• Chez visionscarto, on publie un deuxième texte sur la période coloniale allemande au Cameroun, confié par Richard Tsogang Fossi*, et qui revient sur le processus de la colonisation à la fin du XIXe siècle et au début du XXe.

    Comment le « Cameroons » est devenu allemand
    https://visionscarto.net/comment-le-cameroons-est-devenu-allemand

    « Dès l’origine, le projet colonial s’est accompagné d’une « rhétorique de civilisation » et d’une volonté d’accumulation d’exemples matériels de la culture et de la nature du continent africain, ce qui, en d’autres termes, revenait à organiser la « protection » de l’État pour les collectionneurs et les collections : en Afrique centrale, c’est dans la région qui constitue le territoire national de l’actuel Cameroun que les effets s’en feront particulièrement ressentir. Nous esquissons ici les conditions politiques de l’exploitation culturelle du pays par la puissance coloniale allemande. »

    Nous rappelons que le premier texte, de Yann LeGall exhume l’histoire des expéditions punitives, en rappelant la cruauté l’absolu cynisme des autorités allemandes coloniales.

    « Ne s’obtient que par la force »
    https://visionscarto.net/ne-s-obtient-que-par-la-force

    * Germaniste, spécialisé en études littéraires et culturelles, en histoire et mémoire coloniales, et en recherches de provenances.
    Membre de l’équipe de recherche Provenance Inversée, Université technique Berlin (TU)/ Université de Dschang/GBHS Sangmelima.

    #colonisation #cameroun #histoire #allemagne #restitution

  • Die Entmenschlichung der Juliette Martens in Klaus Manns Roman «Mephisto». Eine Buchkritik nach 81 Jahren
    https://web.archive.org/web/20190117171618/https://www.huffingtonpost.de/john-eichler/die-entmenschlichung-der-juliette-martens_b_18658592.html

    2.12.2017 von John Eichler - Juliette Martens ist die erste afrodeutsche Romanfigur in der deutschen Literatur; erschaffen 1936 von Klaus Mann in seinem Schlüsselroman Mephisto 2, der, um das gleich vorab zu sagen, schon immer - nur nicht deshalb, sondern trotzdem - zu meinen persönlichen Favoriten gehörte.

    Ami: „Hast du Karin Boyd in István Szabós Film «Mephisto» gesehen?"

    Issa: „Ja, Juliette Martens, die schwarze Geliebte. Ich fand die Tanzszene im Film eklig. Sie war übrigens die erste Afrodeutsche in der deutschen Literatur. Im Buch von Klaus Mann ist sie noch viel vulgärer, fast wie ein Tier, beschrieben und außerdem nur eine Metapher für die schwulen Neigungen der historischen Vorlage des Protagonisten. Darauf muss man erst einmal kommen."

    Ami: „Wirklich? Da fühlt man sich ja fast doppelt missbraucht ..." 1

    Juliette Martens ist die erste afrodeutsche Romanfigur in der deutschen Literatur; erschaffen 1936 von Klaus Mann in seinem Schlüsselroman Mephisto2, der, um das gleich vorab zu sagen, schon immer - nur nicht deshalb, sondern trotzdem - zu meinen persönlichen Favoriten gehörte. Obwohl das gerade den besonderen Reiz des mit wunderbar leichter und spitzer, wenngleich etwas zu schneller Feder geschriebenen Romans ausmacht, hatte Mann sich stets mit Vehemenz, jedoch schwachen Argumenten gegen die Einordnung seines Werks als Schlüsselroman, also einer vom Leben abgeschriebenen, mit etwas Fiktion versehenen Geschichte, gewehrt. Aber selbst seine Anmerkung am Schluss («Alle Personen dieses Buches stellen Typen dar, nicht Portraits.»), die bereits damals von Freunden und Bekannten belächelt worden war, verhinderte nicht, dass sämtliche Figuren, quasi bis zur letzten Randfigur, in kürzester Zeit entschlüsselt werden konnten. Alle, bis auf eine ... Juliette Martens.

    Man vermutete Parallelen zu der Tänzerin Josephine Baker oder eine Replik auf die Eltern von Tonio Kröger in Thomas Manns gleichnamigem Roman. Schließlich enthüllte Klaus Manns Schwester Erika in einem erst 1981 aufgefundenen Brief 3, dass ihr Bruder bei der Figur der Juliette Martens von Andrea Manga Bell inspiriert worden sei, die das Geschwisterpaar als langjährige Freundin des Schriftstellers Joseph Roth gekannt hatte.

    Die Behauptung von Erika Mann blieb jedoch rätselhaft. Denn Manga Bell hatte, bis auf den Umstand, dass sie nicht weiß, sondern afrodeutsch war, weder äußerlich noch von ihrer Herkunft oder ihrem Lebensweg her irgendwelche Gemeinsamkeiten mit Manns vulgär-animalischer Hure Juliette Martens, die vielmehr ein rein fiktiver Fremdkörper in dem Schlüsselroman war und nichts mit den realen, der Handlung zugrunde liegenden Ereignissen zu tun hatte, sondern Mann lediglich als eine Metapher für die schwulen Neigungen des von ihm zugleich gehassten und geliebten Gustaf Gründgens (der realen Vorlage für die Hauptfigur des Romans Hendrik Höfgens) diente, mit dem seine lesbische Schwester Erika pro forma kurzzeitig verheiratet war und Mann selbst wohl eine intensive emotionale Beziehung unterhalten hatte. Es läge vor diesem Hintergrund nicht fern, die Figur der Juliette Martens und insbesondere ihr dominantes sexuelles Verhältnis zu Hendrik Höfgen als Kompensation für Manns eigene auffällige Abwesenheit im Roman zu erachten; versteckt er sich doch ansonsten lediglich in einer Randfigur. Bei Juliette Martens hingegen lässt Mann seiner insofern nahezu ausnahmslos boshaften Fantasie völlig freien Lauf.

    Weshalb Erika Mann dennoch Manga Bell als Referenz für die Figur der Juliette Martens benannte, blieb ihr Geheimnis. Wenn es so war, wie sie behauptete; warum hatte sie nicht einfach geschwiegen, um der ihr bekannten Manga Bell diese quasioffizielle Herabwürdigung aus der Feder von Deutschlands angesehenster Literatenfamilie zu ersparen?

    Andrea Manga Bell (1902-1985) was the daughter of afro-Cuban classical pianist and composer José Manuel Jiménez-Berroa (1851-1917) and his German wife. They lived in Hamburg. She was the first wife of Alexandre Douala Manga Bell, later King of the Douala people (Cameroon) pic.twitter.com/xzPEHjKfNc
    — John-E Matip Eichler (@John_Eichler) November 29, 2017

    Über das Verhältnis der Mann-Geschwister, Erika und Klaus, zu Manga Bell, und ob es ein solches überhaupt gab, ist nichts bekannt; lediglich, dass sie sich kannten. Bloße Indifferenz gegenüber Manga Bell als Erklärung für das Outing erscheint angesichts der herabwürdigenden, größtenteils tierhaften Darstellung von Juliette Martens wenig plausibel; bei Erika Mann selbst wie auch bei ihrem Bruder, der als Autor all seine schriftstellerischen Fähigkeiten aufgebracht hatte, um seine afrodeutsche Romanfigur zu entmenschlichen, aus ihr einen Affen zu machen; und zwar im wörtlichen Sinne.

    «Wenn sie grinsend kaut und sich dazwischen behaglich am Hinterkopf kratzt, sieht sie einem großen Affen zum Verwechseln ähnlich.» [Seite 204; s. Anm. 2]

    Ursprünglich war es der Schriftsteller Hermann Kesten gewesen, der Mann im Amsterdamer Exil vorgeschlagen hatte, einen Roman über einen im Geheimen schwulen Karrieristen des dritten Reichs zu schreiben. Mann hatte zunächst gezögert, bis ihn der Verleger Fritz H. Landshoff mit einem Brief doch überzeugen konnte:

    «Ich finde - trotz allem den Kestenschen Vorschlag gut. Lass den Mann nicht schwul sein - es muss ja kein Gründgens werden - sondern irgendein «Karrierist»; das gäbe einen guten Zeitroman.» 4

    So ersetzte Mann die verbotene sexuelle Ausrichtung mit dem, was - seit 1935 gleichfalls untersagt - als „Rassenschande" bezeichnet worden war und entwickelte, vom Konflikt mit der offenen Inklusion seiner eigenen Homosexualität befreit (wobei das aus seiner Sicht, ähnlich wie im Stefan-George-Kreis, wohl keinen Makel, sondern im Gegenteil eher eine elitäre Erhöhung dargestellt hätte), die Nebenfigur der afrodeutschen Juliette Martens - Hure und Geliebte des (jetzt heterosexuellen) Karrieristen Hendrik Höfgen.

    Wunderbar möchte man meinen. Vor allem beim Gedanken an die meisterliche, Oscar-prämierte Verfilmung von István Szabó aus dem Jahr 1981; mit der wunderbaren und -schönen Karin Boyd in der Rolle der Juliette Martens, mit Klaus Maria Brandauer als Hendrik Höfgen sowie Rolf Hoppe als Ministerpräsident (Hermann Göring).

    Karin Boyd als ’Juliette Martens’ in der meisterlichen, Oscar-prämierten Verfilmung des Klaus-Mann-Romans ’Mephisto’ von István Szabó aus dem Jahr 1981 mit Klaus Maria Brandauer als ’Hendrik Höfgens’ und Rolf Hoppe als ’Ministerpräsident’ (Hermann Göring) https://t.co/55TWWaV2DSpic.twitter.com/Xba7iyBMaa
    — John-E Matip Eichler (@John_Eichler) November 28, 2017

    Doch die Juliette Martens Szabós hatte bis auf die Handlung rein gar nichts mit Manns Romanfigur zu tun; wie diese wiederum keinerlei Bezug zu der von Erika Mann ins Spiel gebrachten angeblichen realen Vorlage, Manga Bell, hatte. Ohne Szabós Film und Boyds Interpretation der Juliette Martens zuvor gesehen zu haben, hätte ich Manns Roman aber spätestens im zweiten Kapitel zur Seite gelegt (oder in den Müll geschmissen) und mir seine fantasiereichen Auslassungen mit all den Boshaftigkeiten erspart, die bei jedem Rassisten zu Schenkelklopfern geführt haben müssen. Und ohne den Verweis von Erika Mann auf Manga Bell wäre dieser Text, der als eine Verteidigung Letzterer zu verstehen ist, niemals entstanden, sondern Klaus Manns Juliette Martens hätte meinetwegen das bleiben können, was sie letztlich war ... eine dieser wüsten exotisch-erotischen Fantasien.

    War es der Zeitgeist in dieser kolonialen Endphase Europas, der Klaus Mann animierte und seine sicher progressive Leserschaft keinen Anstoß an der Entmenschlichung der Romanfigur Juliette Martens nehmen ließ ... auch nicht Jahrzehnte nach der ersten Veröffentlichung 1936 ... im Grunde bis heute nicht?

    «Negerin war sie nur von der Mutter her - ihr Vater war ein Hamburger Ingenieur gewesen -; aber die dunkle Rasse hatte sich stärker erwiesen als die helle (...) Die Farbe ihrer rauhen, stellenweise etwas rissigen Haut war dunkelbraun, an manchen Partien - zum Beispiel auf der niedrigen, gewölbten Stirne und auf den schmalen, sehnigen Handrücken - fast schwarz. (...) über den starken, brutal geformten Backenknochen lag das künstliche Hellrot wie ein hektischer Schimmer. (...) Hingegen hatte sie den wulstigen Lippen die natürliche Farbe gelassen. (...) In ihrem Gesicht, das von den blitzenden Zähnen beherrscht war, bemerkte man zunächst gar nicht die Nase; wie flach und eingedrückt sie war, erkannte man erst bei genauerem Hinschauen. Diese Nase schien in der Tat so gut wie nicht vorhanden; sie wirkte nicht wie eine Erhöhung inmitten der wüsten und auf schlimme Art attraktiven Maske; eher wie eine Vertiefung. Für Juliettes höchst barbarisches Haupt hätte man sich als Hintergrund eine Urwaldlandschaft gewünscht (...) Es war keineswegs die krause schwarze Mähne, die man zu dieser Stirne, diesen Lippen passend gefunden hätte (...)» [Seiten 70f.]

    «(...) so war ihre verstorbene Mutter (...) von rein fürstlichem Blute gewesen: Tochter eines (...) von seinen Feinden verspeisten Negerkönigs.» [Seite 72]

    «Wenn sie grinsend kaut und sich dazwischen behaglich am Hinterkopf kratzt, sieht sie einem großen Affen zum Verwechseln ähnlich.» [Seite 204]

    «Auf ihrer niedrigen Stirne, die zu zwei kleinen Buckeln gewölbt war, lag drohender Ernst.» [Seite 282]

    Manga Bell, die vermeintliche reale Vorlage für die Romanfigur Juliette Martens, wurde als Andrea Mina Emma Jiménez-Berroa am 27. Januar 1902 in Hamburg geboren und wuchs dort auf. Ihr Vater war der afro-kubanische klassische Pianist und Komponist José Manuel Jiménez-Berroa (1855-1917), Sohn von José Julián Jiménez (1833-1890), der 1849 am Konservatorium Leipzig (heute: Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy") Violine, Klavier und Komposition studiert hatte und anschließend für einige Zeit Mitglied des Leipziger Gewandhausorchesters gewesen war. Im Alter von achtzehn Jahren hatte auch Jiménez-Berroa 1869 begonnen, wie zwanzig Jahre zuvor sein Vater, am Konservatorium in Leipzig Piano bei Ignaz Moscheles, einem Freund Felix Mendelssohn Bartholdys, und Komposition bei Carl Reinicke, dem Leiter des Leipziger Gewandhausorchesters, zu studieren. Nach weiteren Studien in Paris und einer zwischenzeitlichen Rückkehr nach Kuba ließ er sich schließlich in Hamburg nieder und heiratete. Gemeinsam mit Manga Bells deutscher Mutter Emma Mina (geb. Filter) hatte Jiménez-Berroa neben Andrea zwei weitere Kinder (Manuela und Adolpho). Der Vater verstarb 1917.

    José Manuel Jiménez-Berroa (1851-1917), afro-Cuban classical pianist and composer. At age 18 he came to Europa, studied in Leipzig and Paris, lived later in Hamburg with his wife Emma Mina (Filter) and his three children Manuela, Adolpho and Andrea. https://t.co/7K7OTyGn1lpic.twitter.com/EDjTKE7Mvg
    — John-E Matip Eichler (@John_Eichler) November 28, 2017

    Kurz nach dem ersten Weltkrieg im Alter von siebzehn Jahren lernte Andrea den fünf Jahre älteren Alexandre Douala Manga Bell kennen, der zu dieser Zeit Medizin in Kiel studierte. Dessen Vater Rudolf Duala Manga Bell war König der Douala, einer Volksgruppe in der damaligen deutschen Kolonie Kamerun, gewesen, aber 1914 von den Deutschen wegen vermeintlichen Hochverrats erhängt worden. Alexandre, der bereits 1901 im Alter von vier Jahren nach Deutschland gekommen war und am Kaiserhof eine klassisch preußische Erziehung genossen hatte, sprach Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch und Russisch, wie auch Lateinisch, Altgriechisch und Hebräisch. Nach einer umfassenden militärischen Ausbildung, im Rahmen derer er wegen „Rassenfragen" einmal mit Pistole und das andere Mal mit dem Säbel zwei Soldaten im Duell getötet hatte, war er Offizier des Ulmer Ulanen-Regiments gewesen und hatte im ersten Weltkrieg trotz der Exekution seines Vaters freiwillig für Deutschland gekämpft. Nach Kriegsende fiel ihm als erstgeborenem Sohn seines Vaters in Kamerun, das seit 1916 keine deutsche Kolonie, sondern ein dem Völkerbund unterstelltes französisches und britisches Mandatsgebiet war, eine besondere Bedeutung in den kolonialen Planungen Frankreichs zu.

    Das junge Paar lebte nach der Hochzeit 1920, Andrea trug nun den Namen ihres Mannes Manga Bell, in Frankreich, wo die beiden Kinder, José-Emmanuel und Andrea, geboren wurden. Die Ehe zerbrach schnell; wurde aber nie geschieden.

    Andrea Manga Bell kehrte mit ihren Kindern, die dann bei der verwitweten deutschen Großmutter in Hamburg lebten, nach Deutschland zurück und arbeitete in Berlin u.a. als Redakteurin für die Kunstzeitschrift Gebrauchsgraphik, wo sie Ende der 1920er Jahre den österreichisch-jüdischen Journalisten und Schriftsteller Joseph Roth kennenlernte, mit dem sie 1933 ins Ausland emigrierte und später u.a. in Nizza gemeinsam mit den beiden Kindern lebte. Die familiäre Verantwortung überforderte Roth vor allem in finanzieller Hinsicht, worüber er sich im Freundes- und Bekanntenkreis regelmäßig beschwerte. Von der Tochter Andrea Manga Bell, später verheiratete Andrea Rebuffé, ist Roths Aussage überliefert:

    «Ich muss einen Negerstamm von neun Personen ernähren!» 5

    Die Beziehung endete 1936; Roth starb alkoholkrank drei Jahre später in Paris. Von da an war Manga Bell mit ihren Kindern auf sich allein gestellt.

    Alexandre Douala Manga Bell (1897-1966), Sohn des Douala-Königs Rudolf kam mit 4 Jahren nach Deutschland und erhielt eine klassisch preußische Erziehung am Kaiserhof. Nach dem 1. WK studierte er in Kiel Medizin. Später war er Abgeordneter im Parlament der 4. Französischen Republik pic.twitter.com/OiJzXMjbrF
    — John-E Matip Eichler (@John_Eichler) November 28, 2017

    Manga Bells Ehemann Alexandre, der in dieser Zeit kaum Unterhalt zahlte, musste lange Zeit um sein Erbe und seine Position in Kamerun vor französischen Gerichten kämpfen. Seine persönliche Situation verbesserte sich nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wesentlich. Denn er war, unter Mitwirkung Frankreichs, zu einem der beiden Vertreter Kameruns als Abgeordneter ins französische Parlament der Vierten Republik gewählt worden. Das Verhältnis zu seiner Ehefrau und ihren Kindern blieb gleichwohl zeitlebens gestört und gipfelte, einer griechischen Tragödie gleichend, darin, dass Alexandre seinen Sohn und offiziellen Nachfolger José-Emmanuel, der ihn in Kamerun besucht hatte, am 15. September 1947 im Prinzenpark von Bali, einem Stadtteil von Douala, eigenhändig erschoss. Hintergrund dieser niemals aufgeklärten Tat waren höchstwahrscheinlich Fragen der Erbfolge gewesen. Bereits bei seinem Vater Rudolf Duala Manga Bell hatte es mehr als zwei Jahre gedauert, bis er als Oberhaupt von seiner Volksgruppe anerkannt worden war. Und bei Alexandre kam hinzu, dass Gerüchte kursierten, er sei während der Zeit der deutschen Besetzung Frankreichs ein Unterstützer von Pétain und des Vichy-Regimes gewesen, was in der Nachkriegsfrankophonie mit Hochverrat gleichzusetzen gewesen wäre. Jedoch waren die Prioritäten im zusammenbrechenden französischen Kolonialreich andere, weshalb Alexandre Douala Manga Bell seinen Abgeordnetensitz nicht verlor und während der gesamten Dauer der Vierten Republik bis 1958 im französischen Parlament verblieb.

    Andrea Manga Bell kam niemals über den Verlust ihres Sohnes hinweg, versuchte über Jahre, ihren Ehemann zur Rechenschaft zu ziehen und beging später den Fehler, dem Spiegel ein Interview zu geben, der bzw. dessen Autor dann in dem Artikel «Weißer Mann immer schlecht» vom 24. August 1950 6, wie zuvor Klaus Mann mit seiner Romanfigur Juliette Martens, nichts unversucht ließ, sie erneut zynischer Lächerlichkeit preiszugeben:

    «Den letzten Knick bekam ihr lädiertes Königinnen-Dasein vor einigen Monaten, als zwei Gewehrkugeln aus Manga Bells Scharfschützengewehr ihren Lieblingssohn töteten. Leise tröpfelte von ihren faltigen Lippen die ganze Unglücksgeschichte.»

