicht nicht aus. Die „Arbeitgeber“ müssen sicherstellen, dass die Erfassung der Arbeitszeit durch die Beschäftigten tatsächlich erfolgt. Die Verpflichtung gilt ab sofort und es gibt keine Übergangsfristen.

    Der Entscheidung des BAG war ein Urteil des Europäische Gerichtshofs vorausgegangen. Dieser hatte schon im Mai 2019 geurteilt, dass effektiver Arbeitnehmerschutz nur dann gewährleistet wird, wenn die Arbeitszeit erfasst wird. Dazu ist ein „objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die von jedem Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann“, so die Rechtsauffassung des Europäischen Gerichtshofs.

    Unmittelbare Folgen hatte diese Entscheidung hierzulande jedoch nicht. Der Gesetzgeber beauftragte zunächst Gutachter, um die Auswirkungen des Urteils für Deutschland festzustellen. Diese vertraten die Auffassung, dass zunächst das deutsche Arbeitsrecht geändert werden muss, bevor die Entscheidung des EUGH auch in Deutschland Wirkung entfaltet. Das BAG-Urteil hat dieser Sichtweise widersprochen. Auch ohne Tätigwerden des Gesetzgebers sind Unternehmen verpflichtet, zeitnah Zeiterfassungssysteme zu schaffen und einzurichten.

    Diese Pflicht trifft alle Unternehmen ohne Ausnahme. Umgekehrt kann jedoch – nach Auffassung von Arbeitsrechtlern – der Gesetzgeber tätig werden und in bestimmten Umfang Ausnahmen schaffen. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat sich hier schon in Stellung gebracht und sich wie folgt zu Wort gemeldet: „Für die Arbeitgeber im Handwerk ist von besonderer Bedeutung, dass bei der Form der Arbeitszeiterfassung vor allem die Besonderheiten der jeweiligen Tätigkeitsbereiche der Arbeitnehmer und die Eigenheiten des Unternehmens – insbesondere seiner Größe – weiterhin berücksichtigt werden können.“

    Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat nun angekündigt, die BAG-Entscheidung und die sich hieraus ergebenden Konsequenzen zu prüfen. Praxisnahe Lösungen sollen gefunden werden, die Flexibilität ermöglichen. Dabei beruft sich der Minister auf den Koalitionsvertrag, in dem sich die Regierungsparteien schon verständigt hatten, flexible Arbeitszeitmodelle – einschließlich der Vertrauensarbeitszeit – zuzulassen. Ob so der seit Jahren im großen Stil praktizierte Lohnraub in Zukunft eingedämmt wird, darf bezweifelt werden.

  • Auf Kuba gibt es keine Impfpflicht – aber über 90 Prozent Geimpfte So wird das gemacht
    https://www.unsere-zeit.de/so-wird-das-gemacht-164756

    Volker Hermsdorf 14. Januar 2022 - Während in Deutschland über eine Impfpflicht gestritten und Ungeimpften die Schuld am Verlauf der vierten Welle gegeben wird, beweist Kuba, dass der Kampf gegen die Pandemie auch ohne Zwangsmaßnahmen erfolgreich geführt werden kann. Voraussetzung dafür ist ein solidarisches Gesellschaftsmodell, das den Bedürfnissen der Bevölkerungsmehrheit Vorrang vor Profitinteressen einer Minderheit einräumt.

    Auch ohne Impfpflicht haben laut Angaben der Johns-Hopkins-Universität in der sozialistischen Inselrepublik bis zum vergangenen Montag über 92,6 Prozent der Bevölkerung eine Erstimpfung erhalten und knapp 85,9 Prozent waren bereits vollständig geimpft. Obwohl Gesundheitsminister José Angel Portal Miranda davor warnte, dass die „Zahl der mit der Omikron-Variante infizierten Patienten in den nächsten Tagen weiter rapide ansteigen“ werde, betrug die Sieben-Tage-Inzidenz am Montag noch 92,5. Die Letalitätsrate, das heißt der Anteil an Infizierten, die an der Krankheit stirbt, war Anfang der Woche auf 0,85 Prozent gesunken, während sie in der Bundesrepublik mit 1,51 Prozent fast doppelt so hoch war.

    Trotz der – auch in der Pandemie – mehrfach verschärften US-Blockade und dem Versuch, das Land durch gewalttätige Aktionen einiger aus dem Ausland finanzierter Provokateure zu destabilisieren, hat Kuba gute Voraussetzungen, die Omikron-Welle besser zu überstehen als die kapitalistischen Länder mit ihren restriktiven Maßnahmen.

    Laut Weltgesundheitsorganisation verfügt Kuba weltweit über die höchste Zahl an Ärzten im Verhältnis zur Bevölkerung. Ein Arzt betreut 122 Einwohner, in Deutschland sind es 231. Das System von Familienärzten und Krankenschwestern in allen Stadtteilen, mehr als 11.000 Arztpraxen und 450 Polikliniken ist das Fundament eines staatlich organisierten Gesundheitswesens, in dem Vorsorge und Versorgung von Patienten nicht den Profitinteressen privater Eigentümer untergeordnet sind. In Kuba entwickelte Medikamente und Impfstoffe werden von staatlichen Unternehmen hergestellt. Sie sind dem Schutz der eigenen Bevölkerung wie auch von Menschen in anderen Ländern verpflichtet und nicht den Pharmariesen, die möglichst hohe Gewinne anstreben. Das sozialistische System Kubas schafft Vertrauen und erweist sich als überlegen, während sich die antagonistischen Widersprüche des kapitalistischen Systems in der Pandemie verschärfen.