    «Nach Rudolf Bells Strangulierung am 8. August 1914 hatte es sich ausgebellt.»

    «An der europäischen Zivilisation indessen stießen sich Andreas Kinder bei ihrer Großmutter in Hamburg.»

    «Das Buschmannsblut war oft stärker als die zivilisatorische Tünche.»

    Es ist beklemmend, in diesen Dokumenten nach Angaben zu suchen und dabei den Ungeist ertragen zu müssen, um eine Geschichte von der entwürdigenden Perzeption zu befreien, die schlicht so lautete:

    Andrea Manga Bell war eine berufstätige alleinerziehende afrodeutsche Frau. Ihre Mutter war Ostfriesin und ihr Vater afro-kubanischer klassischer Pianist und Komponist. Andrea wuchs mit ihren beiden Geschwistern in Hamburg auf, führte ein kurze unglückliche Ehe in Frankreich, kehrte nach Deutschland zurück, um dann wegen der Machtergreifung der Nazis endgültig zu emigrieren. Sie brachte ihre Kinder durch die Wirren der Nazizeit und des zweiten Weltkrieges, verlor kurz danach jedoch ihren Sohn José-Emmanuel auf tragische Weise. Am 10. Oktober 1985 starb sie im Alter von 83 Jahren in Paris.

    _______

    1 Dialog aus dem Roman «Verbotenes Land», John Eichler, ISBN: 978-3-9819325-0-8 | 2 Alle nachfolgenden [Seitenangaben] der Buchzitate beziehen sich auf: Klaus Mann, Mephisto. Roman einer Karriere, Rowohlt-Taschenbuch 11. Auflage (2006), ISBN: 978-3499227487 | 3 Vgl. Eberhard Spangenberg, Karriere eines Romans - Mephisto, Klaus Mann und Gustaf Gründgens / Ein dokumentarischer Bericht aus Deutschland und dem Exil 1925-1981 (1982), Seite 108 | 4 Unveröffentlichter Brief von Fritz H. Landshoff an Klaus Mann vom 28.11.1935, Handschriftensammlung der Monacensia, Stadtbibliothek München | 5 David Bronsen, Joseph Roth. Eine Biographie, 1. Auflage (1974), Seite 466 | 6 Der Spiegel, Artikel «Weißer Mann immer schlecht» vom 24. August 1950, Seiten 19-22

    #Allemagne #France #Cameroun #histoire #journalisme #lettres

  • The Royal Pretender : Prince Douala Manga Bell in Paris, 1919-1922. - Persée
    https://www.persee.fr/doc/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648

    https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0339_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0340_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0341_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0342_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0343_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0344_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0345_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0346_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0347_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0348_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0349_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0350_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0351_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0352_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0353_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0354_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0355_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0356_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0357_0000_710.jpg https://www.persee.fr/renderPage/cea_0008-0055_1974_num_14_54_2648/cea_0008-0055_1974_num_14_54_T1_0358_0000_710.jpg

    #Cameroun #France #histoire

  • Weißer Mann immer schlecht
    https://www.spiegel.de/politik/weisser-mann-immer-schlecht-a-f8ca9ce2-0002-0001-0000-000044449496
    Cet article est un exemple pour l’écriture nazie dans le contexte de la revue Der Spiegel. Son éditeur revendiquait pour sa publication le titre honorifique « Sturmgeschütz der Demokratie » (canon d’assaut de la démocratie) mais un bon nombre de ses journalistes étaient d’anciens nazis. L’auteur inconnu raconte sur un ton présomtueux l’histoire de l’épouse du roi du #Cameroun Andrea Manga Bell.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Andrea_Manga_Bell

    23.8.1950, aus DER SPIEGEL 34/1950

    Andrea Manga Bell, ins proletarische Elend gesunkene braune Königin von Duala, bemüht in Paris jede Woche erneut die Gerichte, um den Mörder ihres Sohnes Manga Manga Bell vor den Kadi zu bringen.

    Zum Mörder wurde ihr ehelich angetrauter Königsgatte Manga Bell, Erzeuger des José Emanuel Manga Manga, heute Abgeordneter der französischen Nationalversammlung und UN-Delegierter für Kamerun. Verstoßene Königin Andrea, in Hamburg geborene Jeminez, Tochter eines Mulatten aus Kuba und einer deutschen Mutter, lebt seit 30 Jahren von ihm getrennt. Die exotische Mischehe hielt nicht, obwohl sie ein Geistlicher in Hamburg 1920 würdevoll eingesegnet hat.

    Den letzten Knick bekam ihr lädiertes Königinnen-Dasein vor einigen Monaten, als zwei Gewehrkugeln aus Manga Bells Scharfschützengewehr ihren Lieblingssohn töteten. Leise tröpfelte von ihren faltigen Lippen die ganze Unglücksgeschichte.

    1919 war der heutige UN-Delegierte Manga Bell zum erstenmal ins bürgerliche Jeminezhaus in Hamburg geschneit. Onkel Adolpho Jeminez, der heute in Hamburgs Sierichstraße mit Kakao handelt, erinnert sich noch dunkel daran, wie der schwarze Kavalier mit guten Manieren seine Aufwartung machte. Der Dualafürst hatte nach Kriegsende sein Medizinstudium in Kiel wieder aufgenommen und machte nun der braunen Schönheit Andrea die Cour.

    »Wie ich später erfuhr, hatte er einen Empfehlungsbrief gefälscht, um in unsere Familie einzudringen und mit mir Bekanntschaft zu machen«, weiß Andrea heute. Die guten Manieren hatte er vor dem Krieg auf der Fürstenschule in Putbus auf Rügen gelernt, wo er zusammen mit Söhnen anderer gekrönter Häupter auf hoffähigen Benimm gedrillt wurde. Sein Debut gab Manga Bell bereits 1904 bei Hof, wo ihn Wilhelms II. Hofdamen verzärtelten. Der »Simplizissimus« widmete dem Negerlein eine ganze Nummer.

    Das war zu Beginn der deutschen Kolonialpolitik in Afrika, zwei Jahrzehnte nachdem Gustav Nachtigal, damals Generalkonsul in Tunis, auf dem deutschen Kanonenboot »Möve« nach Kamerun gestartet war - im Konkurrenzkampf mit den Engländern, die schon an mehreren Küstenplätzen Westafrikas den Union-Jack aufgepflanzt hatten.

    Am 12. Juli 1884 landete Gustav Nachtigal mit Staatsrechtler Dr. Buchner in Bimbra, wo Handelspionier C. Woermann bereits eine Faktorei eingerichtet hatte. Dort beugte sich Oberhäuptling King Bell, Großvater des UN-Delegierten Manga Bell, samt seinen 600 Frauen, 998 Kindern und 15000 wehrhaften Dualas unter die deutsche Oberhoheit, die ihm Gustav Nachtigal angetragen hatte.

    Sein Thronfolgersohn Rudolf Bell wurde Rebell. Der deutsche Gouverneur von Kamerun ließ ihn 1914 am Hanfstrick aufhängen, weil er eine Verschwörung angezettelt hatte. Er hatte eine Geheimbotschaft an den »Großen Graslandhäuptling« Njoja von Banum gesandt und ihn aufgefordert, die deutsche Kolonialherrschaft abzuschütteln.

    Nach Rudolf Bells Strangulierung am 8. August 1914 hatte es sich ausgebellt. Die trauernde Witwe tröstete der Gouverneur: »Wer sich wohlverhält, braucht sich nicht zu fürchten.«

    Wohlverhielt sich der zu dieser Zeit in Deutschland studierende Sohn des Aufrührers, Manga Bell. Er ließ sich von deutschen Unteroffizieren auf dem Kasernenhof der Rendsburger Ulanen das Laden und Sichern beibringen und kämpfte als Kriegsfreiwilliger treu für Kaiser und Reich. Seine Heimat am 8 km breiten Wurifluß hatten Ende September schon die Engländer besetzt. Nach Versailles kamen Wuri und Dualas unter die französische Kolonialherrschaft.

    Aber die Franzosen legten großen Wert darauf, zur Befriedung des unruhigen schwarzen Stammes Manga Bell wenigstens der Form nach in die Rechte eines »Königs von Duala« einzusetzen, obwohl Manga Bell auf der deutschen Seite gekämpft hatte.

    So bekam denn der schwarze Medizin-Student, kurz nachdem die 17jährige Andrea Jeminez seinem stürmischen Liebeswerben nachgegeben und in die Ehe eingewilligt hatte, eines Tages vom Pariser Kolonialministerium die offizielle Offerte, nach Frankreich zu kommen und seine Dualas regieren zu helfen.

    »Nach unserer Reise nach Paris wohnten wir zunächst in Sèvres, wo ich am 11. Januar 1920 José Emanuel Manga Manga das Leben schenkte«, erzählt die verstoßene Andrea. »Der Junge wurde fortan als künftiger Thronfolger Manga Manga genannt. Ein Jahr später folgte ein Töchterlein, das, wie ich selbst, Andrea getauft wurde. Wir nannten es aber im Familienkreis Tüke. Kaum war meine Tochter auf die Welt gekommen, als mich mein Gatte verließ und nach Kamerun fuhr, wo er den größten Teil seiner Erbschaft den neuen Herren des Protektorates verpfändete, um die Mittel zu haben, sein schon in Paris begonnenes ausschweifendes Leben mit anderen Frauen, schwarzen und weißen, fortzusetzen.

    »Ich aber hatte oft nicht das Geld, um meinen Kindern Milch zu kaufen. Der Königin-Traum war eine Farce - ich konnte diese Illusion höchstens auf der Bühne dann und wann fortsetzen - als Schauspielerin. Angeborene und fortgebildete künstlerische Talente verschafften mir Brot. Nicht nur auf der Bühne, sondern auch in Reklamebüros. Zeitweise war ich eine gefragte Gebrauchsgraphikerin. Dann lernte ich den in Paris lebenden Schriftsteller Joseph Roth kennen und wurde seine Sekretärin und Begleiterin.«

    Roth, der, wie sein großes Idol Heinrich Heine, Esprit mit Sarkasmus verband, hat der Mulattin offenbar sehr nahe gestanden. Acht Jahre war sie seine Gefährtin und tippte ihm das Maschinenskript seines zwielichtigen Romans »Hiob«, die Schicksalsgeschichte einer jüdischen Familie bei ihrem Zusammentreffen mit der amerikanischen Zivilisation.

    An der europäischen Zivilisation indessen stießen sich Andreas Kinder bei ihrer Großmutter in Hamburg. Dorthin hatte Andrea den Manga Manga und Tüke gebracht, als sie Roth auf Reisen nach Nizza und anderen Orten der Cête d’azur begleitete. Die beiden Sprößlinge des Afrikaners machten es der alten Frau nicht leicht. Ihretwegen mußte sie in die Außenbezirke am Glindweg ziehen, aber auch dort pflegten José und Tüke die Reste ihrer Mahlzeit ohne besondere Umstände geradewegs aus dem Fenster zu werfen.

    Das Buschmannsblut war oft stärker als die zivilisatorische Tünche. Großmutter Jeminez prügelte sie den mehr schwarzen als braunen Enkeln immer wieder ein. Noch heute erinnert sich Tüke, daß die jähzornige Grandmère sie mit dem ersten besten Gegenstand verbläute - sogar mehrmals mit dem auf dem Tisch liegenden Schwarzbrot.

    Aber in der Schule waren die beiden Rangen sehr aufgeweckt und wissensdurstig. Manga Manga besuchte die von der Hamburger Universität aufgezogene Fortschrittsschule »Thielo-Süd«, auf der außer Fremdsprachen auch Schach- und Schauspiel-Unterricht gegeben wurde. Nach der Art der sowjetischen Musterschulen gab es hier keinen festen Lehrplan, keine Zeugnisse, kein Sitzenbleiben. Die Lehrer wurden von den Schülern geduzt. Der gesamte Unterricht wurde frei gestaltet.

    »Hier in einer Klasse zusammen mit Manga Manga wurde ich Zeuge seiner verblüffenden Intelligenz und seiner spielenden Auffassungsgabe. Groß war sein schauspielerisches Talent in Schüleraufführungen wie Erich Kästners: ’Emil und die Detektive’«, attestiert noch heute ein Mitschüler und Freund des verblichenen Duala-Prinzen.

    Beim »Nerother Wandervogel« waren Manga Manga und seinesgleichen gut aufgehoben. Hamburger Jugendführer Werner Hellwig, Mitglied der Landstreicherorganisation »Toddy« und Schriftsteller (Bücher: »Im Dickicht des Pelion«, »Raubfische in Hellas« u.a.m.), brachte die beiden Königskinder dann bei Bürgersleuten unter, als die alte Großmutter nur noch prügelte.

    Die bündische Jugendgruppe ersetzte ihnen oft Vater und Mutter. Oberste Wandervögel waren die Gebrüder Robert und Karl Olbermann. Karl hatte ein Holzbein, mit dem er sich sogar bis ins Vorgebirge des Kaukasus wagte.

    Andrea aber wagte sich nur selten nach Hause zu ihrer Mutter und zu den Kindern. Wenn sie einmal kam und Schriftsteller Roth sich selbst und der Trinkleidenschaft überließ, dann verfehlte sie nicht, vor allem Manga Manga darauf aufmerksam zu machen, wie schändlich sein Vater an ihnen allen handele.

    Der schwarze Gentleman war mehr am Montmartre als in Bimbra am Wuri-Fluß, schickte keinen Unterhaltspfennig, weigerte sich aber auch, in die Scheidung einzuwilligen, falls Frau Andrea ihm nicht vorher beide Kinder freiwillig überlasse.

    Die Anklagen der Mutter fraßen sich fest in den Kinderseelen, vor allem bei dem Jungen. Sie verhärteten sich in ihm zu einem Komplex der Abneigung gegen seinen leiblichen Vater, den er mit Bewußtsein nie kennengelernt hatte, von dem er nur immer hörte, daß er ein Unmensch, Ladykiller, Herumtreiber und Saufaus sei. »Ich stelle ihn mir immer wie einen rucksacktragenden Affen vor«, sagte er einmal zu seinen Freunden vom Wandervogel.

    Er mußte sie und das altvertraute Hamburg verlassen, als Andrea (die Kinder sagten nie Mutter zu ihr, sondern nannten sie immer nur mit Vornamen) gleich nach Neujahr 1933 aus Josef Roths Schweizer Bungalo drahtete: »Sofort abreisen!« Dann folgten Treffpunkt, Verabredung und Geld.

    In kluger Witterung der mit dem bevorstehenden NS-Regime ausbrechenden Rassenverfolgung holte die Mutter ihre Kinder zu sich und verließ bald darauf den inzwischen völlig dem Alkoholexzeß verfallenen Literaten Roth. Es sei schließlich so schlimm mit ihm gewesen, daß er trotz seiner jüdischen Herkunft »Antisemit« geworden sei und nur noch mit Aristokraten und Nationalisten verkehren wollte. Mit 44 Jahren starb der begabte Autor des Romans »Radetzky-Marsch« an Delirium tremens.

    Andrea drückte ihm nicht die Augen zu. Sie hatte die Auflösung nicht mehr mit ansehen können, war mit ihren Kindern nach Paris gezogen und lebte dort in ärmlichsten Verhältnissen.

    Aus dem Nerother Wandervogel Manga Manga wurde bald ein vagabundierender Zugvogel. In einem Brief an seinen deutschen Freund schreibt er am 7. 9. 46 selbst über diese Zeit:

    »Mit 16 bin ich aus der Schule raus, und fast sofort fing ich an zu bummeln. Dabei arbeitete ich zeitweise in einer Fabrik. Dann machte ich nichts, überhaupt nichts, und daraus ist inzwischen ein großes Nichts geworden. Im Sommer 39 habe ich mich mit Andrea verzankt und habe sie und Tüke allein gelassen. Lebte erst bei einer Freundin, und als diese mit ihren Kindern nach Kriegsausbruch abgeschoben wurde, neun Monate mit einer anderen und arbeitete während dieser Zeit in einer Rüstungsfabrik.

    »Dann kamen die Deutschen, und ich flüchtete zusammen mit meinem Unternehmer nach Südfrankreich. Dort machte ich mich im Sommer 40 mit dem Fahrrad auf Tour. Es war sehr schön. Schließlich strandete ich an der Schweizer Grenze, wo ich den Winter über blieb und ging dann mit drei Freunden schwarz über die Grenze. Wir wollten versuchen, übers englische Konsulat nach England zu kommen. Leider klappte es nicht. Wir wurden ausgewiesen.

    »Wieder in Frankreich lebte ich in einem kleinen Hafen am Mittelmeer, wo dann unerwarteterweise mein Vater nach mir suchen ließ. Er war im Senegal, konnte anscheinend nicht nach Kamerun zurück, wo die Gaullisten waren.)

    ) Frau Andrea behauptet, daß Manga Bell während der deutschen Okkupation Pétain die Stange gehalten habe und vichytreu gewesen sei. Deshalb konnte und wollte er wohl auch nicht zu de Gaulle. »Ich lebte also eine Zeitlang mit meinem bis dahin mir unbekannten Vater mitten im Busch, wurde dann, als ganz Afrika mit den Angelsachsen stand, eingezogen und kam mit der französischen Armee wieder nach Frankreich. Bei meinem ersten Besuch bei Andrea und Tüke wurde ich krank. Blinddarm mit schwerer Bauchfell-Entzündung. Zurück blieb ein Abzeß auf der Lunge. Nach einem Jahr Krankenhaus desertierte ich dann. Da mein Vater aber als Deputierter (Du weißt doch, was das ist? Ungefähr Reichstagsabgeordneter) nach Paris kam, wurde die Sache beigelegt.

    »Mein Vater ist ziemlich reich, er häufte alles über mich und ließ mich bummeln, wie ich wollte. Bis ich jetzt in Davos im Sanatorium gelandet bin. Ich bin mit meinen 26 Jahren ein alter Verlebter - un viveur. Augenblicklich bin ich Prinz und lebe von meinem Vater und da sehe ich so richtig, von wem ich alle meine Fehler erbte ...

    »Als ich 33 Deutschland verließ, hatte ich alle Möglichkeiten vor mir. Ich habe sie nutzlos vertan. Vielleicht hätte ich doch ein bißchen länger von Grandmère in Hamburg erzogen werden müssen, wenn sie uns auch oft genug mit dem Kommißbrot verhauen hat. Erinnerst Du Dich an ihre Strenge? Sie ist 1940 - glaube ich - gestorben ...«

    Als der seinen Vater um drei Haupteslängen überragende Manga Manga, von vielen Mädchen geliebter Dauphin von Duala, endlich geheilt das Sanatorium Schatzalp bei Davos verlassen konnte, faßte er den festen Entschluß, seinen väterlichen Blutserbteil mit männlicher Selbstbeherrschung zu unterdrücken. Gesund und geläutert schloß er Mutter und Schwester in die Arme.

    Die beiden hatten inzwischen Schweres durchgemacht. Andrea wurde während des Krieges wegen ihrer Gestapo-bekannten Freundschaft zu Roth und anderen Emigranten vom SD gesucht. Sie tauchte in den Wäldern Nordfrankreichs unter, wo sie an einem Meiler arbeitete und Holzkohlen schwelte. Tüke war einige Monate als Offizierin in einem französischen Armeeverwaltungsstab gen Deutschland gezogen. Als sie dann nach Paris zurückkehrte, genoß sie die schönsten Tage ihres Lebens.

    »Ich gebe zu, daß mein Mann Manga Bell nicht ganz zurechnungsfähig ist,« urteilt Mutter Andrea heute über diese Tage. »Als er sich damals nach 25 Jahren zum ersten Male wieder bei uns sehen ließ, hat er ein Riesenfest veranstaltet - anläßlich der Hochzeit von Tüke. Zahlreiche Minister und Abgeordnete der MRP (Mouvement Républicain Populaire = Republikanische Volkspartei, der auch Robert Schuman und Georges Bidault angehören) nahmen daran teil, obwohl Tükes Gatte, Jaques Rebuffé, nur ein einfacher Mann ist.

    »Manga Bell ließ alle Gäste im Ueberfluß schwelgen. Allein der Empfang nach der Hochzeitszeremonie kostete 350000 Francs, die Fotos, die von dem jungen Paar gemacht wurden, 60000 Francs.