    Ein Gesundheitswesen, das auf Privatisierung, Einsparungen, Fusionen, Personalabbau, Krankenhausschließungen und Gewinnmaximierung setzt und den Menschen in Pflegeberufen eine angemessene Bezahlung verweigert, schafft kein Vertrauen. Eine Regierung, die dafür verantwortlich ist, ebenso wenig.

    Während die Aktionäre von Pharmaunternehmen, deren Gewinne explodieren, und andere Profiteure der Pandemie sich die Hände reiben, stehen kleine Gewerbetreibende und Selbstständige vor dem Bankrott. Erwerbslose, prekär Beschäftigte und Rentner müssen nicht nur entscheiden, ob sie essen oder heizen wollen, sondern werden auch bei der Gesundheitsversorgung immer öfter zur Kasse gebeten.

    Das alles ist Grund zum Protest und steht doch nicht im Mittelpunkt der sogenannten Corona-Demonstrationen in Deutschland. Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist auch mit restriktiven Maßnahmen nicht fähig, die Krise zu lösen. Es verschärft sie, spaltet und schafft so auch den Nährboden für rechte Rattenfänger. Das Beispiel Kuba zeigt, dass es auch anders geht.

    #coronavirus #Cuba #vaccination

  • Eigentor der Cops
    https://www.unsere-zeit.de/eigentor-der-cops-161107


    Je ne savais pas encore que l’adbusting est autorisé en Allemagne. Cet article explique pourquoi et quelles limites il faut respecter pour rester dans le cadre légal.

    Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) hat kürzlich Anzeige gegen das Landeskriminalamt Berlin erstattet, um ein Ende der Kriminalisierung satirisch veränderter Armee-Werbung zu erreichen. UZ sprach mit Jan Hansen, Mitglied des Bundesausschusses der DFG-VK, der die Anzeige zusammen mit Bundessprecher Markus Hornberger verfasst hat.

    UZ: Weshalb habt ihr Anzeige erstattet?

    Jan Hansen: Das LKA Berlin kriminalisiert eine kreative Aktion gegen die Bundeswehr. Unbekannt gebliebene Aktivisten hatten rund um das Kriegsministerium in Berlin veränderte Marine-Poster aufgehängt. „Adbusting“ nennt sich dieser Sport, bei dem Aktivisten Sprüche auf Originalpostern der Marine verändert und in der Woche darauf noch einen satirischen Brief als Postwurfsendung verteilt haben.

    In diesem behauptet die „Verteidigungsministerin Kramp-Knarrenbauer“, die Bundeswehr kämpfe auch dafür, dass man gegen sie sein könne. Deshalb ermuntere sie dazu, weiterhin selbst umgestaltete Poster aufzuhängen und verweist auf den Beschluss der Staatsanwaltschaft Berlin, demzufolge es nicht strafbar ist, Werbevitrinen mit Rohrsteckschlüsseln aus dem Baumarkt zu öffnen und eigene Poster hineinzuhängen.

    Trotzdem hat das LKA Berlin Ermittlungen wegen „Störpropaganda gegen die Bundeswehr“ aufgenommen. Tatbestandsmerkmale: Mit unwahren Tatsachen die Handlungsfähigkeit der Bundeswehr bei der Landesverteidigung zu stören oder zu sabotieren. Das ist offenkundiger Blödsinn. Selbst als Laie erkennt man, dass Poster und Zettel die Bundeswehr nicht in ihrer Verteidigungsbereitschaft einschränken.

    Aus politischer Motivation heraus werden Unschuldige verfolgt. Deshalb haben wir uns entschieden, Anzeige zu erstatten. Das ist krasser Machtmissbrauch und deswegen ist es wichtig, mit dem Finger drauf zu zeigen.

    UZ: Weshalb reagieren Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste so übertrieben auf veränderte Werbeplakate?

    Jan Hansen: Es geht ihnen um die Öffentlichkeit. Ihre Hegemonie bröckelt, wenn man Polizei und Militär statt als Freunde und Helfer aufgrund wöchentlicher Einzelfälle als Nazis und Gewalttäter sieht.

    UZ: Welche Konsequenzen hat die Verfolgungswut der Behörden für betroffene Aktivisten?

    Jan Hansen: Ich würde sagen, dass die Behörden die Chaoten angestachelt haben. Aktuell steht Adbusting nicht mehr im Verfassungsschutzbericht, weil das Innenministerium festgestellt hat, dass es nicht gewalttätig ist. 2018/19 waren die Berliner Behörden so verrückt, drei Adbusting-Aktionen ans Terrorabwehrzentrum GETZ zu melden. Kleine Anfragen zeigen, dass sie damit 2020 nicht weitergemacht haben. Wohl weil es zu viele Fragen aus Parlamenten und der Öffentlichkeit gab.

    Die Polizei hat sich ein ganz schönes Eigentor geschossen. 2019 endete ein Gerichtsprozess sang- und klanglos, weil das LKA nicht darlegen konnte, wo eigentlich die Strafbarkeit ist, wenn Leute ihre eigenen Poster in Werbevitrinen hängen und dabei nichts kaputt machen und auch nichts klauen. Adbusting ist de facto legalisiert, wenn da nicht so wirre Aufreißer wie diese „Störpropaganda gegen die Bundeswehr“ wären.

    UZ: Wie schätzt du die Erfolgsaussichten ein, sollte die Geschichte vor Gericht landen?

    Jan Hansen: Das landet nie vor Gericht. Juristisch kann man in diesem Land gegen staatlich bezahlte Gewalttäter einfach nichts erreichen. Aber wenn man jemanden wie das LKA anzeigt, kann man drauf bestehen, über den Fortgang des Verfahrens informiert zu werden. Wenn die Sache eingestellt wird, legt man dagegen Beschwerde bei der Oberstaatsanwaltschaft ein, dann erfährt man die Begründung dafür. Die kann man veröffentlichen und sagen, das ist Rechtsbeugung. Man kann dann auch noch Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft einlegen. So kommt man an den Ablehnungsgrund der Oberstaatsanwaltschaft, der in der Regel elaborierter ist, weil die ja schon schnallen, dass es uns um Öffentlichkeitsarbeit geht. Mit medialer Öffentlichkeit kann man skandalisieren, nachfragen und dann laut drüber reden. Das hassen die.

  • Berliner Krankenhäuser vor Erzwingungsstreik ? Vor Ende des Ultimatums
    https://www.unsere-zeit.de/vor-ende-des-ultimatums-159133

    Est-ce la lutte finale qui se prépare ? Le mouvement des hôpitaux de Berlin revendique l’applcation de la convention collective municipale (TvöD) pour tous les employès des hôpitaux appartemant à la ville de Berlin. La sénatrice de santé (SPD) et les patrons des anciens hôpitaux municipaux refusent des nègotiatiions. On se prépare à une grève dans la majorité des hôpitaux de la ville.

    Les revendications salariales vont de pair avec la revendication d’augmentations du nombre de soignants dans les services divers.

    Am 20. August läuft das Ultimatum der Beschäftigten von Charité und Vivantes ab. Ihre Kampagne läuft seit dem 12. Mai, dem Tag der Pflege. Zusammen mit ver.di und Unterstützern aus einem breiten Bündnis kämpfen die Beschäftigten für einen Entlastungstarifvertrag und die Übernahme des Tarifvertrages des Öffentlichen Dienstes (TvöD) auch für ausgegliederte Tochterfirmen der landeseigenen Krankenhäuser. Mit Onlinekonferenzen, Kundgebungen an den Klinikstandorten, einer gemeinsamen Kundgebung im Stadion Alte Försterei am 9. Juli und Warnstreiks wurden die Ziele in die Öffentlichkeit getragen.

    Die Gegenseite reagierte wie mit verteilten Rollen: Der Berliner Senat als Träger äußerte sich Anfang Juli in der Antwort auf die Anfrage des Abgeordneten Schlömer (FDP). Darin erklärt die Senatsverwaltung das Anliegen als nicht machbar. Vivantes und Charité seien zu verschieden, auch tariflich. Politiker der Senatsparteien SPD, Grüne und „Linke“ geben aber als Einzelpersonen (und Wahlkandidaten) Unterstützungserklärungen für die Beschäftigten ab. So bekannte sich SPD-Landeschef Raed Saleh mehrfach zu den Forderungen. Die „Linke“-Landesvorsitzende Katina Schubert unterstützte im Newsletter der Berliner Krankenhausbewegung die Initiative.

    Die Geschäftsführung der Vivantes-Kliniken ging offen gegen das Anliegen vor. Es begann schon im April mit aktiver Behinderung der Unterschriftensammlung für die Petition des Berliner Krankenhausbündnisses. Einer Notdienstvereinbarung für den Warnstreik bei Vivantes am 8. und 9. Juli verweigerten sie sich. Sie gingen noch einen Schritt weiter und ließen den Warnstreik der Pflege gerichtlich durch einstweilige Verfügung am 7. Juli untersagen mit der Begründung, dass es ja keine Notdienstvereinbarung gebe. In ihrer Pressemitteilung behauptete die Vivantes-Leitung perfiderweise, dass ver.di eine Notdienstvereinbarung verhindert habe. An der Charité konnte der Warnstreik stattfinden. Bei den Vivantes-Tochterfirmen kam es ebenfalls zu Warnstreiks mit mehreren hundert Teilnehmern. Am 3. August folgte ein weiterer Warnstreik in Teilbereichen der Tochterfirmen.

    Diese Kämpfe erfolgten bisher vereinzelt, unkoordiniert und ohne breite gesellschaftliche Verankerung. Genau dies wollen nun ver.di und die Berliner Krankenhausbewegung ändern. Trotz aller Ungleichzeitigkeit und Unterschiedlichkeit in den Ausgangsvoraussetzungen wird nun eine Bündelung aller handlungsbereiten Kräfte versucht mit dem Ziel: TVöD und Entlastungstarifvertrag für alle.