    »Während des Festessens sagte er zu mir, wir müßten wieder unsere Lebensgemeinschaft aufnehmen. Ich habe ihn ausgelacht. Mir imponieren weder sein Reichtum, noch seine drei großen Luxusautos. Jetzt hat er eine ältliche Senatorin zur Freundin, die nicht einmal die französische Orthographie beherrscht. Aber sie beherrscht ihn ...

    »Manga Bell ist nicht nur ein großer Lebemann, sondern auch ein hervorragender Reiter. Er renommiert oft mit seinem Vollbluthengst, auf dem er in die Bars hineinreitet. Tüke bekam eine fürstliche Mitgift von ihm. Davon gab sie ihrem Bruder 200000 Francs, um ihm einige Jahre später die verhängnisvolle Reise nach Duala zu ermöglichen ...«

    Bald nach der Ankunft des Erbprinzen in Duala krachten die tödlichen Schüsse aus dem väterlichen Gewehr. Manga hatte Manga Manga getötet. Die amtliche Nachrichtenagentur L’agence francaise meldete darüber in lakonischer Kürze:

    »Aus gut unterrichteter Quelle wird gemeldet, daß der Sohn des MRP-Deputierten aus Kamerun in der Nationalversammlung durch Gewehrschüsse getötet worden ist. Die Waffe war noch in den Händen des Vaters des Opfers. Man weiß nicht recht, ob es sich um einen Unglücksfall oder um einen Mord handelt.«

    »Es war ein Mord!« klagt die untröstliche Mutter Manga Bell an. »Ich fühle es, daß Manga Manga seinem Vater Vorhaltungen gemacht hat, weil er uns so schmählich behandelte. Bei seiner Abreise ließ er durchblicken, daß er manches mit ihm ins Reine bringen wolle. Als ich ihn bat, sein Vorhaben aufzugeben, hatte er nur eine verächtliche Geste: ’Hab keine Angst, es kann mir nichts geschehen, ich bin doch ein Sonntagskind.’ Nun ist er an einem Sonntag abgeknallt worden wie ein räudiger Schakal, von seinem eigenen Vater.

    »Bei Manga Bell saß immer das Schießeisen sehr locker. Schon in Deutschland hatte er zwei tödliche Duelle. Sein erstes Opfer war ein deutscher Hauptmann namens Kessler, den er wegen einer Rassenfrage forderte und der dann einem Bauchschuß erlegen ist. Den anderen hat er mit seinem Säbel zu Tode verletzt. Sein Gewehr trägt wie alle seine persönlichen Utensilien - von der Zigarettendose bis zur Unterhose - die Herrscherkrone über seinem Monogamm.«

    Die unglückliche Mutter fordert Sühne für den Tod ihres Sohnes, und auch das Rassemblement Démocratique Africain (linksgerichtete afrikanische Sammlungsbewegung) verlangte nach einem Gerichtsurteil und ließ Plakate drucken: »Maurice Thorez wurde von der Sitzung der Kammer ausgeschlossen, weil er einen jungen Burschen geohrfeigt hatte. Hingegen bleibt Manga Bell, der seinen Sohn kaltblütig ermordete, weiterhin Abgeordneter und Mitglied der MRP.!«

    »Die Erklärung dafür ist die, daß Frankreich unbedingt Ruhe in Kamerun braucht, Kamerun birgt reiche Schätze an Uran,« glaubt Andrea zu wissen. »Man will die Eingeborenen, die Manga Bell auf seiner Seite hat, nicht gerade jetzt aufrührerisch machen. Deshalb hat auch das Kolonial-Ministerium den Mord als Bagatelle behandelt.«

    Dennoch blieb er nicht der großen Sippe des alten King Bell, die heute in zahlreichen europäischen Ländern verstreut lebt, verborgen, auch die in der deutschen Diaspora lebenden Nachkommen der 600 Bell-Frauen, bekamen Witterung von dem Prinzenmord. Sie sind auf Manga Bell nicht gut zu sprechen, weil er die Schätze der alten Heimat am Wuri restlos den Weißen auslieferte, um sich ein vergnügtes Leben zu machen, während sie sich in der Fremde durchschlagen müssen.

    So auch Mangas Vetter Tom Bell. Musikstar der Westberliner »Pinguin«-Bar (siehe Titel), die zur Zeit auf Westerland gastiert. Nach Mitternacht, wenn keiner der sambamüden Badegäste ein Bein mehr aufs Parkett bekommt, springt Tom auf seinen Musikantenstuhl und trommelt mit krausen Jazzrhythmen die schwitzenden Paare wieder wach.

    Dann läßt Tom seine in zehn Semestern TH-Studium in München wohlerworbenen zivilisatorischen Hemmungen fahren und entlockt der Jazztrommel die alten kriegerischen Signale der Dualas, wie er sie von seinem Vater gelernt hat. Der war ein Halbbruder des hingerichteten Rudolf Bell.

    Erinnert man Tom an Duala, wird er böse. »Wenn ich wollte, könnte ich nach Hause fahren. Ich verstehe mehr von Kolonialpolitik als mancher Kolonial-Minister. Ich bin weder Deutscher, noch Franzose, sondern Kameruner.«

    Aber nur nach Mitternacht spricht Tom von Politik. Tagsüber ist er verschlossen und knurrig, selbst gegenüber seinen schwarzen Kollegen von der Pinguin-Bar, die sich aus den 45 schwarzen und braunen Mitgliedern der Berliner afrikanischen Kolonie rekrutieren. Mit dem vollbusigen schwarzen Star Sylvia im Präsidial-Ausschuß.

    Die meisten von ihnen wohnen im Ostsektor und stehen auch ideologisch auf seiten des Ostens, wenn auch nicht alle eingeschriebene Mitglieder der SED sind, wie Toms entfernter Verwandter Gijm Bell, der in der Bar in grellrotem Kaftan den stärksten Nachtbar-Kaffee braut und den bakschischgeizigen Nachtfaltern nachruft: »Weiße Mann waren zu Neger immer schlecht. Deshalb müssen Neger ja alle Kommunisten sein ...«

    Bleigießen nennen Kenner die feierliche Prozedur, mit der Gijm seinen Mokka auf Holzkohlenfeuer zubereitet. Er hat sich als Filmstatist letztens in »Nächte am Nil« und als Preisringer in Wien und Berlin durch die mitteleuropäischen Emigrantengefilde geschlagen.

    Lesen und schreiben hat er dabei nicht gelernt, deshalb mußte ihm Tom Bell vortrommeln, was in Duala geschah und was die Briefe aus Paris und Bimbra meldeten, daß Manga Bell den Manga Manga Bell erschossen hat.

    Voici ce que DeepL sait en faire.

    Homme blanc toujours mauvais
    23.8.1950, DER SPIEGEL 34/1950

    Andrea Manga Bell, reine brune de Duala tombée dans la misère prolétarienne, saisit à nouveau chaque semaine les tribunaux parisiens pour faire comparaître devant le cadi l’assassin de son fils Manga Manga Bell.

    C’est son époux légitime, Manga Bell, géniteur de José Emanuel Manga Manga, aujourd’hui député à l’Assemblée nationale française et délégué des Nations unies pour le Cameroun, qui est devenu son meurtrier. Reine répudiée Andrea, née Jeminez à Hambourg, fille d’un mulâtre de Cuba et d’une mère allemande, vit séparée de lui depuis 30 ans. Le mariage mixte exotique n’a pas duré, bien qu’un ecclésiastique de Hambourg l’ait dignement béni en 1920.

    La dernière entorse à son existence de reine abîmée a eu lieu il y a quelques mois, lorsque deux balles du fusil de sniper de Manga Bell ont tué son fils préféré. Ses lèvres ridées se sont mises à dégouliner doucement de toute cette histoire de malheur.

    En 1919, l’actuel délégué de l’ONU Manga Bell s’est rendu pour la première fois dans la maison bourgeoise de Jeminez à Hambourg. L’oncle Adolpho Jeminez, qui fait aujourd’hui le commerce de cacao dans la Sierichstrasse à Hambourg, se souvient encore obscurément de la façon dont le cavalier noir aux bonnes manières lui avait présenté ses respects. Le prince duala avait repris ses études de médecine à Kiel à la fin de la guerre et faisait maintenant la cour à la beauté brune Andrea.

    "Comme je l’ai appris plus tard, il avait falsifié une lettre de recommandation pour s’introduire dans notre famille et faire ma connaissance", sait Andrea aujourd’hui. Avant la guerre, il avait appris les bonnes manières à l’école princière de Putbus sur l’île de Rügen, où il avait été formé aux bonnes manières avec les fils d’autres têtes couronnées. Manga Bell a fait ses débuts à la cour dès 1904, où les dames de la cour de Guillaume II l’ont taquiné. Le "Simplizissimus" a consacré un numéro entier au petit nègre.

    C’était au début de la politique coloniale allemande en Afrique, deux décennies après que Gustav Nachtigal, alors consul général à Tunis, se soit envolé pour le Cameroun sur la canonnière allemande "Möve" - en concurrence avec les Anglais, qui avaient déjà planté l’Union Jack sur plusieurs côtes d’Afrique de l’Ouest.

    Am 12. Juli 1884 landete Gustav Nachtigal mit Staatsrechtler Dr. Buchner in Bimbra, wo Handelspionier C. Woermann bereits eine Faktorei eingerichtet hatte. Dort beugte sich Oberhäuptling King Bell, Großvater des UN-Delegierten Manga Bell, samt seinen 600 Frauen, 998 Kindern und 15000 wehrhaften Dualas unter die deutsche Oberhoheit, die ihm Gustav Nachtigal angetragen hatte.

    Son fils héritier du trône, Rudolf Bell, devint un rebelle. En 1914, le gouverneur allemand du Cameroun le fit pendre à la corde de chanvre pour avoir fomenté un complot. Il avait envoyé un message secret au "Grand chef des prairies" Njoja von Banum, lui demandant de se débarrasser de la domination coloniale allemande.

    Après l’étranglement de Rudolf Bell le 8 août 1914, il avait aboyé. Le gouverneur a consolé la veuve éplorée : "Celui qui se comporte bien n’a rien à craindre".

    Le fils de l’insurgé, Manga Bell, qui étudiait à l’époque en Allemagne, s’est bien comporté. Il s’est fait enseigner par des sous-officiers allemands dans la cour de la caserne des Ulans de Rendsburg comment charger et sécuriser et s’est battu fidèlement pour l’empereur et l’empire en tant que volontaire de guerre. Fin septembre, les Anglais occupaient déjà sa région natale, située au bord de la rivière Wuri, large de 8 km. Après Versailles, Wuri et Dualas passèrent sous la domination coloniale française.

    Mais les Français tenaient beaucoup, pour pacifier la tribu noire turbulente, à placer Manga Bell, au moins dans la forme, dans les droits d’un "roi de Duala", bien que Manga Bell ait combattu du côté allemand.

    C’est ainsi que peu de temps après que la jeune Andrea Jeminez, âgée de 17 ans, eut cédé à son amour fou et consenti à son mariage, l’étudiant en médecine noir reçut un jour une offre officielle du ministère des colonies parisien pour venir en France et aider à gouverner ses dualas.

    "Après notre voyage à Paris, nous avons d’abord habité à Sèvres où, le 11 janvier 1920, j’ai donné la vie à José Emanuel Manga Manga", raconte la répudiée Andrea. "Le garçon, futur héritier du trône, fut dès lors appelé Manga Manga. Un an plus tard, une petite fille suivit, qui, comme moi, fut baptisée Andrea. Mais dans le cercle familial, nous l’appelions Tüke. A peine ma fille était-elle née que mon époux me quitta pour le Cameroun, où il mit en gage la plus grande partie de son héritage aux nouveaux maîtres du protectorat, afin d’avoir les moyens de poursuivre sa vie de débauche, déjà commencée à Paris, avec d’autres femmes, noires et blanches.

    "Mais souvent, je n’avais pas l’argent pour acheter du lait à mes enfants. Le rêve de la reine n’était qu’une farce - je pouvais tout au plus prolonger cette illusion de temps en temps sur scène - en tant qu’actrice. Des talents artistiques innés et développés m’ont permis de gagner ma vie. Pas seulement sur scène, mais aussi dans des agences de publicité. J’ai parfois été une graphiste utilitaire très demandée. Puis j’ai fait la connaissance de l’écrivain Joseph Roth, qui vivait à Paris, et je suis devenue sa secrétaire et sa compagne".

    Roth, qui, comme sa grande idole Heinrich Heine, alliait l’esprit au sarcasme, a manifestement été très proche de la mulâtresse. Elle a été sa compagne pendant huit ans et lui a tapé le script automatique de son roman louche "Job", l’histoire du destin d’une famille juive lors de sa rencontre avec la civilisation américaine.

    En revanche, les enfants d’Andrea se sont heurtés à la civilisation européenne chez leur grand-mère à Hambourg. C’est là qu’Andrea avait emmené Manga Manga et Tüke lorsqu’elle accompagnait Roth en voyage à Nice et dans d’autres endroits de la Côte d’azur. Les deux rejetons de l’Africain n’ont pas facilité la tâche de la vieille femme. A cause d’eux, elle a dû déménager dans les quartiers périphériques du Glindweg, mais même là, José et Tüke avaient l’habitude de jeter les restes de leur repas directement par la fenêtre, sans circonstances particulières.

    Le sang bushman était souvent plus fort que le badigeon civilisateur. Grand-mère Jeminez ne cessait de les asséner à ses petits-enfants plus noirs que bruns. Aujourd’hui encore, Tüke se souvient que l’irascible Grandmère lui a fait perdre la tête avec le premier objet le mieux placé - et même plusieurs fois avec le pain noir qui se trouvait sur la table.

    Mais à l’école, les deux béliers étaient très éveillés et avaient soif de connaissances. Manga Manga a fréquenté l’école de progrès "Thielo-Süd", créée par l’université de Hambourg, où l’on enseignait, outre les langues étrangères, les échecs et l’art dramatique. A la manière des écoles modèles soviétiques, il n’y avait pas de programme scolaire fixe, pas de bulletins de notes, pas de redoublement. Les professeurs étaient tutoyés par les élèves. L’enseignement était libre.

    "Ici, dans une classe avec Manga Manga, j’ai été témoin de son intelligence stupéfiante et de sa capacité de compréhension ludique. Son talent d’acteur était grand dans les spectacles d’élèves comme ’Emil und die Detektive’ d’Erich Kästner", atteste encore aujourd’hui un camarade de classe et ami du défunt prince Duala.

    Chez le "Nerother Wandervogel", Manga Manga et ses semblables étaient bien entourés. Le leader de la jeunesse hambourgeoise Werner Hellwig, membre de l’organisation de vagabonds "Toddy" et écrivain (livres : "Im Dickicht des Pelion", "Raubfische in Hellas", etc.), a ensuite placé les deux enfants royaux chez des bourgeois, alors que la vieille grand-mère ne faisait que se battre.

    Le groupe de jeunes bündisch remplaçait souvent leur père et leur mère. Les plus grands randonneurs étaient les frères Robert et Karl Olbermann. Karl avait une jambe de bois, avec laquelle il s’est même aventuré jusqu’aux contreforts du Caucase.

    Andrea aber wagte sich nur selten nach Hause zu ihrer Mutter und zu den Kindern. Wenn sie einmal kam und Schriftsteller Roth sich selbst und der Trinkleidenschaft überließ, dann verfehlte sie nicht, vor allem Manga Manga darauf aufmerksam zu machen, wie schändlich sein Vater an ihnen allen handele.

    Der schwarze Gentleman war mehr am Montmartre als in Bimbra am Wuri-Fluß, schickte keinen Unterhaltspfennig, weigerte sich aber auch, in die Scheidung einzuwilligen, falls Frau Andrea ihm nicht vorher beide Kinder freiwillig überlasse.

    Les accusations de la mère rongeaient l’âme des enfants, surtout celle du garçon. Elles se sont durcies en lui en un complexe d’aversion contre son père biologique, qu’il n’avait jamais connu consciemment et dont il entendait seulement dire qu’il était un monstre, un tueur de dames, un vagabond et un ivrogne. "Je l’imagine toujours comme un singe portant un sac à dos", dit-il un jour à ses amis du Wandervogel.

    Il dut la quitter, elle et son Hambourg familier, quand Andrea (les enfants ne l’appelaient jamais mère, mais toujours par son prénom), juste après le Nouvel An 1933, fila du Bungalo suisse de Josef Roth : "Partez immédiatement !" Suivirent le lieu de rendez-vous, la date et l’argent.

    Sentant venir la persécution raciale avec l’avènement du régime nazi, la mère prit ses enfants auprès d’elle et quitta bientôt l’homme de lettres Roth, qui avait entre-temps complètement sombré dans l’alcoolisme. Les choses allaient finalement si mal avec lui que, malgré ses origines juives, il était devenu "antisémite" et ne voulait plus fréquenter que des aristocrates et des nationalistes. L’auteur talentueux du roman "La marche de Radetzky" mourut à 44 ans d’un delirium tremens.

    Andrea ne lui a pas fermé les yeux. Elle n’avait pas pu assister à la dissolution, avait déménagé à Paris avec ses enfants et y vivait dans des conditions très pauvres.

    L’oiseau migrateur de Nerother Manga Manga est rapidement devenu un oiseau migrateur vagabond. Dans une lettre adressée à son ami allemand le 7.9.46, il parle lui-même de cette période :

    "A 16 ans, j’ai quitté l’école et j’ai presque immédiatement commencé à flâner. J’ai travaillé de temps en temps dans une usine. Ensuite, je n’ai rien fait, rien du tout, et c’est devenu entre-temps un grand rien. En été 39, je me suis fâché avec Andrea et je l’ai laissée seule avec Tüke. J’ai d’abord vécu chez une amie, puis, lorsque celle-ci a été expulsée avec ses enfants après le début de la guerre, j’ai vécu neuf mois avec une autre, et pendant ce temps, j’ai travaillé dans une usine d’armement.

    "Puis les Allemands sont arrivés et j’ai fui dans le sud de la France avec mon entrepreneur. Là-bas, j’ai fait du vélo pendant l’été 40. C’était très beau. J’ai fini par échouer à la frontière suisse, où je suis resté l’hiver, puis j’ai passé la frontière au noir avec trois amis. Nous voulions essayer de passer par le consulat anglais pour aller en Angleterre. Malheureusement, ça n’a pas marché. Nous avons été expulsés.

    "De retour en France, j’ai vécu dans un petit port au bord de la Méditerranée, où, de manière inattendue, mon père m’a fait rechercher. Il était au Sénégal et ne pouvait apparemment pas retourner au Cameroun, où se trouvaient les gaullistes*).

    *) Madame Andrea affirme que Manga Bell a soutenu Pétain pendant l’occupation allemande et qu’il était vichyssois. C’est sans doute pour cela qu’il ne pouvait et ne voulait pas aller voir de Gaulle. "J’ai donc vécu un certain temps avec mon père, que je ne connaissais pas jusque-là, au milieu de la brousse, puis j’ai été mobilisé lorsque toute l’Afrique était aux côtés des Anglo-Saxons et je suis revenu en France avec l’armée française. Lors de ma première visite chez Andrea et Tüke, je suis tombé malade. Appendicite avec une grave inflammation du péritoine. Il restait un abcès sur le poumon. Après un an d’hospitalisation, j’ai déserté. Mais comme mon père était venu à Paris en tant que député (tu sais ce que c’est ? environ un député du Reichstag), l’affaire a été réglée.

    "Mon père est assez riche, il accumulait tout sur moi et me laissait flâner comme je voulais. Jusqu’à ce que je me retrouve au sanatorium de Davos. A 26 ans, je suis un vieux vivant - un viveur. En ce moment, je suis prince et je vis de mon père, et là je vois vraiment de qui j’ai hérité tous mes défauts...

    "Quand j’ai quitté l’Allemagne en 33, j’avais toutes les possibilités devant moi. Je les ai gâchées inutilement. Peut-être aurais-je dû être éduqué un peu plus longtemps par Grandmère à Hambourg, même si elle nous a souvent donné une raclée avec le Kommißbrot. Tu te souviens de sa sévérité ? Elle est morte en 1940 - je crois - ...".

    Lorsque Manga Manga, le dauphin de Duala aimé par de nombreuses jeunes filles et dépassant son père de trois longueurs de tête, put enfin quitter le sanatorium de Schatzalp près de Davos en étant guéri, il prit la ferme décision de réprimer son héritage de sang paternel avec une maîtrise de soi virile. En bonne santé et purifié, il prit sa mère et sa sœur dans ses bras.

    Entre-temps, ils avaient traversé des épreuves difficiles. Pendant la guerre, Andrea était recherchée par le SD en raison de son amitié avec Roth et d’autres émigrés, connue de la Gestapo. Elle s’est réfugiée dans les forêts du nord de la France, où elle travaillait sur une meule et carbonisait du charbon de bois. Tüke s’était rendue en Allemagne pendant quelques mois en tant qu’officier dans un état-major administratif de l’armée française. De retour à Paris, elle a vécu les plus beaux jours de sa vie.

     »Ich gebe zu, daß mein Mann Manga Bell nicht ganz zurechnungsfähig ist,« urteilt Mutter Andrea heute über diese Tage. »Als er sich damals nach 25 Jahren zum ersten Male wieder bei uns sehen ließ, hat er ein Riesenfest veranstaltet - anläßlich der Hochzeit von Tüke. Zahlreiche Minister und Abgeordnete der MRP (Mouvement Républicain Populaire = Republikanische Volkspartei, der auch Robert Schuman und Georges Bidault angehören) nahmen daran teil, obwohl Tükes Gatte, Jaques Rebuffé, nur ein einfacher Mann ist.

     »Manga Bell ließ alle Gäste im Ueberfluß schwelgen. Allein der Empfang nach der Hochzeitszeremonie kostete 350000 Francs, die Fotos, die von dem jungen Paar gemacht wurden, 60000 Francs.

    "Pendant le repas de fête, il m’a dit que nous devions reprendre notre vie commune. Je me suis moquée de lui. Je ne suis pas impressionné par sa richesse, ni par ses trois grosses voitures de luxe. Maintenant, il a pour amie une sénatrice âgée qui ne maîtrise même pas l’orthographe française. Mais elle le domine ...

    "Manga Bell n’est pas seulement un grand bon vivant, c’est aussi un excellent cavalier. Il est souvent renommé avec son étalon pur-sang, sur lequel il monte dans les bars. Tüke a reçu de lui une dot princière. Elle en donna 200000 francs à son frère pour lui permettre, quelques années plus tard, de faire le voyage fatal à Duala ...".

    Peu après l’arrivée du prince héritier à Duala, les coups de feu mortels du fusil paternel ont retenti. Manga avait tué Manga Manga. L’agence de presse officielle L’agence française l’a annoncé de manière laconique :

    "De source bien informée, le fils du député MRP du Cameroun a été tué par des coups de fusil à l’Assemblée nationale. L’arme était encore entre les mains du père de la victime. On ne sait pas vraiment s’il s’agit d’un accident ou d’un meurtre".

    "C’était un meurtre !" accuse la mère inconsolable de Manga Bell. "Je sens que Manga Manga a reproché à son père de nous avoir traités avec tant de mépris. Lors de son départ, il a laissé entendre qu’il souhaitait mettre certaines choses au clair avec lui. Lorsque je lui ai demandé de renoncer à son projet, il n’a eu qu’un geste de mépris : ’N’aie pas peur, il ne peut rien m’arriver, je suis un enfant du dimanche’. Maintenant, il a été abattu un dimanche comme un chacal galeux, par son propre père.

    "Manga Bell a toujours eu la gâchette facile. Déjà en Allemagne, il a eu deux duels mortels. Sa première victime était un capitaine allemand du nom de Kessler, qu’il a défié pour une question raciale et qui a ensuite succombé à une balle dans le ventre. Quant à l’autre, il l’a blessé à mort avec son sabre. Son fusil, comme tous ses ustensiles personnels - de la boîte de cigarettes au slip - porte la couronne du souverain au-dessus de son monogame".

    La malheureuse mère demande réparation pour la mort de son fils, et le Rassemblement Démocratique Africain (mouvement de rassemblement africain de gauche) a également demandé une décision de justice et fait imprimer des affiches : "Maurice Thorez a été exclu de la séance de la Chambre pour avoir giflé un jeune garçon. En revanche, Manga Bell, qui a froidement assassiné son fils, reste député et membre du MRP." !

    "L’explication est que la France a absolument besoin de calme au Cameroun, le Cameroun recèle de riches trésors d’uranium", croit savoir Andrea. "On ne veut pas que les indigènes, que Manga Bell a de son côté, se révoltent en ce moment. C’est pourquoi le ministère des Colonies a aussi traité le meurtre comme une bagatelle".

    Pourtant, il n’est pas resté caché à la grande tribu du vieux roi Bell, qui vit aujourd’hui dispersée dans de nombreux pays européens, et les descendants des 600 femmes Bell vivant dans la diaspora allemande ont également eu vent du meurtre du prince. Ils ne sont pas en bons termes avec Manga Bell, car il a livré aux Blancs tous les trésors de leur ancienne patrie sur le Wuri, pour se faire une vie agréable, tandis qu’ils doivent se débrouiller à l’étranger.

    C’est le cas du cousin de Manga, Tom Bell. Star de la musique du bar "Pinguin" de Berlin-Ouest (voir titre), qui fait actuellement escale à Westerland. Après minuit, quand aucun des baigneurs fatigués de la samba ne peut plus mettre un pied sur le parquet, Tom saute sur sa chaise de musicien et réveille les couples en sueur avec des rythmes de jazz frisés.

    Puis Tom laisse tomber ses inhibitions civilisationnelles, acquises au cours de dix semestres d’études techniques à Munich, et tire du tambour de jazz les anciens signaux guerriers des dualas, tels qu’il les a appris de son père. Ce dernier était le demi-frère de Rudolf Bell, qui a été exécuté.

    Quand on rappelle à Tom le nom de Duala, il se met en colère. "Si je le voulais, je pourrais rentrer chez moi. Je connais mieux la politique coloniale que certains ministres des colonies. Je ne suis ni allemand, ni français, mais camerounais".

    Mais ce n’est qu’après minuit que Tom parle de politique. Le jour, il est fermé et hargneux, même avec ses collègues noirs du Pinguin-Bar, qui se recrutent parmi les 45 membres noirs et bruns de la colonie africaine de Berlin. Avec Sylvia, la star noire à la poitrine généreuse, au sein de la commission présidentielle.

    La plupart d’entre eux habitent dans le secteur est et sont aussi idéologiquement du côté de l’est, même s’ils ne sont pas tous membres inscrits du SED, comme le parent éloigné de Tom, Gijm Bell, qui prépare le café de bar de nuit le plus fort dans un caftan rouge vif et crie aux papillons de nuit ambitieux : "Les hommes blancs ont toujours été mauvais avec les nègres. C’est pourquoi les nègres doivent tous être communistes ...".

    Les connaisseurs appellent "coulée de plomb" la procédure solennelle par laquelle Gijm prépare son moka sur un feu de charbon de bois. Il a fait ses preuves en tant que statisticien de cinéma dans le récent "Nuits sur le Nil" et en tant que lutteur de prix à Vienne et à Berlin dans les milieux d’émigrés d’Europe centrale.

    Il n’a pas appris à lire et à écrire, c’est pourquoi Tom Bell a dû lui raconter ce qui s’est passé à Duala et ce que les lettres de Paris et de Bimbra annonçaient, à savoir que Manga Bell avait tué Manga Bell.

    anglais by DeepL

    COLONIES / CAMEROON
    White man always bad
    23 August 1950, 1 p.m.-from DER SPIEGEL 34/1950

    Andrea Manga Bell, the brown queen of Duala, who has sunk into proletarian misery, takes to the courts in Paris every week to bring the murderer of her son Manga Manga Bell to justice.

    Her husband Manga Bell, the father of José Emanuel Manga Manga, now a member of the French National Assembly and UN delegate for Cameroon, became the murderer. Queen Andrea, born Jeminez in Hamburg, daughter of a mulatto from Cuba and a German mother, has been separated from him for 30 years. The exotic mixed marriage did not last, although a clergyman in Hamburg gracefully blessed her in 1920.

    The final twist in her damaged queenly existence came a few months ago when two bullets from Manga Bell’s sniper rifle killed her favourite son. The whole tale of misfortune trickled quietly from her wrinkled lips.

    In 1919, the current UN delegate Manga Bell snowed into the middle-class Jeminez house in Hamburg for the first time. Uncle Adolpho Jeminez, who now trades in cocoa in Hamburg’s Sierichstraße, still remembers darkly how the black gentleman with good manners paid his respects. The dual prince had resumed his medical studies in Kiel after the end of the war and was now courting the brown beauty Andrea.

    “I later learnt that he had forged a letter of recommendation in order to infiltrate our family and make my acquaintance,” Andrea remembers today. Before the war, he had learnt good manners at the princely school in Putbus on the island of Rügen, where he was drilled in good manners along with the sons of other crowned heads. Manga Bell made his debut at court in 1904, where he was pampered by the ladies-in-waiting of Wilhelm II. Simplizissimus" devoted an entire issue to the little nigger.

    This was at the beginning of German colonial policy in Africa, two decades after Gustav Nachtigal, then Consul General in Tunis, had set off for Cameroon on the German gunboat “Möve” - in competition with the British, who had already planted the Union Jack at several coastal locations in West Africa.

    On 12 July 1884, Gustav Nachtigal and constitutional lawyer Dr Buchner landed in Bimbra, where trading pioneer C. Woermann had already set up a factories. There, Chief King Bell, grandfather of UN delegate Manga Bell, together with his 600 wives, 998 children and 15,000 defencible Dualas, submitted to the German sovereignty that Gustav Nachtigal had offered him.

    His heir to the throne, Rudolf Bell, became a rebel. The German governor of Cameroon had him hanged by a hemp rope in 1914 because he had instigated a conspiracy. He had sent a secret message to the “Great Grassland Chief” Njoja von Banum, calling on him to shake off German colonial rule.

    After Rudolf Bell’s strangulation on 8 August 1914, it barked out. The governor comforted the grieving widow: “Those who behave well need not fear.”

    The rebel’s son, Manga Bell, who was studying in Germany at the time, behaved well. He was taught how to load and secure by German non-commissioned officers in the barracks of the Rendsburg Uhlans and fought loyally for the Kaiser and the Reich as a war volunteer. By the end of September, the British had already occupied his home on the 8 km wide Wuri River. After Versailles, Wuri and Dualas came under French colonial rule.

    However, the French attached great importance to the pacification of the restless black tribe by giving Manga Bell the rights of a “King of Duala”, at least in form, even though Manga Bell had fought on the German side.

    So one day, shortly after the 17-year-old Andrea Jeminez had given in to his tempestuous courtship and agreed to marry him, the black medical student received an official offer from the Paris Colonial Ministry to come to France and help govern his Dualas.

    “After our trip to Paris, we first lived in Sèvres, where I gave birth to José Emanuel Manga Manga on 11 January 1920,” says the outcast Andrea. "From then on, the boy was called Manga Manga as the future heir to the throne. A year later, a little daughter followed, who, like myself, was baptised Andrea. But we called her Tüke in the family circle. My daughter had barely been born when my husband left me and travelled to Cameroon, where he pledged most of his inheritance to the new masters of the protectorate in order to have the means to continue the dissolute life he had already begun in Paris with other women, black and white.

    “But I often didn’t have the money to buy my children milk. The Queen’s dream was a farce - the best I could do was continue this illusion on stage from time to time - as an actress. Innate and advanced artistic talents provided me with bread. Not only on stage, but also in advertising agencies. At times I was a sought-after commercial artist. Then I met the writer Joseph Roth, who was living in Paris, and became his secretary and companion.”

    Roth, who, like his great idol Heinrich Heine, combined wit with sarcasm, was obviously very close to the mulatto woman. She was his companion for eight years and typed the typescript of his dubious novel “Job”, the story of a Jewish family’s encounter with American civilisation.

    Meanwhile, Andrea’s children encountered European civilisation at their grandmother’s house in Hamburg. Andrea had brought Manga Manga and Tüke there when she accompanied Roth on trips to Nice and other places on the Cête d’Azur. The two offspring of the African did not make it easy for the old woman. Because of them, she had to move to the outskirts of Glindweg, but even there José and Tüke used to throw the remains of their meal straight out of the window without any special circumstances.

    The Bushman blood was often stronger than the civilising whitewash. Grandmother Jeminez beat her more black than brown grandchildren over and over again. Even today, Tüke remembers that the irascible grandmère bludgeoned her with the first best object - even several times with the brown bread lying on the table.

    But at school, the two rangers were very bright and thirsty for knowledge. Manga Manga attended the progressive school “Thielo-Süd”, which was run by Hamburg University and offered chess and drama lessons as well as foreign languages. In the style of the Soviet model schools, there was no fixed curriculum, no report cards, and no sitting-outs. The teachers were on first-name terms with the pupils. All lessons were organised freely.

    “Here in a class together with Manga Manga, I witnessed his astounding intelligence and his playful perceptiveness. His acting talent was great in school plays such as Erich Kästner’s ’Emil and the Detectives’,” a classmate and friend of the deceased Duala prince still attests today.

    Manga Manga and his peers were in good hands at the “Nerother Wandervogel”. Hamburg youth leader Werner Hellwig, a member of the hobo organisation “Toddy” and writer (books: “Im Dickicht des Pelion”, “Raubfische in Hellas” etc.), then placed the two royal children with burghers when the old grandmother was just beating around the bush.

    The youth group often replaced their father and mother. The brothers Robert and Karl Olbermann were the foremost hikers. Karl had a wooden leg, with which he even ventured into the foothills of the Caucasus.

    Andrea, however, rarely ventured home to her mother and children. When she did come home and left writer Roth to himself and his passion for drink, she never failed to point out to Manga Manga in particular how shamefully his father was treating them all.

    The black gentleman was more at Montmartre than in Bimbra on the Wuri River, did not send a penny for alimony, but also refused to agree to a divorce unless Mrs Andrea voluntarily gave him both children first.

    The mother’s accusations took root in the children’s souls, especially in the boy. They hardened in him into a complex of aversion towards his biological father, whom he had never consciously met, and of whom he had only ever heard that he was a monster, a lady-killer, a drifter and a drunkard. “I always imagine him as a backpack-carrying monkey,” he once said to his friends from the Wandervogel.

    He had to leave her and the familiarity of Hamburg when Andrea (the children never called her mum, but always called her by her first name) wrote from Josef Roth’s Swiss bungalo just after New Year 1933: “Leave immediately!” Then came the meeting point, the date and the money.

    Wisely sensing the racial persecution that was about to break out with the impending Nazi regime, the mother took her children in and soon afterwards left Roth, a man of letters who had become completely addicted to alcohol. In the end, things were so bad with him that he had become an “anti-Semite” despite his Jewish origins and only wanted to socialise with aristocrats and nationalists. At the age of 44, the talented author of the novel “Radetzky March” died of delirium tremens.

    Andrea did not turn a blind eye to him. She had been unable to watch the break-up, had moved to Paris with her children and lived there in the poorest of circumstances.

    The Nerother Wandervogel Manga Manga soon became a vagabond migratory bird. In a letter to his German friend on 7 September 46, he writes about this time himself:

    "I left school when I was 16 and almost immediately I started to go shopping. I worked in a factory for a while. Then I did nothing, nothing at all, and it became a big nothing. In the summer of ’39, I fell out with Andrea and left her and Tüke alone. I first lived with a friend, and when she and her children were deported after the war broke out, I lived with another friend for nine months and worked in an armaments factory during this time.

    "Then the Germans came and I fled to the south of France with my entrepreneur. I set off there by bike in the summer of ’40. It was very nice. I ended up stranded at the Swiss border, where I stayed for the winter and then crossed the border in black with three friends. We wanted to try to get to England via the English consulate. Unfortunately it didn’t work. We were deported.

    "Back in France, I was living in a small harbour on the Mediterranean, where my father unexpectedly sent out a search for me. He was in Senegal and apparently couldn’t go back to Cameroon, where the Gaullists were.)

    ) Mrs Andrea claims that Manga Bell was loyal to Pétain during the German occupation. That’s probably why he couldn’t and wouldn’t go to de Gaulle. "So I lived in the middle of the bush for a while with my father, who was unknown to me until then, and then, when the whole of Africa was standing with the Anglo-Saxons, I was called up and returned to France with the French army. On my first visit to Andrea and Tüke, I fell ill. Appendicitis with severe peritonitis. I was left with an abscess on my lung. After a year in hospital, I deserted. But as my father came to Paris as a deputy (you know what that is, don’t you? About a member of the Reichstag), the matter was settled.

    "My father is quite rich, he heaped everything on me and let me go as I pleased. Until I ended up in a sanatorium in Davos. At the age of 26, I’m an old man - un viveur. At the moment I’m a prince and live off my father, and I can really see from whom I inherited all my faults ...

    “When I left Germany in 33, I had all the opportunities in front of me. I wasted them uselessly. Perhaps I should have been brought up a little longer by Grandmère in Hamburg, even though she spanked us often enough with the commissary bread. Do you remember her strictness? I think she died in 1940 ...”

    When Manga Manga, the Dauphin of Duala, who towered over his father by three head lengths and was loved by many girls, was finally able to leave the Schatzalp sanatorium near Davos cured, he made the firm decision to suppress his paternal blood inheritance with masculine self-control. Healthy and purified, he embraced his mother and sister.

    In the meantime, the two had been through a difficult time. Andrea was wanted by the SD during the war because of her friendship with Roth and other emigrants, which was known to the Gestapo. She went into hiding in the forests of northern France, where she worked on a pile and smouldered charcoal. Tüke had travelled to Germany for a few months as an officer in a French army administrative staff. When she returned to Paris, she enjoyed the best days of her life.

    “I admit that my husband Manga Bell isn’t quite sane,” says mum Andrea today about those days. "When he visited us for the first time in 25 years, he organised a huge party to celebrate Tüke’s wedding. Numerous ministers and MPs from the MRP (Mouvement Républicain Populaire = Republican People’s Party, to which Robert Schuman and Georges Bidault also belong) attended, even though Tüke’s husband, Jaques Rebuffé, is only a simple man.

    "Manga Bell let all the guests indulge in opulence. The reception after the wedding ceremony alone cost 350000 francs, the photos taken of the young couple 60000 francs.

    "During the banquet, he said to me that we had to resume our life together. I laughed at him. I’m not impressed by his wealth or his three big luxury cars. Now he has an elderly senator as a girlfriend who doesn’t even know how to spell French. But she dominates him ...

    “Manga Bell is not only a great bon vivant, but also an excellent rider. He is often renowned with his thoroughbred stallion, on which he rides into the bars. Tüke received a princely dowry from him. She gave her brother 200,000 francs from it to enable him to make the fateful journey to Duala a few years later ...”

    Soon after the arrival of the hereditary prince in Duala, the fatal shots rang out from his father’s rifle. Manga had killed Manga Manga. The official news agency L’agence francaise reported the news in laconic brevity:

    “It is reported from well-informed sources that the son of the MRP deputy from Cameroon was killed by gunshots in the National Assembly. The gun was still in the hands of the victim’s father. It is not quite clear whether it was an accident or a murder.”

    “It was murder!” the inconsolable mother accuses Manga Bell. "I feel that Manga Manga reproached his father for treating us so shamefully. When he left, he let it be known that he wanted to make things right with him. When I asked him to give up his plan, he only made a contemptuous gesture: ’Don’t be afraid, nothing can happen to me, I’m a Sunday child. Now he’s been shot down like a mangy jackal on a Sunday, by his own father.

    “Manga Bell’s shooting iron was always very loose. He had two fatal duels in Germany. His first victim was a German captain called Kessler, whom he challenged over a racial issue and who then succumbed to a shot to the stomach. He wounded the other to death with his sabre. His rifle, like all his personal paraphernalia - from his cigarette tin to his pants - bears the ruler’s crown above his monogamy.”

    The unhappy mother demanded atonement for the death of her son, and the Rassemblement Démocratique Africain (left-wing African Rally) also called for a court judgement and had posters printed: “Maurice Thorez was excluded from the chamber session because he had slapped a young boy. On the other hand, Manga Bell, who murdered his son in cold blood, remains a member of parliament and a member of the MRP!”