    In der Charité wurde bereits 2016 ein Entlastungstarifvertrag erkämpft, der Ende 2020 auslief. Am 6. August haben die Tarifverhandlungen für die Charité begonnen. Hier kämpfen Pflege und andere nichtärztliche Bereiche für einen noch besseren Entlastungstarif. Denn in der Umsetzung hatten sich viele Probleme durch den Unwillen der Geschäftsführung ergeben. Nun sollen Absicherungen eingebaut werden für den Fall, dass die festgelegten Mindestbesetzungen der Stationen nicht erreicht werden. Auch die negativen Erfahrungen aus den durch Bundesgesetz seit 2019 geltenden Personaluntergrenzen (PPuG) fließen mit ein. Die PPuG sind durchweg zu niedrig angesetzt und werden oft unterlaufen. Die Charité-Tochter CFM (Charité Facility Management) hatte bereits im Februar 2021 einen Tarifabschluss erreicht, der einige Verbesserungen, aber noch nicht den TVöD brachte.

    Anders die Lage in Vivantes. Hier gibt es noch keinen Entlastungstarifvertrag für die Pflege, aber den TVöD. In seiner Antwort auf die erwähnte Anfrage vertrat der Senat die Auffassung, dass für Tarifverhandlungen über Vivantes nur der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) zuständig sei. Der KAV wiederum ist nicht bereit, über einen Entlastungstarif zu verhandeln. Daraus erklärt sich auch der Versuch, die Streikbewegung zu kriminalisieren und damit zu spalten.
    Bei den 2.000 Beschäftigten der Vivantes-Tochterfirmen laufen aktuell Tarifverhandlungen. Ziel ist auch hier der TVöD. Ihre Warnstreiks erreichten viel öffentliche Aufmerksamkeit und konnten so in der gemeinsamen Kampagne der Krankenhausbewegung bisher am meisten Druck entfalten.

    Seit der gemeinsamen Streikversammlung in der Alten Försterei laufen die Vorbereitungen auf den absehbaren Erzwingungsstreik weiter. Methoden des gewerkschaftlichen Organizings werden breit vermittelt und angewendet. In den Kliniken laufen die Streikbereitschaftsabfragen in den Teams. Die Vorbereitungen sollen bis zum Ende des Ultimatums abgeschlossen sein.

    #Wirtschaft_Soziales
    #Arbeitskämpfe #Krankenhaus #Streik #travail #grève #hôpitaux #Allemagne #Berlin

  • Gipfeltreffen zum 100. Geburtstag der KP Chinas - Verbesserte internationale ­Zusammenarbeit
    https://www.unsere-zeit.de/verbesserte-internationale-zusammenarbeit-157562

    16. Juli 2021 - Die Kommunistische Partei Chinas wird sich aktiv für die Verbesserung der Global Governance einsetzen und neue Beiträge leisten, damit die Menschheit gemeinsam Herausforderungen angehen kann, sagte Chinas Staatspräsident Xi Jinping am Dienstag vergangener Woche in Peking auf dem Gipfeltreffen der KP Chinas und der politischen Parteien der Welt. 10.000 Vertreter von über 500 Parteien und Organisationen aus 160 Ländern waren auf dem virtuellen Gipfel vertreten. Für die Deutsche Kommunistische Partei nahm Vorsitzender Patrik Köbele an dem Treffen teil – als einziger Teilnehmer aus Deutschland.

    Internationale Regeln sollten von allen Ländern der Welt gemeinsam akzeptiert werden und nicht von einigen wenigen gemacht werden, so Xi. Die Zusammenarbeit zwischen den Ländern sollte darauf abzielen, der gesamten Menschheit zu dienen, und nicht durch Kleingruppenpolitik die Weltherrschaft anzustreben. Er bekräftigte, dass China immer ein Mitglied der Familie der Entwicklungsländer sein und sich unbeirrt dafür einsetzen werde, die Vertretung und Stimme der Entwicklungsländer im internationalen Governance-System zu stärken.

    Gleichzeitig betonte er, dass die KP Chinas das chinesische Volk vereinen und führen werde, um die Modernisierung chinesischer Prägung tiefgreifend voranzutreiben, die Reformen umfassend zu vertiefen und die Öffnung nach außen zu erweitern, die Verantwortung eines großen Staates und einer großen Partei zu erfüllen und neue Beiträge zu leisten zur Erkundung des Weges zur Modernisierung durch die Menschheit, zur gemeinsamen Entwicklung und zum Wohlstand aller Länder der Welt und zur Steigerung des menschlichen Wohlergehens.

    Weitere Redebeiträge gab es auf dem Gipfel von mehreren Staats- und Regierungschefs. Cyril Ramaphosa, Vorsitzender des ANC und Präsident Südafrikas, dankte der Volksrepublik China für die Unterstützung, vor allem während der Pandemie, und betonte, dass er die Außenpolitik Chinas schätze, deren Ziele auf die Entwicklung der gesamten Menschheit gerichtet seien. Dazu gehöre neben der Entwicklung der afrikanischen Volkswirtschaften vor allem der gleiche Zugang zu Medikamenten und medizinischer Grundversorgung.
    Nguyen Phú Trong, Vorsitzender des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Vietnams, gratulierte herzlich zum 100. Geburtstag, wünschte Erfolg beim weiteren Aufbau des Sozialismus und bedankte sich für die Unterstützung bei der Befreiung.