    “The explanation for this is that France absolutely needs peace in Cameroon, Cameroon harbours rich treasures of uranium,” Andrea believes she knows. “They don’t want the natives, whom Manga Bell has on his side, to rebel right now. That’s why the colonial ministry treated the murder as a trivial matter.”

    Nevertheless, it did not remain hidden from the large clan of the old King Bell, who today live scattered in numerous European countries, and the descendants of the 600 Bell women living in the German diaspora also got a whiff of the prince’s murder. They are not on good terms with Manga Bell because he completely handed over the treasures of the old homeland on the Wuri to the whites in order to make a happy life for himself while they have to eke out a living in a foreign country.

    Manga’s cousin Tom Bell is no exception. Music star of the West Berlin “Penguin” bar (see title), which is currently making a guest appearance on Westerland. After midnight, when none of the Samba-weary bathers can get a leg up, Tom jumps onto his musician’s chair and drums the sweaty couples awake again with ruffly jazz rhythms.

    Then Tom lets go of the civilisational inhibitions he has acquired in ten semesters of technical studies in Munich and elicits the old warlike signals of the Dualas from the jazz drum, as he learnt them from his father. He was a half-brother of the executed Rudolf Bell.

    If you remind Tom of Duala, he gets angry. “If I wanted to, I could go home. I know more about colonial politics than some colonial ministers. I’m neither German nor French, but Cameroonian.”

    But Tom only talks politics after midnight. During the day, he is secretive and grumpy, even towards his black colleagues from the Penguin Bar, who are recruited from the 45 black and brown members of the Berlin African colony. With the busty black star Sylvia in the presidential committee.

    Most of them live in the eastern sector and are also ideologically on the side of the East, even if not all of them are registered members of the SED, like Tom’s distant relative Gijm Bell, who brews the strongest night bar coffee in the bar in a bright red caftan and calls out to the bakshi-obsessed moths: “White men were always bad to Negroes. That’s why Negroes must all be communists ...”

    Connoisseurs call the ceremonial procedure with which Gijm prepares his mocha over a charcoal fire “lead pouring”. He recently worked as a film extra in “Nights on the Nile” and as a prize wrestler in Vienna and Berlin, making his way through the Central European émigré scene.

    He didn’t learn to read or write, so Tom Bell had to tell him what happened in Duala and what the letters from Paris and Bimbra said, that Manga Bell had shot Manga Manga Bell.

    #Allemagne #Cameroun #histoire #lettres #journalisme

    • Cela dit pour le coup dans ce texte, il n’est question à aucun moment d’homosexualité, ni de droits homo, LBGT. Il s’agit d’une partie de l’histoire des recherches sur la FIV, le DPI, et de l’archivage très sourcé de ce qu’en ont dit elleux-mêmes les découvreurs et les gens de l’époque. Ainsi que du commentaire de Gramsci à l’époque des débuts de ces découvertes. Et les seuls passages ironico-fielleux cette fois-ci le sont contre tous les riches/technocrates (dont les techno-progressistes de gauche qui dans le Monde et le Diplo veulent d’après eux une sécu sociale de l’eugénisme, remboursée par l’État).

      Gramsci 1918 :

      Le docteur Voronoff a déjà annoncé la possibilité de la greffe des ovaires. Un nouveau débouché commercial ouvert à l’activité exploratrice de l’entreprise individuelle. Les filles pauvres pourront se faire facilement une dot. A quoi leur sert l’organe de la maternité ? Elles le céderont à une riche femme infertile qui désire une progéniture pour hériter du magot du mari amassé à la sueur de son front. Ces pauvres filles gagneront des sous et se sauveront d’un danger. Elles vendent déjà leur blonde chevelure pour les têtes chauves des cocottes qui prennent mari et veulent rentrer dans la bonne société. Elles vendront la possibilité de devenir mère, elle offriront la fécondité à des vieilles fripées, aux gâtées qui se sont trop amusées et veulent rattraper le temps perdu.

      Les enfants nés après une greffe ? Étranges monstres biologiques, créatures d’une race nouvelle, marchandises eux aussi, produits naturels de l’industrie des humains de substitution, nécessaires à la transmission de l’hérédité des charcutiers enrichis.

      La vieille noblesse avait sans nul doute bien meilleur goût que la classe dirigeante qui lui a succédé au pouvoir. L’argent dégrade, abrutit tout ce qui tombe sous sa loi implacable et féroce.
      La vie, toute la vie, pas seulement l’activité mécanique des arts, mais la source même de l’activité physiologique, se détache de l’âme et devient marchandise à troquer ; tel est le destin de Midas aux mains fatales, symbole du capitalisme moderne

      #Antonio_Gramsci #Gramsci #histoire #histoire_des_sciences #recherche #naissance #fertilité #FIV #DPI #PMA #critique_techno

  • Transatlantic slavery continued for years after 1867, historian finds

    Exclusive: Evidence found by Hannah Durkin includes ships landing in Cuba in 1872, and people held in Benin in 1873

    Historians have generally assumed that the transatlantic slave trade ended in #1867, but it actually continued into the following decade, according to new research.

    Dr Hannah Durkin, an historian and former Newcastle University lecturer, has unearthed evidence that two slave ships landed in #Cuba in 1872. One vessel, flying the Portuguese flag, had 200 captives aged from 10 to 40, and the second is believed to have been a US ship with 630 prisoners packed into its hold.

    Durkin said she found references in US newspapers from that year to the landings of these ships. “It shows how recently the slave trade ended. The thefts of people’s lives have been written out of history and haven’t been recorded.”

    Other newly discovered evidence includes an 1872 Hansard parliamentary record of a British politician challenging “assurances of the Spanish government that there had been no importation of slaves into Cuba of late years”.

    Durkin said that, while Spain officially ended its slave trade in 1867, she had come across an account by the explorer Sir Henry Morton Stanley, who had travelled to Benin and visited the slave port of Ouidah in 1873. He wrote of seeing 300 people locked in a barracoon, a slave pen, and noted that two slave ships had recently sailed from that port.

    Ouidah was the second-most important slave port in the whole of Africa, behind only Luanda, in Angola, Durkin said. “The region bore the European nickname ‘Slave coast’ for the vast numbers of people that were forcibly displaced from there between the mid-17th and mid-19th centuries. Almost 2 million people, around one in six of all enslaved people sent to the Americas, are estimated to have been transported from the Bight of Benin.”

    Although Stanley’s account had appeared in the New York Herald at the time, Durkin said it was another overlooked key piece of evidence that she unearthed. There had been rumours of later trade but this evidence supported findings by Cuban historians that trafficking continued into the 1870s.

    Recently digitised newspapers of the 19th century had been particularly revealing, she said: “Historians haven’t easily been able to consult those sources before, which is one reason why I was able to find so much.”

    The research will feature in her forthcoming book, Survivors: The Lost Stories of the Last Captives of the Atlantic Slave Trade. Drawing on previously unseen archival material, it tells the story of the #Clotilda, the last US ship of the Atlantic slave trade.

    She has identified most of the Clotilda’s 110 captives for the first time and tracked down their descendants. One of them had a previously unpublished 1984 interview with the grandson of Amey Greenwood Phillips that her family had kept. She had been a teenager when she was enslaved and put to work on an Alabama plantation.

    Durkin said: “Amey’s enslaver was a man named Greenwood. According to her grandson Percy Phillip Marino, Amey’s enslaver was a ‘good man’, but he hired out Amey to unidentified enslavers in another state who beat her. He retrieved Amey when he learned of the abuse, but the scars on her legs never healed.”

    Others told Durkin of the sexual violence to which their ancestors had been subjected. She found an account of a woman who had been enslaved at the age of 13. The horrors she endured included being made to sleep with African-American and Native American men so that she would have children – who could also be enslaved.

    Durkin said: “There’s a lot of evidence of a system in which the enslavers wanted to produce small enslaved children because that would make them richer.

    “Whether it’s sugar plantations of Cuba or the cotton plantations of the US south, wherever slavery took place, it was a barbaric system that completely dehumanised people.”

    Durkin’s research found that almost all the Clotilda survivors were Yoruba speakers from the same town in present-day south-west Nigeria, challenging previous conclusions that they were from a variety of locations in Benin and Nigeria.

    https://www.theguardian.com/world/2024/jan/04/transatlantic-slavery-continued-for-years-after-1867-historian-finds
    #esclavage #esclavage_transatlantique #histoire #Bénin

    ping @reka

    • Survivors: The Lost Stories of the Last Captives of the Atlantic Slave Trade

      This is an immersive and revelatory history of the survivors of the Clotilda, the last ship of the Atlantic slave trade, whose lives diverged and intersected in profound ways.

      The Clotilda docked in Mobile Bay, Alabama, in July 1860 – more than half a century after the passage of a federal law banning the importation of captive Africans, and nine months before the beginning of the Civil War. The last of its survivors lived well into the twentieth century. They were the last witnesses to the final act of a terrible and significant period in world history.

      In this epic work, Dr. Hannah Durkin tells the stories of the Clotilda’s 110 captives, drawing on her intensive archival, historical, and sociological research. Survivors follows their lives from their kidnappings in what is modern-day Nigeria through a terrifying 45-day journey across the Middle Passage; from the subsequent sale of the ship’s 103 surviving children and young people into slavery across Alabama to the dawn of the Civil Rights movement in Selma; from the foundation of an all-Black African Town (later Africatown) in Northern Mobile – an inspiration for writers of the Harlem Renaissance, including Zora Neale Hurston – to the foundation of the quilting community of Gee’s Bend – a Black artistic circle whose cultural influence remains enormous.

      An astonishing, deeply compelling tapestry of history, biography and social commentary, Survivors is a tour de force that deepens our knowledge and understanding of the Atlantic slave trade and its far-reaching influence on life today.

      https://harpercollins.co.uk/products/survivors-the-lost-stories-of-the-last-captives-of-the-atlantic-sla

      #livre

  • Exporter Zola
    https://laviedesidees.fr/Exporter-Zola

    Désireux de vivre de sa plume, Zola a vite compris l’importance du marché des traductions. La circulation de ses romans, mais aussi la publicité, le merchandising et les scandales ont permis d’exploiter largement son œuvre. Dans le monde entier, la « machine naturaliste » a tourné à plein régime.

    #Arts #littérature #commerce #histoire_sociale #réalisme #Entretiens_écrits
    https://laviedesidees.fr/IMG/docx/202312_zola.docx
    https://laviedesidees.fr/IMG/docx/202312_zola-2.docx

  • Sans #transition. Une nouvelle #histoire de l’#énergie

    Voici une histoire radicalement nouvelle de l’énergie qui montre l’étrangeté fondamentale de la notion de transition. Elle explique comment matières et énergies sont reliées entre elles, croissent ensemble, s’accumulent et s’empilent les unes sur les autres.
    Pourquoi la notion de transition énergétique s’est-elle alors imposée ? Comment ce futur sans passé est-il devenu, à partir des années 1970, celui des gouvernements, des entreprises et des experts, bref, le futur des gens raisonnables ?
    L’enjeu est fondamental car les liens entre énergies expliquent à la fois leur permanence sur le très long terme, ainsi que les obstacles titanesques qui se dressent sur le chemin de la #décarbonation.

    https://www.seuil.com/ouvrage/sans-transition-jean-baptiste-fressoz/9782021538557
    #livre #Jean-Baptiste_Fressoz

    • « #Transition_énergétique » : un #mythe qui nous mène dans le mur

      Transition énergétique, ce mot est partout aujourd’hui. Dans les discours du gouvernement, la communication des entreprises fossiles, des multinationales, dans les rapports scientifiques.. Le message est clair, face à l’urgence climatique, il nous faut opérer une transition énergétique pour réduire nos émissions de gaz à effet de serre et décarboner les économies d’ici à 2050. La notion de de #transition part de l’idée que nous devrions répéter les transition du passé, du bois au charbon puis du charbon au pétrole pour désormais aller vers le nucléaire et les renouvelables et ainsi échapper au chaos climatique. Pour Jean-Baptiste Fressoz, chercheur au CNRS, la transition énergétique n’est qu’une #fable créée de toute pièce par le capital et que toute l’histoire déconstruit. Dans son livre “ Sans transition” il écrit “Rien de plus consensuelle que la transition énergétique, rien de plus urgent que de ne pas y croire” L’historien des sciences le rappelle “après deux siècles de “transitions énergétiques”, l’humanité n’a jamais brûlé autant de pétrole et de gaz, autant de charbon et même de bois”. À l’échelle mondiale, il faut dire que la transition énergétique est invisible. Depuis le début du XXème siècle, les énergies et les ressources que l’on utilise se sont accumulées sans se remplacer. L’histoire de l’énergie est donc une histoire d’accumulation et de symbiose. Même la consommation de charbon, considéré comme l’énergie de la révolution industrielle, a battu un nouveau record en 2023. Les énergies renouvelables ne remplacent pas les fossiles, elles s’ y additionnent. Et les émissions de gaz à effet de serre continuent d’augmenter Alors la transition énergétique n’est-elle qu’une illusion ? Pour Jean Baptiste Fressoz, en se basant sur une lecture fausse du passé selon laquelle chaque énergie serait venue en remplacer une autre, nous nous empêchons de construire une politique climatique rigoureuse. Pourquoi la transition énergétique nous empêche de penser convenablement le défi climatique ? Comment cette notion s’est-elle imposée ? Et en quoi est-il urgent de ne pas y croire et de penser autrement nos réponses au plus grand défi du siècle ? Réponses dans cet entretien de Paloma Moritz avec Jean Baptiste Fressoz.

      https://www.blast-info.fr/emissions/2024/transition-energetique-un-mythe-qui-nous-mene-dans-le-mur-Inu5q1eWT0WwT7X

      #audio #podcast

  • Du nouveau en littérature (et en #Histoire)
    https://laviedesidees.fr/Du-nouveau-en-litterature-et-en-histoire

    L’histoire et la littérature sont de plus en plus soucieuses des traces. C’est ce nouveau rapport au temps qui explique la richesse des hybridations actuelles. Après les avant-gardes des années 1950-1970, l’écriture serait-elle en train de renouer avec le réel ? À propos de : François Dosse, Les Vérités du roman. Une histoire du temps présent, Cerf

    #historiographie #sciences_sociales
    https://laviedesidees.fr/IMG/docx/20240103_dosse.docx
    https://laviedesidees.fr/IMG/pdf/20240103_dosse.pdf

  • Absurdität und Arroganz: Was Wolfgang Schäubles Wirken im Einigungsprozess den DDR-Bürgern brachte
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/absurditaet-und-arroganz-was-wolfgang-schaeubles-wirken-im-einigung


    Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (l.) und DDR-Staatssekretär Günther Krause bei der Unterzeichnung der Urkunden zum Einigungsvertrag am 31.08.1990. In der Mitte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière. Im Palais Unter den Linden in Berlin wurde der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik per 3. Oktober 1990 besiegelt.

    1.1.2024 von Hans Modrow, mtk| - Hans Modrow beschrieb in einer Rede in Zürich die Haltung der westdeutschen Eliten in den Jahren nach 1990 und die offiziöse Geschichtsschreibung: Sind wir inzwischen „ein Volk“?

    Der am Dienstag im Alter von 81 Jahren verstorbene CDU-Politiker Wolfgang Schäuble hat in den vergangenen Tagen vielfache Würdigung erfahren. In frischer Erinnerung sind seine Jahre als Minister in der Regierung Merkel und als Präsident des Deutschen Bundestages – als energischer Verteidiger der Demokratie. Sein Anteil als von Bundeskanzler Helmut Kohl beauftragter Verhandlungsführer am Zustandekommen des Vertrages über die deutsche Einheit im Jahr 1990 fand in den Nachrufen allenfalls kurze Erwähnung. Das mag einerseits an dem Gebot des Anstandes und der Pietät liegen, einem jüngst Verstorbenen nichts Schlechtes nachzureden, andererseits daran, dass der Inhalt dieses Vertrages das Leben der Bürger der alten Bundesrepublik wenig beeinflusste – und damit auch das der Nachrufautorinnen und -autoren.

    In einem von der ARD ausgestrahlten Nachruf erinnerte Richard Schröder, seinerzeit Vorsitzender der SPD-Fraktion in der letzten DDR-Volkskammer, dass die Seite mit dem Geld den Lauf der Verhandlungen bestimmt habe. Der Mann mit dem Geld war Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble gewesen. Er trat im Mai 1990 mit einem Entwurf des Einigungsvertrages an, dem DDR-Verhandlungsführer Günther Krause mit einem Fünf-Seiten-Papier begegnete.

    Etliche der im Vertrag festgelegten Regeln sollten in den kommenden Jahren das Leben der DDR-Bürger über den Haufen werfen – man denke nur an das Prinzip Rückgabe vor Entschädigung von Eigentum in der DDR, (Richard Schröder hatte sich für Entschädigung vor Rückgabe starkgemacht.), die von der Treuhand zu erledigende Komplettabwicklung des Volkseigentums und die Privatisierung in „pragmatischer Eile“ oder die Frage der Berufsabschlüsse. DDR-Bürgern wurde in Kapitel VII des Vertrages die Gnade eingeräumt, auf Antrag eine „Gleichwertigkeitsfeststellung“ zu erlangen.

    Wolfgang Schäuble, in den Nachrufen politisch auch als „harter Knochen“ bezeichnet, hat bis zum Schluss keinen Hinweis gegeben, ob er Teile des Vertragswerkes später als unglücklich und der inneren Einheit nicht dienlich empfand. Zwei Jahre nach Unterzeichnung des Vertrages durch Schäuble und seinen im Westen viel verspotteten DDR-Partner Günther Krause schrieb der Spiegel: „Das Dogma Eigentumsrecht, die Ideologie, dass der Grundbesitz des Einzelnen über allem steht, erweist sich immer stärker und bedrohlicher als schwerster Fehler bei der Gestaltung der Einheit.“ Als Folgen diagnostizierte das Blatt: „Der Hass auf die Raffkes aus dem Westen wächst.“ Das Vertrauen in den Rechtsstaat schmelze dahin. Über den Vereinigungsvertrag, das Werk des Juristen Schäuble, heißt es: „Ein juristisches Glanzstück war das nicht.“

    Im März 1990 hatte die DDR-Regierung unter Hans Modrow noch ein Gesetz erlassen, demgemäß Bürger die volkseigenen Grundstücke, auf denen ihr Eigenheim stand, noch günstig kaufen und so vor dem West-Zugriff schützen konnten. Das war eine der Maßnahmen, mit denen Hans Modrow, letzter Ministerpräsident der DDR mit Parteibuch der PDS, vormals SED, die Einheit vorbereitete. Er hatte die erste freie Wahl am 18. März 1990 vorbereitet, in der eine klare Mehrheit unmissverständlich den Wunsch nach rascher Wiedervereinigung ausdrückte. Die Machtübergabe an seinen CDU-Nachfolger Lothar de Maizière verlief ruhig und geordnet.

    Am 16. April 2019 hielt der kürzlich verstorbene Hans Modrow einen Vortrag an der international hoch anerkannten Schweizer Eidgenössischen Technischen Hochschule, ETH, in Zürich, in dem er ohne Bitterkeit die Absurdität und auch Arroganz der westdeutschen Eliten aufzeigt, die gegenüber ostdeutscher Lebenswirklichkeit bis heute durchgehalten wird. Eine Einladung einer deutschen Hochschule hatte er nie erhalten. Die Schweizer gaben ihm die Möglichkeit, eine solche Rede zu halten, die im eigenen Land keiner hören wollte. Wolfgang Schäuble wird in dem Text nicht namentlich genannt. Sein Wirken aber liegt an der Wurzel von Modrows Lebensbilanz.
    Maritta Tkalec

    Hier die Rede mit dem Titel „30 Jahre nach dem Fall der Mauer – Europa damals und heute“ im Wortlaut:

    In den frühen Siebzigerjahren erschien ein Roman des deutschjüdischen Schriftstellers Stefan Heym mit dem Titel „Der König David Bericht“. In diesem ging es im Wesentlichen darum, dass im Nachgang historische Vorgänge umgeschrieben wurden, damit diese die Gegenwart und vor allem den Auftraggeber rühmten. Die damalige Literaturkritik in West und Ost, nicht frei vom Zeitgeist, interpretierte diesen Vorgang auf unterschiedliche Weise. Heute, wo es nur noch Westen gibt, ist sie sich einig: Heym attackierte damit den Stalinismus, den Machtmissbrauch, die Zensur und auch den Antisemitismus.

    Dabei sind jene, die dies postulieren, sich nicht einmal bewusst, dass sie selbst eigentlich nicht frei sind von jenen Verhaltensmustern, die der DDR-Autor Heym kritisierte.

    Mit dem Herbst ’89, der DDR im Allgemeinen und ihrem Ende im Besonderen ist es nicht anders.

    Seit dreißig Jahren wird ein Bild vornehmlich von jenen gezeichnet, die entweder nicht dabei waren, oder aber von Menschen, die sich als Opfer der DDR verstehen. Nun stelle ich keineswegs in Zweifel, dass etliche Ostdeutsche aus unterschiedlichen Gründen in der DDR nicht heimisch wurden und lieber gingen als blieben. Aber in keinem Staat leben nur glückliche Menschen. Allenfalls im biblischen Paradies – doch auch dort wurde das Machtmonopol repressiv eingesetzt. Bekanntlich wurden die Bürger Adam und Eva ausgewiesen.

    In der offiziösen Geschichtsschreibung über die DDR dominiert die sogenannte Opferperspektive. Weil sie die These von der Befreiung stützt und dem vermeintlichen Sieger Lob und Legitimation für sein Tun verschafft. Eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Sicht findet allenfalls an der Peripherie und selten im akademischen Raum statt. Die vorherrschende Meinung war und ist die Meinung der in Politik, Medien und Wissenschaft Herrschenden. Widersprechende Zeitzeugen, so sie aus der politischen Klasse der DDR stammen, bekommen entweder einen Maulkorb oder das Etikett „Täter“ verpasst. Wer ein gutes Haar an dieser untergegangenen DDR lässt, gilt als ewiggestrig, als unbelehrbar, als dogmatisch und – was ja der Sinn dieser denunziatorischen Übung war und ist – als unglaubwürdig.

    Da hilft es auch nicht, wenn man die deutsche Frage in einen internationalen Kontext stellt, wenn man vom Kalten Krieg spricht und beide Seiten zu gleichen Teilen für diesen unfriedlichen Zustand verantwortlich macht. Schuld haben nur die einen: die Verlierer.

    Noch weniger hinnehmbar ist, dass man von der „zweiten deutschen Diktatur“ spricht und ein Gleichheitszeichen setzt zwischen dem verbrecherischen Nazi-Reich und der zweiten deutschen Republik, der DDR. Einige behaupteten sogar, der Strich auf dem Bahnhof Friedrichstraße in Berlin gliche dem auf der Rampe in Auschwitz. Und da es keine vergleichbaren Leichenberge gab, sprach man ersatzweise vom „Auschwitz der Seelen“. Dass dies nicht nur die Menschen empörte, die die Nazibarbarei in Konzentrationslager und im Exil überlebt hatten und zur Gründergeneration der DDR gehörten, muss ich nicht betonen.

    Erfahrung von Krieg und Gefangenschaft

    Ich selbst kam 1949 – in jenem Jahr, als die Bundesrepublik und die DDR gegründet wurden – aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Nicht nach Hause, denn das lag in Pommern und nunmehr in Polen. Die Nazis hatten mich 17-jährig in ihr letztes Aufgebot gesteckt, und ohne jemals einen Schuss abgegeben zu haben, durfte ich vier Jahre lang in den Weiten Russlands Holz schlagen. Aber, und deshalb setze ich dies an den Beginn meines Vortrags: Ich war damals auch mit jener Unwissenheit geschlagen, die die Herrschenden – damals also die Nazi-Clique – brauchen, um Menschen in den Krieg zu schicken. Gegen diese Unwissenheit setzten damals die Sowjets die Aufklärung. In den sogenannten Antifa-Schulen klärten sie deutsche Ex-Soldaten darüber auf, wer diesen Krieg gemacht hatte, warum er geführt wurde, wer davon profitierte und wer dafür bezahlen musste. Auch ich hörte dort zum ersten Male davon.

    Kriege werden immer um Territorien, um Rohstoffe und Absatzmärkte, um Macht und Einfluss geführt. Die Ideen, um deren Verbreitung angeblich immer gekämpft würde, und die vermeintliche Befreiung von in Knechtschaft gehaltenen Menschen, sind reine Propaganda. Die angebliche „Rettung des Vaterlandes“ und die „Beseitigung des jüdischen Bolschewismus“ kostete zwischen 1933 und 1945 mehr als fünfzig Millionen Menschen das Leben.

    Europa war nach dem 8. Mai 1945 – die Schweiz ausgenommen – ein Leichen- und Trümmerfeld. Und die Siegermächte der Antihitlerkoalition beschlossen in Potsdam die Nachkriegsordnung für den Kontinent. Am 30. Januar 1933 hatte das deutsche Großkapital die Nazis an die Macht gebracht, weil es sich von ihnen höhere Rendite erwartete. Ohne diesen 30. Januar 1933 wären zwölf Jahre später in Berlin nicht die Kapitulation besiegelt und Deutschland nicht militärisch besetzt worden. Unmittelbar danach brachen die Interessengegensätze zwischen den einstigen Verbündeten auf, es begann ein Kalter Krieg, der zur Spaltung nicht nur Deutschlands, sondern Europas führte. Die Teilung Deutschlands, die ich bei meiner Rückkehr vorfand, empfand ich stets als Quittung für den von Deutschland 1939 begonnenen Eroberungskrieg. Ich war damals elf Jahre alt und daran unschuldig. Doch ich war jetzt nicht nur um eine Erfahrung reicher, sondern nunmehr auch verantwortlich dafür, dass Faschismus und Krieg nie, nie wieder stattfinden durften. Ich hatte meine Lektion in der Kriegsgefangenschaft gelernt.
    „Lass uns dir zum guten dienen, Deutschland einig Vaterland“

    Die Teilung Deutschlands hielten wir im Osten für einen temporären Vorgang – zumal die Bildung der DDR im Nachgang zur Gründung eines Separatstaates in den drei westlichen Besatzungszonen erfolgt war. Zwangsläufig. Denn wenn es auf der einen Seite eine Bundesrepublik Deutschland gab, durfte auf der anderen Seite das sowjetisch besetzte Territorium nicht weiter eine Zone bleiben. Auch wenn absichtsvoll bis in die 1960er-Jahre Bundeskanzler Adenauer nur von der „Sowjetzone“ sprach und später das Kürzel DDR in Anführungszeichen gesetzt wurde.

    Erst als 1973 beide deutsche Staaten gleichberechtigte Mitglieder der Uno wurden, zog mit der Entspannungspolitik auch ein wenig Normalität in die deutsch-deutschen Beziehungen ein. Eine völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch die BRD, eine Respektierung ihrer Bürger als Staatsbürger eines anderen Landes erfolgte bis zum Ende 1990 jedoch nie. Aber noch einmal: Die DDR verstand sich mindestens in ihrer Anfangszeit als Provisorium, ihr Parlament hieß „Provisorische Volkskammer“, und in der Nationalhymne sangen wir (erstmals am 6. Oktober 1949): „Auferstanden aus Ruinen / und der Zukunft zugewandt, / lass uns dir zum Guten dienen, / Deutschland, einig Vaterland.“

    Meine Partei, die SED, forderte „Deutsche an einen Tisch!“, unterbreitete Vorschläge, wie man zu einer Konföderation käme, und wollte den anormalen Zustand – denn die Teilung Deutschlands wurde als widernatürlich empfunden – überwinden. Diese Teilung wurde in der BRD jedoch zementiert. Man lehnte dort die Stalin-Noten von 1952 ab, mit denen Moskau u. a. freie Wahlen in ganz Deutschland und den Abzug aller Besatzungstruppen vorgeschlagen hatte. Die Adenauer-Regierung forcierte stattdessen die Westintegration der Bundesrepublik und die Wiederbewaffnung und grenzte sich vom Osten ab.

    Der Beitritt der BRD zur Nato 1955 verursachte auf der Gegenseite die Bildung eines Warschauer Paktes, dem sich die DDR anschloss. Damit wurde die Westgrenze der DDR – im westdeutschen Sprachgebrauch fälschlich immer als „innerdeutsche Grenze“ bezeichnet – zur Ostgrenze der Nato in Europa und zur Westgrenze des östlichen Bündnisses.

    Damit fiel die Oberhoheit an dieser Trennlinie der Systeme den jeweiligen Führungsmächten zu. Nicht die BRD und die DDR, sondern Washington und Moskau diktierten im Wesentlichen die Bedingungen. Wie das Grenzregime gestaltet wurde, wer wo was zu tun und zu unterlassen hatte.
    Heikler Sonderfall Berlin

    Berlin, auf dem Territorium der DDR gelegen, war ein heikler Sonderfall: Dort saßen die vier Mächte und achteten darauf, dass die Stadt – in der es keine Grenze zwischen den Sektoren gab – weder von der einen noch von der anderen Seite regiert werden durfte. Und nach West-Berlin durften auf drei Trassen nur die Flugzeuge der Siegermächte verkehren. Unkontrolliert von deutschen Behörden.

    Unproblematisch hingegen war es auf der Erde. Mit einem Ticket für 20 Pfennig gelangte man mit der S-Bahn von Ost- nach West-Berlin und umgekehrt. Als DDR-Bürger bekam man, so man es wünschte, im Westen sofort einen westdeutschen Pass, denn die BRD maßte sich an, für alle Deutschen zu sprechen. Auch für die in Polen, der ČSSR und in der Sowjetunion lebenden. Bonn überzog entsprechend seiner Hallstein-Doktrin sogar Drittstaaten mit Sanktionen, sofern diese – im Unterschied zur BRD – die DDR und die Pässe ihrer Bürger anerkannten.

    Das führte zu zusätzlichen Spannungen, die im Juni 1961 die Staatschefs der beiden Großmächte in Wien bei ihrem ersten Gipfeltreffen zu beheben hofften. Chruschtschow und Kennedy einigten sich jedoch nur darauf, dass die Rechte der Westmächte in West-Berlin nicht angetastet, ihr Zugang zur einstigen Reichshauptstadt nicht behindert und die Sicherheit der West-Berliner durch sie geschützt werden durften. Dadurch blieb das grundsätzliche Problem – das der offenen Grenze zwischen Ost- und West-Berlin – ungelöst, worauf Moskau Anfang August entschied, diese Grenze zu schließen und eine Mauer rund um West-Berlin zu errichten. Die am 13. August 1961 getroffenen Maßnahmen wurden als Bündnisentscheidung deklariert. Das waren sie auch, denn alle Staaten des Warschauer Vertrages stimmten zu. Auch die DDR.

    Aber es war eben nicht die DDR und schon gar nicht Walter Ulbricht, der den Mauerbau befahl.

    Und es waren eben nicht die Kommunisten allein, die Deutschland und Europa geteilt haben, was wahrheitswidrig seither behauptet wird. Der Mauerbau und seine Konsequenzen waren die Folge der Politik beider Seiten. Die Logik des Kalten Krieges erzwang Aktion und Reaktion, auf die Provokation der einen folgte die der anderen Seite. Ich gehörte damals der Leitung der Berliner SED-Organisation an und weiß, worüber ich rede. Nicht jeder Schritt war von Vernunft diktiert.

    Erst die Einsicht, dass zwischen den beiden Blöcken ein militärstrategisches Gleichgewicht bestünde, führte zur Entspannung. Beide Seiten wussten: Schieße ich als Erster, sterbe ich als Zweiter. Die Möglichkeit wechselseitiger Vernichtung führte zur Einsicht, dass man sich arrangieren müsse, um friedlich miteinander zu existieren. Das führte erstmals in der Geschichte zur Schaffung eines Systems kollektiver Sicherheit, geknüpft durch eine Vielzahl bilateraler und multilateraler Verträge.

    Die Krönung dieser globalen diplomatischen Anstrengungen war die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, deren Schlussdokument 1975 von Staats- und Regierungschefs der 33 Staaten des Kontinents sowie der USA und Kanadas in Helsinki unterzeichnet wurde.

    Dieses in Jahrzehnten entstandene Netzwerk vertrauensbildender Abkommen und Vereinbarungen überstand viele Belastungen – selbst den Untergang des Ostblocks. Der gegenwärtig in Washington herrschende Präsident und die ihn stützenden Kräfte vermochten es allerdings, dieses System binnen zweier Jahre zu liquidieren. Seither bestimmen wieder Argwohn und Misstrauen die Weltpolitik und es wird, wenn überhaupt, Jahrzehnte brauchen, um dieses Vertrauen wiederherzustellen.

    Wir lernten in der Folgezeit nicht nur mit der Bombe zu leben, sondern auch mit der Mauer. Beide aber sollten verschwinden. Das war nicht nur der Wunsch vieler Menschen im Westen, sondern auch im Osten. Honecker nannte die Raketen, die auf deutschem Territorium stationiert und mit Atomsprengköpfen bestückt waren, „Teufelszeug“ und verlangte ihren Abzug. In dieser Hinsicht war er sich mit Bundeskanzler Kohl einig. Sie erklärten am 12. März 1985 in Moskau gemeinsam, dass „die Unverletzlichkeit der Grenzen und die Achtung der territorialen Integrität und Souveränität der Staaten in Europa in ihren gegenwärtigen Grenzen“ (...) „grundlegende Bedingungen für den Frieden“ seien. Und: „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg, von deutschem Boden muss Frieden ausgehen.“

    Honecker, der zwei Jahre später als Staatsgast die Bundesrepublik bereiste, wollte durchaus auch die Mauer durchlässiger machen. Er war zwar beim Abendessen mit Kohl in Bad Godesberg am 7. September 1987 der Auffassung, „dass Sozialismus und Kapitalismus sich ebenso wenig vereinigen lassen wie Feuer und Wasser“, womit er gewiss nicht Unrecht hatte. Doch in Neunkirchen im Saarland meinte er Tage später, dass man auf einen Zustand hinarbeiten wolle, dass die Verhältnisse an dieser Grenze so sein würden wie die an der Grenze zu Polen oder zur Tschechoslowakei.

    Nun will ich Honecker nicht zum Heiligen machen. Es gibt reichlich Gründe, ihn auch kritisch zu beurteilen. Aber was wahr ist, sollte auch als historische Wahrheit zur Kenntnis genommen werden. Wäre Honecker nicht am 29. Mai vor 25 Jahren in Chile verstorben, sondern vielleicht schon sechs, sieben Jahre früher und zwar im Amte, dann wäre halb Bonn nach Berlin geeilt, um dem ostdeutschen Staatsmann die letzte Ehre zu erweisen. Erst als er gestürzt und die DDR zu Grabe getragen war, wurde er zu jenem Schuft erklärt, als der er heute öffentlich geschmäht wird.

    Ganz nebenbei: Als der Wehrmacht-Leutnant Helmut Schmidt – dem wiederholt eine „einwandfreie nationalsozialistische Haltung“ von seinen Vorgesetzten attestiert wurde – Leningrad belagerte und in jener Zeit mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet wurde, saß Honecker im faschistischen Zuchthaus Brandenburg-Görden. Dort saß er ganze zehn Jahre für seine antifaschistische Gesinnung ein. Schmidt wurde später Bundeskanzler, Honecker Staats- und Parteichef. Schmidt ist heute ein Denkmal und sein Wohnhaus in Hamburg Museum, Honecker hat nicht einmal ein Grab in Deutschland. Wogegen ich im Übrigen auch bin. Denn ich fürchte, dass es nicht sicher wäre angesichts der üblen Nachrede, die er seit seinem Abgang von der politischen Bühne erfährt.

    Das alles gehört in Erinnerung gerufen, wenn wir über den 9. November 1989 reden. Denn der sogenannte Mauerfall hat eine Vor- und nicht nur eine Nachgeschichte. Außerdem fiel die Mauer erst 1990, als die Bagger und Mauerspechte kamen. An jenem 9. November öffnete die DDR Grenzübergangsstellen, und sie tat dies, weil a) einer aus der Führung auf einer Pressekonferenz fahrig und unkonzentriert die Sperrfrist übersah, die der Reiseverordnung beigegeben war, und weil b) diese Meldung übers Westfernsehen sogleich über die Mauer flog und viele DDR-Bürger an Grenzübergänge lockte. Sie wollten sehen, ob Schabowskis „sofort, unverzüglich“ auch zuträfe.

    Und nun tritt ein Moment hinzu, das für die Moral und den Anstand der DDR-Grenzer spricht. Nicht einer griff zur Waffe. Sie taten in dieser Minute das einzig Richtige, weil Vernünftige: Sie öffneten die Übergänge.

    Warum gab es in der DDR keine bürgerkriegsähnlichen Zustände wie etwa in anderen Staaten, in denen ebenfalls das sozialistische System sowjetischer Prägung implodierte? Warum blieb alles friedlich, floss kein Blut? Der Staat besaß das Gewaltmonopol, er hatte die Waffen – die Demonstranten Kerzen.

    Die sozialistische Staatsmacht kapitulierte nicht vor Kerzen und Friedensgebeten, sondern vor der Einsicht, dass man nicht auf das eigene Volk schießen darf. Solche Skrupel waren zum Beispiel der sozialdemokratischen Führung fremd, die die Novemberrevolution 1918 an die Macht gebracht hatte. Die schloss einen Pakt mit den kaiserlichen Militärs und ließen auf Menschen wie auf Hasen schießen. Nicht nur auf Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

    Und später, als die Rechten marschierten, vermieden diese Sozialdemokraten den Schulterschluss mit den Linken. Auf ihre 94 Nein-Stimmen gegen das Ermächtigungsgesetz der Nazis am 24. März 1933 sind sie mit allem Recht stolz. Sie waren die Einzigen, die im Reichstag gegen die Entmündigung der Parlamentarier und des Parlaments, gegen die Abschaffung der Demokratie und die Errichtung der faschistischen Diktatur stimmten.

    Die 81 Abgeordneten der KPD, die gesamte Fraktion, konnten es nicht mehr: Diese Abgeordneten waren bereits verhaftet oder auf der Flucht wie eben auch 26 SPD-Parlamentarier.

    Der Bruderkrieg im linken Spektrum hatte die Nazidiktatur möglich gemacht, weshalb der Umkehrschluss lautete: Wir brauchen die Einheit, um Wiederholung zu verhindern! Sie wurde im Osten auf der Parteiebene vollzogen und im Westen aktiv verhindert. Die Sozialistische Einheitspartei sollte die Geschicke der DDR bis 1989 leiten. Ich war, wie es immer heißt, der letzte Ministerpräsident der SED. Mein Nachfolger Lothar de Maizière kam von der CDU und verantwortete den Beitritt.
    Kohls Fahrplan zur Einheit

    Die staatliche Vereinigung der beiden Staaten wurde weder in Bonn noch in Berlin beschlossen. Sie wurde auch nicht vom Volk der DDR erzwungen. Die Mehrheit jener, die im Herbst ’89 demonstrierten – darunter nicht wenige der etwa 2,3 Millionen Mitglieder der SED –, wollten eine andere, eine bessere, eine sozialistische DDR. Erst später wurde aus dem Ruf „Wir sind das Volk!“ die Parole „Wir sind ein Volk!“

    Mit dem Ruf „Wir sind das Volk!“ stellte der Souverän klar, wer laut Verfassung das Sagen im Lande hatte. Die andere Parole wurde gewissermaßen von außen hereingetragen. Aus der von mir angedachten Vertragsgemeinschaft mit der Bundesrepublik wurde nichts. Bundeskanzler Kohl präsentierte am 28. November 1989 einen Zehn-Punkte-Plan, mit dem er ein „Selbstbestimmungsrecht der Deutschen“ einforderte.

    Diesen Fahrplan hatte er mit US-Präsident Bush abgestimmt, sonst mit niemandem. Gorbatschow fühlte sich übergangen, die deutsche Teilung war für ihn ein Ergebnis der Geschichte. Aber Kohl hielt sich nicht an seine eigene Zusage, die er 1985 gemeinsam mit Honecker gemacht hatte: Die Unverletzlichkeit der Grenzen und die Achtung der territorialen Integrität und Souveränität der Staaten in Europa in ihren gegenwärtigen Grenzen sind eine grundlegende Bedingung für den Frieden. Damit war auch die Souveränität der DDR und ihre territoriale Integrität gemeint.