    Der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel überbrachte Glückwünsche an alle Mitglieder der KPCh und an das ganze chinesische Volk und lobte Chinas Beitrag zur Entwicklung es Marxismus-Leninismus, dieser sei flexibel, ohne Grundsätze aufzugeben. China unterstütze, zwinge aber nichts auf, es verteidige Multilateralismus und Völkerrecht.

    Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bedankte sich ausdrücklich für die Hilfe Chinas während der Pandemie und die Anerkennung Palästinas als unabhängiges Land.
    Emerson Mnangagwa, Präsident Simbabwes, bedankte sich für die Unterstützung im Befreiungskampf und die gute Zusammenarbeit bei Infrastrukturprojekten. Insgesamt war die Teilnahme aus den afrikanischen Staaten sehr groß, auch die Präsidenten des Kongo, Marokkos und des Südsudan sprachen ihre Glückwünsche und ihren Dank aus und lobten – wie beinahe alle Teilnehmer – die Belt-and-Road-Initiative.
    Evo Morales, Vorsitzender der MAS und ehemaliger Präsident Boliviens, ging auf die großen Erfolge Chinas bei der Armutsbekämpfung ein. Oligarchen seien, so Morales, an einer solchen Entwicklung nicht interessiert, bemerkte er mit einem Hinweis auf den Putsch gegen ihn selbst im Jahr 2019.

    Giorgios Papandreou von der griechischen PASOK, Vorsitzender der Sozialistischen Internationale, ging auf die Wichtigkeit seiner eigenen Organisation ein und bemerkte, bei der Belt-and-Road-Initiative sollten ökologische Themen und die Gesundheit der Menschen im Vordergrund stehen. Auch er kam nicht umhin, die großen Erfolge Chinas bei der Bekämpfung der Armut zu loben.

    Mit Ausnahme von José Luis Centella von der KP Spaniens, dessen Partei an der Regierung beteiligt ist, glänzten Vertreter von EU- und NATO-Staaten mit Abwesenheit. Ob sie vermisst wurden, wurde nicht bekannt.

    #Chine #politique #histoire

  • Die Kommunistische Partei Chinas feiert ihren 100. Gründungstag - Der steinige Weg zum Sieg der Dialektik
    https://www.unsere-zeit.de/der-steinige-weg-zum-sieg-der-dialektik-156937

    9. Juli 2021 von Klaus Wagener - Das hätten sich die Strategen in den „westlichen“ Hauptstädten kaum träumen lassen. Ziemlich genau vor 30 Jahren brach die Sowjet­union auseinander. Der Kommunismus sei „im Orkus der Geschichte“ gelandet „und Karl Marx gleich mit“, redeten die Staatsmedien damals den Menschen ein. Und jetzt feiert die Kommunistische Partei Chinas ihren 100. Gründungstag mit großen Festen im ganzen Land. Für 95 Millionen Kommunistinnen und Kommunisten in China und der ganzen Welt, aber auch für Friedensfreunde, Menschen, denen der humane, soziale und kulturelle Fortschritt am Herzen liegt, ist dieses Jubiläum ein Tag der Hoffnung. Eine andere Welt ist nicht nur nötig – sie ist auch möglich. Und genau aus diesem Grund haben sich die „westlichen“ Kampfmedien, die Propagandisten einer „regelbasierten Weltordnung“ von Washingtons Gnaden, längst auf diese Partei und ihre Führung eingeschossen. Die „regelbasierte“ Ausbeuterordnung soll bleiben, wie sie ist. Zur Not mithilfe der imperialen Kriegsmaschine.

    Das US-Imperium, die EU, das imperialistische Staatensystem insgesamt steckt in einer seiner tiefsten Krisen. Gleichzeitig feiern die chinesischen Kommunisten, die Volksrepublik als Ganzes, epochale Erfolge. Präsident Xi Jinping, im schlichten Anzug der chinesischen Revolutionäre, verband die Arbeit der Partei in seiner Rede zum 100. Jahrestag der Gründung der KP Chinas von vornherein mit der Lösung der nationalen Aufgabe. „Ohne die Kommunistische Partei Chinas würde es kein Neues China und keine nationale Erneuerung geben“, konnte Xi mit Recht und deutlichem Stolz verkünden. Die Partei sei dazu „von den Menschen und der Geschichte auserwählt“. Die Führung durch die Partei sei das „entscheidende Merkmal des Sozialismus chinesischer Prägung“. Sie gewährleiste „die größte Stärke des chinesischen Systems“.

    Das erste Jahrhundertziel der KP Chinas sei erreicht: „Der Aufbau einer in jeder Hinsicht maßvoll wohlhabenden Gesellschaft“. Vor allem die Eliminierung der absoluten Armut, die Hunderte Millionen Chinesen mit eisernem Griff danieder hielt – eine gigantische Leistung, die nur im Aufbau der UdSSR durch die Bolschewiki eine Entsprechung findet. Die Partei schreite nun mit Zuversicht auf das nächste, zweite Jahrhundertziel zu, die Errichtung Chinas „als eines in jeder Hinsicht großen, modernen, sozialistischen Landes“.