    Die Gefahr von Kohls Fahrplan wurde in Moskau sehr wohl erkannt. Der sowjetische Außenminister Schewardnadse ließ seinen Kollegen Genscher wissen: „Nicht einmal Hitler hat sich Derartiges erlaubt!“

    Ende Januar 1990 war ich bei Michail Gorbatschow und präsentierte ihm mein Konzept, das ich unter eine Zeile aus unserer Nationalhymne von 1949 gestellt hatte: Deutschland einig Vaterland. In einem Vierstufenplan sollte die Einheit über eine Vertragsgemeinschaft mit konföderativen Elementen, die Bildung einer Konföderation von DDR und BRD mit gemeinsamen Organen, die Übertragung von Souveränitätsrechten beider Staaten an Machtorgane der Konföderation und schließlich die Bildung eines einheitlichen deutschen Staates in Form einer Deutschen Föderation oder eines Deutschen Bundes durch Wahlen erfolgen. Diesen Plan stellte ich am 1. Februar 1990 auf einer Pressekonferenz in Berlin vor.

    Allerdings hatten Gorbatschow und Kohl andere Pläne. Kohl reiste mit „Bimbes“ nach Moskau, versprach der Sowjetunion Nahrungsmittelhilfen von 220 Millionen D-Mark, um die Moskau nachgesucht hatte, und bekam dort einen Freifahrtschein.

    Am 10. Februar erklärte der Bundeskanzler vor der Presse in der sowjetischen Hauptstadt: „Ich habe heute Abend an alle Deutschen eine einzige Botschaft zu übermitteln. Generalsekretär Gorbatschow und ich stimmen darin überein, dass es das alleinige Recht des deutschen Volkes ist, die Entscheidung zu treffen, ob es in einem Staat zusammenleben will.“
    Wo die Entscheidungen fielen

    Das deutsche Volk wurde nicht gefragt. Die Entscheidungen wurden in Bonn und in Washington getroffen, die Widerstände in London und Paris, wo man gegen eine Vereinigung war, wurden ausgeräumt. Moskau konnte und wollte sich nicht mehr widersetzen: Das Land lag wirtschaftlich danieder, die Strategie der USA, die UdSSR totzurüsten, war erfolgreich gewesen. Wie eben auch die Nachkriegsstrategie der USA in Europa aufgegangen ist. Sie bestand aus zwei Prämissen: Erstens wollten sie sich dauerhaft in Europa festsetzen, zweitens die Sowjets aus Zentraleuropa verdrängen. 1994 zogen die letzten russischen Soldaten aus Deutschland ab.

    Die Amerikaner sind noch immer da.

    Im Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz lagern noch immer Nuklearwaffen.

    Die Nato steht inzwischen an der russischen Grenze.

    Die USA haben wichtige Rüstungsbegrenzungsverträge mit den Russen aufgekündigt.

    Washington droht selbst Verbündeten mit Sanktionen, wenn diese die Boykottmaßnahmen gegen Russland unterlaufen.

    Die EU steht in Nibelungentreue fest zu den USA. Die Chance zu einer eigenständigen Politik, die eine Emanzipation von den USA zwingend voraussetzt, wurde bis dato nicht genutzt.

    Deutschland verhält sich so wenig souverän wie vor 1989 unter den Bedingungen der Zweistaatlichkeit.

    1999 beteiligte sich die Bundesrepublik erstmals seit 1945 an einem Angriffskrieg – den der Nato in Jugoslawien. Aktuell ist die Bundeswehr in dreizehn Staaten und Regionen in sogenannten Friedensmissionen unterwegs.

    Und innenpolitisch? Sind wir inzwischen „ein Volk“?

    Wir haben die staatliche, jedoch keine innere Einheit. In dreißig Jahren wurde es nicht geschafft, den inneren Frieden herzustellen. Die Lebensbedingungen in West und Ost sind verschieden. Nachdem man jahrelang dafür die SED und die „marode Wirtschaft“ der DDR verantwortlich machte, kommt man inzwischen nicht umhin einzugestehen, dass bei der Vereinigung Fehler gemacht worden seien. Das Wort von der Kolonisierung macht die Runde. Wichtige Funktionen in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft werden unverändert von Westdeutschen besetzt, und diese ziehen wiederum ihresgleichen nach. Obgleich die Arbeitslosigkeit im Osten so niedrig ist wie seit 1990 nicht, es spürbare Bemühungen gibt, Renten und Gehälter dem Westniveau anzunähern, bleibt immer noch eine bemerkenswerte Differenz. Nach dreißig Jahren!

    Es ist auch weniger die soziale Ungerechtigkeit, die die Menschen im Osten bedrückt. Es ist die ungebrochene Vormundschaft, die über sie ausgeübt wird. Ihnen wird ihre Vergangenheit interpretiert, vorgeschrieben, gedeutet. In letzter Konsequenz ist es eine fortgesetzte Entmündigung. Der Vertrauensverlust in die Institutionen des Staates – Parteien eingeschlossen – ist so groß wie nie. Die Stunde der braunen Rattenfänger ist da. Faschisten saßen schon immer im Bundestag. Noch nie aber mit einer eigenen Fraktion ...

    Der Historiker in Heyms Roman „Der König David Bericht“, der mit der „richtigen“ Geschichtsschreibung beauftragt wurde, hieß Ethan ben Hoshaja. In Erinnerung an diesen Mann und seine Mission kann ich nur sagen: Solange die deutschen Ethans das Monopol auf die DDR-Geschichte, auf die Deutung von Mauerbau und Mauerfall besitzen, werden sich die Ostdeutschen bevormundet fühlen.

    Auch deshalb bin ich Ihnen dankbar, dass Sie mir Gelegenheit gaben, hier heute zu sprechen. In Zürich, in der Schweiz.

    Eine solche Einladung habe ich bisher von keiner deutschen Universität oder Fachhochschule erhalten. Und es gibt weit über dreihundert davon.

    Muss ich noch mehr sagen?

    #DDR #histoire

  • Terre : aux racines du capitalisme

    L’élément terre, dans son acception économique peut s’entendre de deux manières : la terre à exploiter, dont on peut tirer des ressources et du profit, et la Terre à préserver et à “sauver” d’un #capitalisme_prédateur qui l’épuise. L’idée de parler de capital Terre reprend deux notions incluses dans le terme Terre, à savoir comprendre la Terre à la fois comme notre planète et à la fois comme une ressource foncière. On ressent bien l’ambivalence dans l’expression capital Terre : la Terre est à la fois notre espace de vie, un espace commun et un bien précieux à préserver, mais elle est aussi une ressource dans laquelle puiser des richesses et dont on peut retirer des profits.
    Du 12ème au 19ème siècle : comment la croissance se fonde-t-elle sur le travail de la terre ?

    Selon Alessandro Stanziani, l’histoire économique de la terre comme capital commence au 12ème siècle, il précise "selon Fernand Braudel et Werner Sombart le capitalisme commence au 12ème siècle. Le capitalisme selon Braudel est identifié par le monopole, plutôt que la concurrence, et par la finance. Je complète cette définition avec la notion que les ressources sont uniquement à exploiter et non pas à préserver pour le futur et surtout que le travail doit être soumis à des contraintes sévères au long de plusieurs siècles. De ce point de vue-là, je n’associe pas, comme Marx, le travail et le capitalisme au travail salarié et au prolétaires, au contraire, j’associe les formes multiples du capitalisme aux formes différentes du travail contraint. D’où la possibilité d’inclure les régimes qui commencent au 12ème siècle sous le nom de capitalisme". Par ailleurs, du 12e au 19e, la hausse de la production agricole correspond à une augmentation des surfaces cultivées, en effet les déforestations n’ont cessé d’être présentes du néolithique au haut Moyen-Âge et elles s’accélèrent fortement entre le 8e et le 13e siècle. Cependant, même au 12ème siècle des contestations contre le déboisement et l’exploitation de la terre à des fins productives agraires existaient déjà, Alessandro Stanziani ajoute "les résistances sont importantes, plusieurs acteurs se rendent compte de la nécessité de préserver les forêts afin d’avoir de bonnes récoltes à côté, mais aussi pour des intérêts économiques, politiques et sociaux. Cette résistance est celle d’un capitalisme que j’appelle foncier, agraire et quasi industriel, qui va du 12ème au 19ème siècle".
    De 1870 à 1970 : vers un modèle productiviste et une surexploitation de l’élément terre

    Pendant ces décennies, l’exploitation des ressources de la terre et le système capitaliste connaissent des changements majeurs, marqués par une intensification remarquable. Alessandro Stanziani précise "dans l’agriculture et dans le pays du Nord, la mécanisation est très lente, mais on constate un changement significatif avec les semences. Après la crise de 29, aux Etats-Unis, on s’intéresse aux semences hybrides. Il y a des investissements massifs, on donne des semences hybrides aux fermiers américains et ensuite, on vend ces mêmes semences à l’Europe avec l’aide du plan Marshal et on impose aux agriculteurs européens d’avoir recours aux semences hybrides. L’avantage des semences hybrides, ce sont des rendements faramineux, ça commence par le maïs, la plante des plaines américaines, et de fait on arrive à nourrir de plus en plus de population à l’échelle mondiale. L’inconvénient c’est que les semences hybrides ont une durée de vie très courte, de un ou deux ans, pour qu’elles soient rentables il faut beaucoup de fertilisants chimiques. Les producteurs de semences produisent aussi le fertilisants chimiques, ils sont gagnants des deux côtés. Par ailleurs, ces producteurs ont le monopole et l’exclusivité de ce marché. Enfin, les rendements des hybrides commencent à décroître après 20 ans".
    De 1970 à 2050 : spéculer sur le capital Terre : la terre face à la libéralisation des marchés

    Les bouleversements majeurs ont lieu pendant les années 1970 : la fin du système de Bretton Woods, les chocs pétroliers, le déclin du keynésianisme et de l’État social en Occident et le début des réformes en Chine.
    Par ailleurs, la spéculation sur les produits agricoles s’élargit aux terres elles-mêmes : il ne s’agit pas seulement d’échanger des produits virtuels dont la plupart ne verront jamais le jour, mais de contrôler ces flux hypothétiques à l’échelle mondiale. Selon Alessandro Stanziani "avec le néolibéralisme des années 80 et surtout dans les années 1990, on assiste à la libéralisation totale des Bourses de marchandises, avec les spéculations sur les matières premières et sur le blé, et on arrive jusqu’aux crises de 2008/2010 et jusqu’au crise de nos jours sur la vie chère. C’est-à-dire que c’est une pénurie qui est provoquée, non pas par de mauvaises récoltes, mais surtout par les spéculations".

    https://www.radiofrance.fr/franceculture/podcasts/entendez-vous-l-eco/terre-aux-racines-du-capitalisme-8719942

    #capitalisme #terre #agriculture #histoire #économie_capitaliste #terres #Alessandro_Stanziani #capital_terre #spéculation #exploitation #foncier #ressource_foncière #à_écouter #ressources_pédagogiques #croissance #déforestation #forêts #déboisement #mécanisation #semences #semences_hybrides #plan_Marshal #maïs #rendements #industrie_agro-alimentaire #fertilisants #néolibéralisme #blé #matières_premières #pénurie #podcast #audio

    • Capital Terre. Une histoire longue du monde d’après (XIIe-XXIe siècle)

      Et si le cœur du problème de la faim dans le monde n’était pas la hausse de la population mais plutôt les modalités de la production agricole et surtout de la distribution au profit des plus riches ? Dans cet essai engagé pour des sociétés plus solidaires et plus justes, qui retrace l’histoire longue du capitalisme, Alessandro Stanziani propose de renouer avec le contrat social cher à J.-J. Rousseau et de faire de la démocratie, de l’égalité sociale et de l’environnement les trois piliers du monde d’après. Défenseur d’une politique publique conciliant croissance économique et démographique, droits du travail, lutte contre les inégalités et protection de la planète, il plaide pour la fin des spéculations sur les denrées alimentaires, de l’accaparement des terres et de la propriété industrielle, en particulier sur les semences, véritable « patrimoine de l’humanité », et prône une refonte plus égalitaire de la fiscalité et des finances publiques.
      Une pensée économique globale, qui se préoccupe autant de l’avenir de l’Asie et de l’Afrique que de celui de l’Europe, par un brillant historien reconnu à l’international et fort de décennies de recherches sur le terrain dans le monde entier.

      https://www.payot-rivages.fr/payot/livre/capital-terre-9782228929257
      #livre

    • The visualization presents monthly global temperature anomalies. This visualization is updated roughly two weeks after the end of each month.

      Temperature anomalies are deviations from a long term global avergage. In this case the period 1951-1980 is used to define the baseline for the anomaly. These temperatures are based on the GISS Surface Temperature Analysis (GISTEMP v4), an estimate of global surface temperature change. The data file used to create this visualization is publically accessible here.

      The term ’climate spiral’ describes an animated radial plot of global temperatures. Climate scientist Ed Hawkins from the National Centre for Atmospheric Science, University of Reading popularized this style of visualization in 2016.

      The Goddard Institute of Space Studies (GISS) is a NASA laboratory managed by the Earth Sciences Division of the agency’s Goddard Space Flight Center in Greenbelt, Maryland. The laboratory is affiliated with Columbia University’s Earth Institute and School of Engineering and Applied Science in New York.

  • Was steckt eigentlich hinter der Israelfreundschaft des deutschen Imperialismus? - 1. Teil – Siedlerkolonialismus, die preußische DNA des Zionismus
    https://www.kaz-online.de/artikel/1-teil-siedlerkolonialismus-die-preussische

    zu Teil 2 der Artikelserie
    https://seenthis.net/messages/1034372

    10. Oktober 2021: Letzter Staatsbesuch in Israel. Merkel beteuert gegenüber ihrem treuen Freund[1], Premierminister Naftali Bennett – auch im Namen zukünftiger deutscher Regierungen[2] – ihre unverbrüchliche Treue und Freundschaft zu Israel (angeblich als Lehre aus dem Holocaust) und deutsche Staatsräson als Selbstverpflichtung, Unterstützung und Treueschwur zum Projekt „jüdischer Staat“. Die Palästinenser fallen hinten runter; ihr Geschick sind „Einzelfragen“ und Merkel nur eine einzige Nennung ganz am Rande wert.

    Was steckt eigentlich hinter dieser deutschen Staatsräson`? Dieser Frage wollen wir in einer losen Folge mehrerer Artikel nachgehen. Sind es wirklich die Lehren aus dem Holocaust, (und wenn ja, welche Lehren werden da gezogen)? Oder spielen etwa noch ganz andere Gründe eine Rolle? Gibt es lange Linien des engen deutsch-imperialen Verhältnisses zum Zionismus?
    1. Teil – Siedlerkolonialismus, die preußische DNA des Zionismus
    Frühe Versuche deutscher Besiedlung Palästinas

    Bevor wir uns dem Zionismus zuwenden, beginnen wir mit der knappen Nennung einer wenig bekannten deutschen Traditionslinie kolonialer Landnahme und Besiedelung – dem Versuch, Palästina in eine deutsche, christliche Kolonie zu verwandeln. Er begann erheblich früher (und zunächst sogar erfolgreicher) als die jüdisch-zionistische Bewegung, nämlich bereits 1861 durch deutsche lutherisch-pietistische (millenaristische[3]) „Jerusalemfreunde“, die sog. „Templer“[4]. Diese gründeten bereits 1866 ihre erste deutsche Siedlerkolonie in der Nähe Nazareths, 1869 dann in Haifa, gefolgt von weiteren deutschen Kolonien in der Küstenebene, in Galiläa und nahe Jerusalems mit so klingenden Namen wie Walhalla, Waldheim und Wilhelmia. Der deutsche Imperialismus musste diese frühe koloniale Siedlungstätigkeit allerdings mit Waffengewalt gegen die Osmanischen Herrscher absichern. Zur Durchsetzung dieser frühen Form deutscher Staatsräson schickte Kaiser Wilhelm 1877-78[5] Kriegsschiffe vor die Küste Palästinas. So wie heute bei der Merkel‘schen „Sicherheit Israels“, ging es damals der kolonial-kaiserlichen Staatsräson um nichts weniger als die „Sicherheit“ jener Templergesellschaft. Ihr göttlich-germanischer Auftrag war dabei die Umwandlung Palästinas in einen christlichen Staat, welcher nach einem gewonnenen Weltkrieg Deutschland hätte zugesprochen werden sollen. Und genau wie später die Zionisten agierten auch die deutschen Templer in völliger Missachtung etwaiger Rechte der dort ansässigen Palästinenser. Palästinensische Bauern kämpften bereits damals an zwei Fronten, gegen zionistisch-jüdische, wie auch gegen christlich-deutsche Siedler – so etwa während des Aufstands der Jungtürken im Jahre 1908. Wieder schickte Kaiser Wilhelm Kanonenboote nach Palästina für die Sicherheit dieser treuen Träger deutscher Staatsräson. 1914, am Vorabend des 1. Weltkriegs, betrug die Zahl der Templer bereits fast 2.000, also mehr als die Gesamtzahl jüdischer Auswanderer aus Deutschland bis 1933 (über das weitere Schicksal der Templer, siehe nächster Teil).

    Der Zionismus war geistig ein Kind des 19. Jahrhunderts Mitteleuropas, der Phase bürgerlicher Nationalstaats- und Reichsgründungen, ausgedrückt im Slogan: „Ein Land ohne Volk für Volk ohne Land“. Die in Mitteleuropa verfolgten Juden sollten sich in der Welt umschauen, ein Land aussuchen und sich in diesem niederlassen, um dort ihr „Altneuland“ auszugründen, so die Idee Theodor Herzls. Diese Idee fußte natürlich nicht nur auf dem herrschenden europäischen, dem bürgerlich national-liberalen Denken, sondern im Besonderen auch auf dem seiner grausigen Zwillingsschwester, jener Methode, die gerade ihre traurige Blütephase erlebte – der imperialen Kolonialidee, dem Kolonialismus: Die besondere Brutalität des Kolonialismus, seine kaum aufzuzählenden Gräuel, die Massaker, Ausbeutung, Hungerkatastrophen und Sklaverei, bis hin zum Völkermord sind dabei mitnichten ein „Rückfall ins Mittelalter“; im Gegenteil – sie sind Ausdruck einer damals hochmodernen Ausbeutergesellschaft auf der Höhe ihrer Zeit[6]. Der Zionismus als siedlerkolonialistische Eroberungs- und Herrschaftsform ist hierbei keine Abweichung oder Ausnahme, sondern ein charakteristischer, wenngleich verspäteter Vertreter. Für die frühen Zionisten des 19. Jahrhunderts war der Kolonialismus eine ganz selbstverständliche, hochmoderne Methode.
    Auf der Suche nach dem passenden Kolonisationsmodell

    Es gab jedoch viele unterschiedliche Formen des Kolonialismus. Für welche besondere Richtung nun entschied sich der Zionismus? Die Beantwortung dieser Frage ist nötig, um das besondere Wesen des Zionismus bis hin zum Wesen des heutigen Staates Israel zu bestimmen.

    Der klassische Besatzungs- oder Mutterlandkolonialismus setzte eine kleine[7], militärisch-administrative Elite als Staatsbeamte ein, welche die Kolonie und ihre Bevölkerung im Auftrag des Mutterlandes beherrschte und ausbeutete. (So die Mehrzahl der Kolonien in Afrika und natürlich das Kronjuwel des Empires, der Subkontinent der britischen Ostindien-Kompanie. Eine andere Form kolonialer Ausbeutung bot die sog. Pflanzer-Kolonie, die überseeische Plantagenwirtschaft mit Zuckerrohr in Haiti und Kuba, oder mit den Baumwollplantagen in den amerikanischen Südstaaten. Auch das Modell französisch Algeriens (ab 1836[8]) war ein Pflanzer-Kolonialismus[9]. Im Gegensatz dazu stand das Modell des Siedlerkolonialismus, also der Ausgründung und Lossagung vom Mutterland, wie in den abtrünnigen Kolonien Englands – den puritanischen Nordstaaten (USA), der Sträflingskolonie Australien[10] oder der Kapkolonie der Buren (Südafrika).