    Xi spannte einen weiten geschichtlichen Bogen, der bis weit in die 5.000-jährige Geschichte des chinesischen Reiches zurückreichte. Nach den Opiumkriegen des 19. Jahrhunderts sei China auf „eine halb koloniale, halb feudale Gesellschaft reduziert worden, die größere Verwüstungen erleiden musste als jemals zuvor“. So war der japanische Militarismus vor und während des Zweiten Weltkriegs nicht weniger brutal als der deutsche Faschismus und verursachte ebenso hohe Opferzahlen. Dieses traumatische „Jahrhundert der Erniedrigung“ mit der Revolution 1949 beendet zu haben, gilt als der größte Erfolg der Partei. Und ebenso gilt das Versprechen, Ähnliches nie wieder zuzulassen, als eines der wichtigsten der KPCh. In den Worten Xis: „Wir haben niemals die Menschen anderer Länder schikaniert, unterdrückt oder unterworfen. Und wir werden aus dem gleichen Grund niemals einer fremden Macht erlauben, uns zu schikanieren, zu unterdrücken oder zu unterwerfen. Jeder, der das versucht wird sich auf Kollisionskurs wiederfinden mit einer großen Mauer aus Stahl, geschmiedet von über 1,4 Milliarden chinesischen Menschen.“

    Natürlich wurde der Anspruch, sich nicht mehr unterdrücken lassen zu wollen, von der „westlichen“ Kampfpresse als Aggression wahrgenommen. Selbst sich seriös gebende Organe nutzten die Feierlichkeiten in China, um zu neuen Glanzleistungen des China-Bashings aufzulaufen: „KP sieht überall Feinde“, „Paranoide Züge“ („NZZ“); „Propagandashow“, „Massenveranstaltungen wie im benachbarten Nordkorea“ („FAZ“); „So bombastisch kann Geschichtsklitterung sein“, „Kritik wird gnadenlos erstickt“ („Zeit“); „Darstellung der Geschichte und Theorie ist bar jeder Logik und Begründung“ („DW“). Diese Negativstrategie mag zu Zeiten der technologisch unterlegenen Sowjetunion funktioniert haben – in Konfrontation mit der in vielen Bereichen schon jetzt ökonomisch überlegenen VR China ist das ein Schuss ins eigene Knie. Es verhindert eine produktive Rezeption und die eigene Erneuerung.

    Genau dazu hat Präsident Xi die chinesischen Menschen aufgerufen: „Wir sind begierig zu lernen, was wir können, von anderen Errungenschaften und anderen Kulturen und wir begrüßen hilfreiche Vorschläge und konstruktive Kritik.“ Aber er legte auch ein Bekenntnis zum „Sozialismus chinesischer Prägung“ ab. Der Sozialismus chinesischer Prägung sei eine „fundamentale Errungenschaft der Partei und der Menschen, geschmiedet durch unzählige Entbehrungen und große Opfer“, er sei „der richtige Weg für uns, um eine nationale Verjüngung zu erreichen“.

    Die chinesischen Kommunisten müssten „fortfahren, den Marxismus vor dem Hintergrund des chinesischen Kontextes anzupassen“. Er sei „die leitende Ideologie, unter der die Partei und das Land gegründet wurden“. Der Marxismus sei „die tiefste Seele der Partei und das Banner“, unter dem sie marschiere. Marxismus chinesischer Prägung sei das „Erfordernis der Zeit“ und die Richtschnur der Chinesen zur Fortentwicklung ihrer „großen sozialen Revolution“.

    Wie seinerzeit der Rote Oktober markiert heute die 100-Jahr-Feier der KPCh einen welthistorischen Wendepunkt. Seinerzeit wurde das Banner der Revolution errichtet, heute ist die strategische Initiative von den imperialistischen Hauptstaaten des „Westens“ auf die eurasischen Mächte übergegangen. Der auf Maximalprofit und endlose, zerstörerische Kriege fokussierte „Westen“ hält keinerlei Fortschritts- und Wohlfahrtsversprechen für die Menschen des Globus mehr bereit. Die Botschaft aus Peking: Es muss etwas Neues geben – und es wird etwas Neues geben.

    #Chine #communisme #impérialisme

  • Der Vernichtungskrieg | Unsere Zeit
    https://www.unsere-zeit.de/der-vernichtungskrieg-156090

    18. Juni 2021 VON Klaus WGNER - Der Krieg im Osten wurde mit zynischer Brutalität geführt. Mit den siegreichen Kriegen im Westen glaubten sich der Faschismus und die Wehrmachtsspitzen hinreichend stark, um die strategische Ostexpansion des Deutschen Reiches vorantreiben zu können. Die Aufrüstung zur vollen Kriegsstärke war vom Reichswehr-Generalstab bereits 1923 bis 1925 detailliert geplant worden. Und nach exakt diesen Reichswehr-Planungen wurde die deutsche Kriegsmaschine errichtet und genauso eröffneten die Hitlerfaschisten 1939 den Zweiten Weltkrieg.

    Die Reichswehr/Wehrmacht als das entscheidende deutsche Machtzentrum hätte Faschismus, Krieg und Vernichtung verhindern können. Die Militärs wählten die Kollaboration. Auch sie wollten den Krieg, auch den Vernichtungskrieg. Eine „saubere Wehrmacht“ gab es nicht. Von vornherein war allen Beteiligten klar, dass dieser Krieg als „weltgeschichtlicher Kampf“ gegen das „Weltjudentum“ und den „Bolschewismus“ zu konzipieren war, wie Hitler es schon in „Mein Kampf“ geschrieben hatte und wie es dann bei den vorbereitenden Gesprächen mit den Spitzen des faschistischen Staatsapparates und des Militärs immer wieder dargelegt wurde. Wie bei der Besprechung mit 200 führenden Wehrmachtsoffizieren am 30. März 1941, bei der Hitler ausdrückte, was alle dachten: der Kommunist sei „vorher kein Kamerad und nachher kein Kamerad“. Es gehe um die „Vernichtung der bolschewistischen Kommissare und der kommunistischen Intelligenz“.

    Der neue deutsche „Lebensraum im Osten“ sollte nach der Eroberung als eine Art vorindustrieller, hauptsächlich agrarischer Siedlungsraum mit spärlicher, nur notdürftig gebildeter Bevölkerung entstehen. Dazu musste die 170-Millionen-Bevölkerung der UdSSR deutlich dezimiert werden. „Die Bildung einer militärischen Macht westlich des Ural“ dürfe „nie wieder in Frage kommen und wenn wir hundert Jahre darüber Krieg führen müssten“, so hatte es Hitler vor Partei- und Wehrmachtsführern am 16. Juni 1941 ausgedrückt.

    Ebenso klar war den Nazi- und Wehrmachts-Kriegsplanern, dass das Ziel von „Barbarossa“ die Eroberung, Annexion und wirtschaftliche Ausbeutung des weiten sowjetischen Raumes, des „neuen Lebensraumes im Osten“ war. Die Eroberung „neue(r) Gebiete in Europa“ könne „in der Hauptsache nur auf Kosten Russlands geschehen“, hatte Hitler in „Mein Kampf“ geschrieben, das neue deutsche Reich solle „seinen Vormarsch auf demselben Wege beginnen, den in früheren Zeiten die deutschen Ordensritter entlangritten, diesmal jedoch, um durch das deutsche Schwert Boden für den deutschen Pflug zu gewinnen und so der Nation ihr tägliches Brot zu geben“. In die gleiche Richtung dachte auch die deutsche Generalität. Daher der Codename „Barbarossa“. Natürlich ging es nicht nur um „das tägliche Brot“, sondern vor allem auch um Arbeitskräfte, Rohstoffe, Kohle, Erze, Mineralien und insbesondere Erdöl. Das „deutsche Schwert“ hatte zu diesem Zweck die „Wirtschaftsorganisation Ost“, eine Mammutbehörde mit 20.000 Mitarbeitern, geschaffen, die damit größer war als die kriegswirtschaftlichen Verwaltungen des Reiches und aller übrigen besetzten Gebiete zusammengenommen. Strategisch betrachtet ging es um die Schaffung eines vom Deutschen Reich unangefochten beherrschten Großraums vom Atlantik bis zum Ural, von der Barentssee bis zum Nahen/Mittleren Osten.

    Schon das Kaiserreich hatte mit der Bagdadbahn und mit Hilfe der Osmanen vergeblich versucht, Zugriff auf die strategisch wichtigste Region des Globus zu erlangen. Nun versuchte es der deutsche Faschismus mit einer Art großräumiger Zangenbewegung von Nordwesten durch die Sowjetunion und von Südwesten aus Nordafrika. Das erklärte geostrategische Ziel war die Erringung einer blockadesicheren Nahrungsmittel-, Energie- und Rohstoffversorgung, der Erbeutung eines ausreichenden Arbeitskräftepotentials, um dem herrschenden anglo-amerikanischen Machtkomplex auf Augenhöhe gegenübertreten zu können. Hier lagen, wie es sich im Ersten Weltkrieg gezeigt hatte, die großen kriegswirtschaftlichen Probleme des strategisch weit unterlegenen Deutschen Reiches. Der Faschismus hatte diese Kriegsziele, die zur Erringung einer Weltmachtposition führen sollten, nicht erfunden. Sie wurden in den strategischen Zirkeln des Reiches schon seit mehr als einem halben Jahrhundert diskutiert.

    Das „tägliche Brot“ des Reiches war aus eigenen Ressourcen nicht zu sichern. Im Ersten Weltkrieg waren angesichts der britischen Seeblockade 800.000 Menschen in Deutschland aufgrund von Unterernährung gestorben. Die „Barbarossa“-Planungen sahen daher eine Nahrungsmittelversorgung aus den Ressourcen der Sowjetunion vor. Auf der Besprechung der Staatssekretäre am 2. Mai 1941 stellte Staatssekretär Herbert Backe (Ernährung und Landwirtschaft) die nach ihm benannten agro-ökonomischen Planungen für „Barbarossa“ vor. Danach sollten dort allein 8,7 Millionen Tonnen Getreide für Deutschland requiriert werden. Die Sowjetunion hatte keine Getreideüberschüsse. Den Planern war klar, dass „hierbei zweifellos zig Millionen Menschen verhungern“ werden. Die sowjetische Getreideproduktion hatte sich in Folge des Krieges in 1942 ohnehin auf 11,7 Millionen Tonnen etwa halbiert. Trotzdem wurden den sowjetischen Menschen in diesem Jahr 4,3 Millionen Tonnen Getreide, 495.000 Tonnen Fleisch, 723.000 Tonnen Speiseöle und Fette und 1,9 Millionen Tonnen Kartoffeln geraubt. Der Hunger wurde ebenso wie das Morden der Einsatzgruppen zu einem primären zynischen Mittel zur Dezimierung der Bevölkerung. Nicht nur rund eine Million Bürger Leningrads, auch drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene ließ man bewusst verhungern. Insgesamt starben mehr als sieben Millionen Sowjetbürger durch den Hungerplan des deutschen Faschismus.

    Mit „Barbarossa“ begannen auch die systematischen Vernichtungskampagnen der als Juden, Slawen, Zigeuner oder sonstwie als „Untermenschen“ diskriminierten Menschen, sogar von Kranken und Behinderten, aber auch die Ermordung von Partisanen, Kommunisten, von Rote-Armee-Kommissaren, von Angehörigen der Intelligenz und von sowjetischen Kriegsgefangenen. Es begann die Errichtung der sechs großen Vernichtungslager Chelmno, Belzec, Sobibor, Treblinka, Majdanek und Auschwitz-Birkenau. Das Morden der als „Einsatzgruppen“ verharmlosten Killerkommandos aus SS und SD hatte schon während des Überfalls auf Polen begonnen, wurde nun aber massiv ausgeweitet. Eine der bekanntesten Massenerschießungsstätten lag in der Schlucht Babij Jar bei Kiew. Hier wurden zwischen 1941 und 1943 etwa 100.000 bis 200.000 Menschen erschossen. Insgesamt ermordeten die Einsatzgruppen in der UdSSR etwa 1,5 Millionen Menschen.

    Die Dezimierung der sowjetischen Bevölkerung um 30 Millionen wurde allerdings nicht erreicht. Die deutschen Planungsstäbe hatten nicht mit dem Widerstandswillen der sowjetischen Menschen gerechnet. Nach der Operation Bagration im Sommer 1944, bei der die Rote Armee die gesamte Wehrmachts-Heeresgruppe Mitte zerschlug und rund 600 Kilometer bis Ostpreußen und Mittelpolen vorstieß, hörte das große Morden auf russischem Boden auf. „Barbarossa“ stand wieder an der deutschen Grenze.

    Wer Menschen im großen Stil umbringen will, braucht dazu eine legitimierende Theorie, die ihn und seine Anhänger davon zu überzeugen vermag, dass das, was sie tun, richtig und notwendig ist. Die lebensphilosophischen und rassebiologischen „Begründungen“ für den Vernichtungskrieg im Osten sind ebenso wenig vom deutschen Faschismus erfunden worden wie die dazu notwendigen Truppenformationen. Den Hitlerfaschisten gebührt das „Verdienst“, die seit Jahrzehnten kursierenden rassistischen und geostrategischen Wahnvorstellungen aufgegriffen, zu einer „Staatsidee“ zusammengebastelt und sie im Verlauf des Krieges hin zu einem Vernichtungswillen radikalisiert zu haben. Mit der Herausbildung des Imperialismus entwickelten seine Theoretiker den alten, häufig religiös geprägten Suprematiegedanken, der geholfen hatte, Millionen Indigene in Amerika umzubringen und Millionen Afrikaner zu versklaven, zu einem biologisch definierten, „wissenschaftlich“ begründeten Rassismus weiter. Grob verkürzend: Arthur de Gobineau hatte 1855 mit seinem „Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen“ gewissermaßen das Tor dazu aufgestoßen. Mit einem auf die menschliche Gesellschaft übertragenen Sozialdarwinismus wurde aus der Ungleichheit ein Überlebenskampf der Menschenrassen. Nietzsche hatte in seiner „Genealogie der Moral“ dem „Raubtier“, der „prachtvolle(n) nach Beute und Sieg lüstern schweifende(n) blonde(n) Bestie“ seine ganze Sympathie zugeschrieben. Nietzsche und seine Adepten waren im Kaiserreich und in der Weimarer Republik in rechten Kreisen entsprechend populär. Der verlorene Erste Weltkrieg hatte zu einer Radikalisierung dieser Ansichten geführt. Eine Radikalisierung, die zum Mordprogramm wurde, als nach 1941 auch dieser Krieg verloren zu gehen drohte.

    Die „vornehme Rasse“ (Nietzsche) der Arier hatte in dieser „Logik“ nicht nur das Recht, sondern es war ihre historische Aufgabe, sich von der Bedrohung und Durchmischung niederer, parasitärer Rassen zu reinigen und zu befreien. In diesem Sinne war die „Endlösung der Judenfrage“ und die Eliminierung des slawisch-jüdischen Bolschewismus ein Akt der Notwehr und der Befreiung. Die Täter, die SS- oder SD-Einsatzgruppen waren, wie Himmler bei seinen Posener Reden mehrfach betonte, Helden, welche das deutsche Volk vor der Dekadenz, dem Verfall und letztlich der Versklavung bewahrten. „Ob bei dem Bau eines Panzergrabens 10.000 russische Weiber an Entkräftung umfallen oder nicht, interessiert mich nur insoweit, als der Panzergraben für Deutschland fertig wird.“ Die millionenfachen Morde – „ein Ruhmesblatt unserer Geschichte“. In der Tat: Die Aufkündigung aller zivilisatorischen Standards, „die Umwertung aller Werte“.

    #nazis #impérialisme #guerre #shoa urss