    Vor dieser Entscheidung standen auch die zionistischen Einwanderer im osmanischen Palästina um die Jahrhundertwende. Manche befürworteten das Modell der französischen Pflanzerkolonie – die ersten kolonialen Erfolge erzielte Baron de Rothschild, der palästinensische Latifundien aufkaufte[11] und mit großem Kapital der Jüdischen Kolonisationsvereinigung (JCA)[12] in erfolgreiche Exportplantagen für Orangen und Wein umwandelte. Für ihn sprachen v.a. die wirtschaftlichen Erfolge, die Profitabilität der agrarischen Plantagenindustrie[13], welche jedoch auf Ausbeutung billiger lokaler, also palästinensischer Arbeitskraft beruhte. Hiergegen wandten sich die Führer der Jüdischen Agentur (JA) und der Zionistischen Weltorganisation (WZO), sowie des Jüdischen Nationalfonds (JNF).

    Als bestimmendes Merkmal ihres Kolonisierungsansatzes legte der JNF in seiner Präambel die Unveräußerlichkeit einmal erworbenen „jüdischen“ Landes fest, also das Verbot der Rückgabe und sogar der Nutzungsüberlassung für Nichtjuden. Dies war die Grundsatzentscheidung für einen ethnisch reinen Siedlerkolonialismus, das Wesensmerkmal des Zionismus und Israels bis heute – ein Ansatz der unmittelbar, grundsätzlich und systematisch auf Verdrängung der ansässigen Bevölkerung setzte und setzt.
    Der Kongress spricht deutsch

    Woher aber kam diese Idee? Wer diente als Leitbild? Wessen Kolonisationsmodell wurde da übernommen?

    Hierzu muss man wissen, dass der Zionismus eine mitteleuropäische Bewegung war, deren Führer und Vordenker ganz überwiegend aus dem deutschen Sprachraum stammten. Die Lingua franca der auf dem Ersten Zionistenkongress in Basel 1897 gegründeten Bewegung war nicht etwa englisch, geschweige denn russisch[14] oder jiddisch[15]: Der Kongress sprach deutsch, zumindest seine Führung. Allerdings fand das Anliegen der Auswanderung und Kolonisierung Palästinas unter der Masse deutschen Juden[16] keinen Widerhall: Von 1900 bis 1933 wanderten gerade einmal 2.000 deutsche Juden nach Palästina aus. Das sollte sich mit der Machtübernahme des deutschen Faschismus schlagartig ändern[17] ...

    Gleichwohl orientierten sich die zionistischen Planer und Entscheidungsträger an ihrem deutschen, wilhelminischen Umfeld und dabei unmittelbar an den deutschen Kolonialerfahrungen – sie feierten deren Erfolge und übten konstruktive Kritik an ihren „Fehlschlägen“. Sie waren aktive Teilnehmer am deutschen Kolonial-Diskurs, und nicht etwa als Kritiker: Sie waren eng mit den nicht-jüdischen deutschen Kolonialplanern und -Wissenschaftlern bekannt und befreundet, besuchten deren Kolonialtagungen[18] und lasen und publizierten in der Kolonialzeitschrift „Der Tropenpflanzer“[19], etc.

    Nach einem Jahrzehnt heißer Diskussionen entschieden sich die Funktionäre der WZO und des JNF gegen den französischen Pflanzer-Kolonialismus in Algerien und für ein, im wörtlichen Sinne, viel näherliegendes Konkurrenzmodell[20]:
    Das Modell der Königlich-Preußischen Ansiedlungs­kommission für Westpreußen und Posen.

    Seine besondere Aggressivität verdankt der deutsche Imperialismus nicht zuletzt seiner preußischen DNA, der Herrschaftsform des preußischen Militarismus. Dieser ruhte seit jeher auf zwei Säulen, also lange vor der Deutschen Reichsgründung 1871 und noch lange nach dessen Untergang 1918: Einerseits der räumlichen Expansion, also äußerer Kolonisation durch Krieg, Raub und Annexion und andererseits der demographischen Expansion, der sog. „Inneren Kolonisation“, also ethnischer Säuberung durch Verdrängung, Vertreibung oder Mord. War das Geschäftsmodell des Preußentums seit jeher die gewaltsame Expansion, so war seine Richtung „gen Osten“ – die Eroberung von „Lebensraum“ und seine „Germanisierung“[21]. Ein besonderes Kapitel nahm dabei die Provinz Posen ein, welche das Deutsche Reich in mehreren Schritten nach der zweiten Teilung Polens erobert und schließlich annektiert hatte[22]. Die räumliche Eroberung und gewaltsame Eingliederung ins Deutsche Kaiserreich genügten dem deutschen Imperialismus jedoch nicht.

    Im April 1886 beschloss das Preußische Abgeordnetenhaus per Gesetz eine Königliche Kommission[23] für die Ansiedlung Deutscher in den Provinzen Westpreußen und Posen. „Ansiedlung“ war dabei die euphemistische Umschreibung einer beispiellosen Gewaltkampagne mit dem Ziel der „Germanisierung“ Poznańs. Diese umfasste hauptsächlich zwei, miteinander verschränkte Elemente: Landerwerb zum Zwecke der „Neuansiedlung“, sowie Vertreibung; also, zunächst durch systematischen, selektiven und staatlich finanzierten Landkauf von polnischen Bauern. Aus dem Reich sollten „germanische“ Neusiedler angeworben, mit üppigen staatlichen Geldern ansässig gemacht und zu Bauern umgewandelt werden. Die Kampagne steigerte sich von systematischer Diskriminierung hin zu offener Gewalt. Bereits das Ansiedlungsgesetz von 1886 verbot Polen, ein Haus zu bauen. Zugleich war aber der Landaufkauf von polnischen Besitzern zunehmend nicht mehr zu „freiwillig“ bewerkstelligen. Der Ostmarkenverein (gegr. in Posen 1894), angelehnt an die Deutschen Ritterorden und unterstützt durch Altkanzler Bismarck, befand folgerichtig die herrschende Germanisierungspolitik als zu lasch und tolerant und forderte eine aggressivere Siedlungsförderung. Die Kommission schaltete auf eine härtere Gangart um: Das Enteignungsgesetz von 1908 erlaubte es der Kommission, polnisches Land zu enteignen, „zur Stärkung des Deutschtums“.
    Fazit

    Wir können feststellen: Die Ansiedlungskommission folgte hier, anders als der französische, britische oder spanische Pflanzer-Kolonialismus, nicht dem Kalkül optimaler, rentabler Ausbeutung. Im Gegenteil, es ließ sich diese 30-jährige Gewaltkampagne bis zum Untergang des Deutschen Kaiserreiches 1918 und der Abtretung Poznańs an Polen 1920 Unsummen staatlicher Gelder kosten – geschätzt rund eine Milliarde Reichsmark[24]. Zugleich mussten Polen vertrieben werden, denn dies war ja von vornherein das erklärte Ziel. Zunächst geschah das ökonomisch, mit wenig Erfolg; schließlich und deshalb durch stetig wachsende staatliche Repression.

    Am Rande sei hier bemerkt: Letztlich scheiterte die Ansiedlungskommission krachend – an inneren Widersprüchen[25], polnischem Widerstand[26] und nicht zuletzt auch dem verlorenen Weltkrieg. (Das hielt den deutschen Imperialismus nicht davon ab, es 20 Jahre später erneut, umso erbitterter, in vielem größerem Maßstab und mit unvergleichlich höherer Gewaltbereitschaft, wieder zu versuchen – im Kampf um deutschen „Lebensraum“ und seine „Germanisierung“ ... Das Rezept hierzu blieb ein und dasselbe: Einerseits Expansion durch „Aneignung“, als Raub; sowie andererseits Besiedlung durch Germanen, also „Verdrängung“ durch Entrechtung, Vertreibung und Massenmord[27].)
    Zionistische Grundsatzent­scheidung

    Einer der wichtigsten Führer der zionistischen Bewegung war der deutsche Soziologe und Rasse-Eugeniker Arthur Ruppin, geboren in preußisch Posen 1876. Anders als Ben Gurion war dieser „Vater der zionistischen Siedlungsbewegung“ mehr Funktionär und strategischer Planer für die Raumplanung, Landkäufe und Ansiedlung zionistischer Einwanderer, also die „jüdische Kolonisation Palästinas“, insbesondere der Landwirtschaft[28]. Ruppin untersuchte eingehend die v.a. wirtschaftsgeographischen Gegebenheiten osmanisch Palästinas und prüfte sie im Hinblick auf ihre Eignung für die jüdische Kolonisation[29]. Entsandt als Leiter einer Erkundungsmission der zionistischen Exekutive[30] brach er bereits im Juni 1907, nur zwei Wochen nach seiner Ankunft in Palästina radikal mit den vorherrschenden Konzepten der jüdischen Pflanzungen eines Baron Rothschild. Er empfahl stattdessen das deutsche Modell:

    „Ich betrachte die Arbeit des JNF als ähnlich wie die der Kolonisierungskommission in Posen und Westpreußen. Der JNF wird Land kaufen, wenn es von Nichtjuden angeboten wird, und es entweder ganz oder teilweise an Juden weiterverkaufen.“[31]

    Ein weiterer, fast ebenso wichtiger zionistischer Führer war der Agrarwissenschaftler Otto Warburg[32] (1859-1938), seines Zeichens Mitbegründer des Kolonialwirtschaftlichen Komitees (KWK) des Deutschen Reiches und selbst Mitglied der Königlich-Preußischen Ansiedlungskommission in Posen, sowie später, ab 1911, zehn Jahre lang Präsident der Zionistischen Organisation (ZO) – also während der entscheidenden Jahre der zionistischen Weichenstellung und noch vor dem Zusammenbruch der deutschen Welteroberungspläne[33]. Der Raumplaner und Tropenbotaniker Warburg bestätigte und bekräftigte[34] die königlich-preußische DNA des damaligen Zionismus; über die Methoden der Land-Entwicklungsgesellschaft Palästina (PLDC) betonte er, sie werde:

    „keine neuen Wege, keine neuen Experimente unbekannter Natur vorschlagen. Wir gehen stattdessen von der preußischen Kolonisationsmethode aus, wie sie in den letzten zehn Jahren von der Ansiedlungskommission praktiziert wurde.“
    Unterschiede und Gemein­samkeiten

    Anders als die Arbeit der Ansiedlungskommission für Posen wurde dieses neue, zionistische Projekt der „jüdischen Autonomie“ kein Fehlschlag, sondern ein bahnbrechender Erfolg – aus zionistischer, nicht aus palästinensischer Sicht, versteht sich.

    Frappierend sind hierbei die Ähnlichkeiten der beiden Unternehmen, bis ins planerische Detail:

    – Die Größe des Landes – Posen war gleich groß wie Palästina

    – Landwirtschaftliche Anbauarten und -formen

    – Die durchschnittliche Farmgröße der Neusiedler

    – Die eingesetzten finanziellen Mittel: Landkauf und staatliche, bzw. proto-staatliche Zuteilung

    – Unterordnung des Profits unter die politische Zielstellung[35]: Raumplanung & Demographie

    – Vor allem aber die einseitige und grundsätzliche Feinderklärung gegen das bereits ansässige, hierbei hinderliche Volk,

    – und die Zielstellung der demographischen Verdrängung, bis hin zur Wahl der hierfür erforderlichen Mittel (Verdrängung, ökonomische Austrocknung, gewaltsame Vertreibung)

    Vor allem in diesem letzten Punkt, der Verdrängung der Palästinenser zum Zwecke der Herstellung einer jüdischen Mehrheit zeigte er sich als ein gelehriger Schüler Theodor Herzls. Denn Herzl schrieb schon 1896 seinen Vorschlag in dem Buch „Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage“ nieder, die Juden sollen sich in Palästina ansiedeln und einen „Schutzwall gegen Asien“ bilden: „Wir würden den Vorpostendienst der Kultur gegen die Barbarei besorgen.“ Die Amtssprache sollte Deutsch sein, Deutschland sogar die Schutzmacht[36]. Zum Vergleich: Ziel und Auftrag der Preußischen Ansiedlungskommission war: Ein „lebendiger Wall gegen die slawische Flut“[37].

    Bevor wir diesen historischen Abriss in den nächsten Ausgaben fortsetzen, sei hier bereits festzuhalten: Die heute wieder ausgerufene Staatsräson richtet sich nicht nur unmittelbar gegen die elementaren Lebens- und Freiheitsinteressen des palästinensischen Volkes. Indem sie die deutsche Unterstützung israelischer Kriegsverbrechen heute auf das „historische Erbe“ des Holocaust und damit die ganze deutsche Geschichte auf diese einzige Ereignis reduziert, verharmlost sie all die anderen finsteren Kapitel der Geschichte des deutschen Imperialismus und versucht sie vergessen zu machen. Eine neue Tradition wird erfunden. Sie beinhaltet die Verdrängung und sogar Leugnung der fortdauernden Kontinuitäten deutscher Kolonial- und Kriegsverbrechen – vom Völkermord an den Herero und Nama[38] bis zur kolonialen Raubkunst, dem Luf-Boot im Berliner Humboldt-Forum. Der Holocaust mutiert damit vom Gipfelpunkt deutscher Kriegsverbrechen zu einem einmaligen Ausrutscher, einem Betriebsunfall einer ansonsten blitzsauberen Nationalgeschichte, oder wie Gauland von der AfD es ausdrückt: „ein Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“.

    AG Palästina

    1 und ehem. Chef des sog. „Siedlerrates“

    2 Im nur 12 Seiten kurzen ersten Sondierungspapier der neuen Ampelkoalition muss bereits, und ohne jeden inhaltlichen Zusammenhang, diese Staatsräson beteuert werden.

    3 Eine christliche Heils- und Endzeitlehre; eine ihrer Ausprägungen ist auch als christlicher Zionismus bekannt.

    4 Ihren Namen entlehnten diese nicht den gleichnamigen Orden aus den Kreuzzügen des Mittelalters; vielmehr wollten sie vor dem nahenden Weltuntergang eine eigene Kirche, einen rettenden, einzig wahren „Deutschen Tempel“ in Palästina errichten.

    5 Während des osmanisch-russischen Krieges.

    6 in schroffem Kontrast, geradezu als Zerrspiegelung jener bürgerlichen Freiheitsideale, die sich die Französische Revolution aufs Panier geschrieben hatte und im Inneren, in den Mutterländern des Kolonialismus, wenngleich zu unterschiedlichem Grad, durchsetzte.

    7 Nur 20.000 britische Kolonialbeamte und Truppen herrschten über 300 Millionen Inder (ein „Bevölkerungs“-Anteil von 0,007%)!

    8 Mit einer Politik der sog. „begrenzten Kolonisation“ ab 1837; fr.wikipedia.org/wiki/Algérie_française

    9 Auch der deutsche Imperialismus hatte beiden Optionen im Auge, sei es als Überseegebiete und Hafenstützpunkte wie der sog. Musterkolonie Kiautschou in China oder den typischen Plantagenkolonien der deutschen Kolonialzeitschrift: „Der Tropenpflanzer“ in tropischen Regionen Afrikas – in Togo, Kamerun und Deutsch-Ostafrika.

    10 Anders als Neuseeland.

    11 Petah Tiqwah (1878), Zikhron Yaakov (1882)

    12 Einer 1891 in London nach englischem Recht gegründeten Aktiengesellschaft.

    13 Diese erforderte auch große Investitionen in Abfüllanlagen, Eisenbahnstrecken zu den Häfen, etc.

    14 Die riesige Masse der Juden Europas lebte im damaligen Zarenreich, welches auch Polen umfasste.

    15 Jiddisch war eine eigene Sprache der osteuropäischen Juden, eine Mischung, bzw. Abwandlung des Deutschen mit vielen hebräischen Lehnswörtern aber ansonsten deutschem Wortschatz und deutscher Grammatik. Im Gegensatz zu den Zionisten sprach der Jüdische Bund, die sozialdemokratische, revolutionäre Arbeiterbewegung im zaristischen Russland, Jiddisch. Die Bundisten waren scharfe Gegner der bürgerlichen Zionisten und ihrer Auswanderungspläne. Sie kämpften für den Sozialismus, an der Seite ihrer nichtjüdischen Klassengenossen, für ein sozialistisches Russland ohne Antisemitismus und ohne jede Klassenunterdrückung und Rassismus. In Osteuropa vertrat der Bund die riesige Mehrheit der modernen nicht-orthodoxen Juden, v.a. des Proletariats.

    16 Wenngleich die Zionisten unter den Juden Deutschlands im Jahre 1900 nur eine verschwindende Minderheit von 4% darstellten.

    17 siehe nächster Teil der Artikelserie.

    18 „Köthener Kurse für koloniale Technik“ (1905); in: „Altneuland: Monatsschrift für die wirtschaftliche Erschließung Palästinas“; sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/2266000.

    19 Welche vom späteren Zionisten Otto Warburg initiiert worden war.

    20 Bis 1916 erwartete Ben Gurion, die Deutschen und Osmanen würden den 1. Weltkrieg gewinnen. Deshalb bemühten sich die Zionisten von Anbeginn um eine Konvergenz mit den deutschen Kolonial-Interessen und ihren Konzepten (z.B. der Bagdadbahn ...).

    21 Pate stand hierbei der Deutsche Orden, ein Ritterorden seit den Kreuzzügen im späten 12. Jahrhundert.

    22 Auch hier war die räumliche militärische Expansion nach außen – in Konkurrenz zum Zaren- und Habsburger Reich – ständig begleitet von innerer Expansion und Aggression, also der Niederschlagung polnischer Aufstände gegen die preußische Unterjochung und Fremdherrschaft.

    23 mit Sitz in Posen.

    24 Zu einer Zeit, da das monatliche Durchschnittseinkommen im Deutschen Reich 58,– RM betrug.

    25 Willige Neusiedler aus dem Reich ließen sich kaum finden – im Gegenteil: Immer mehr verarmte Reichsdeutsche wanderten nach Westen ab, Richtung Industrie. Zugleich erpressten die bankrotten Junker den preußischen Staat mit der Androhung von Landverkauf. Preußen kaufte letztlich vor allem ihnen, und nicht Polen Land ab – zu horrenden Preisen – genau wie wir es hundert Jahre später durch die Treuhand erleben sollten.

    26 Die Polen Poznańs gründeten eine eigene, erfolgreichere Landkaufbank (Bank Ziemski) und nicht zuletzt führten gerade die preußischen Gewaltmaßnahmen zu einem Aufschwung der polnischen Nationalbewegung mit vielfältigen Widerstandsformen auf allen Ebenen, genau wie Jahrzehnte die Palästinenser.

    27 Der „Hungerplan“ der deutschen Generalität und Staatssekretäre vom Mai 1941 sah die Ermordung von 32 Millionen slawischer „Untermenschen“ vor.

    28 So sein Buch von 1925: „Die landwirtschaftliche Kolonisation der zionistischen Organisation in Palästina.“ (Berlin, Aufbau), www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/EAMEFO2BTUUSJZKL426GB3C5G4ORB7KL

    29 A. Ruppin (1916): „Syrien als Wirtschaftsgebiet“. www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/XZGNBOXOORYVH4TRF35G3IGA6ECL4XUJ

    30 Später Leiter des „Palästinaamts“, der offiziellen Vertretung der Zionistischen Weltorganisation (WZO)

    31 Brief an den Präsidenten des JNF, Juni 1907; zit. nach: Kressel, G. (1951): „Korot“ („Die Ereignisse“). Der Jüdische Nationalfonds, Jerusalem (auf Hebräisch), S. 60.

    32 Nicht zu verwechseln mit dem Freiburger Biochemiker und Nobelpreisträger Otto Heinrich Warburg ...

    33 Ab 1920 und bis zu seinem Tod 1938, vertrat Warburg die WZO in Berlin

    34 Brief an Ussishkin (1908); zit. nach G. Shafir (1989): Land, Labour and the Origins of the Israeli-Palestinian Conflict. 1882-1914. Cambridge

    35 Was jedoch nichts mit „Sozialismus“ zu tun hat, wie oft missverständlich interpretiert wird

    36 www1.wdr.de/stichtag/stichtag3000.html

    37 Die Hetze gegen angebliche „Fluten“ fremder Einwanderer, sog. „Asylanten“, ist längst wieder täglicher Sprachgebrauch der herrschenden Klasse. Beim Abzug der deutschen Truppen aus Kabul, im August 2021, tönte es unisono, von Grünen bis AfD, eine „Flutwelle“ wie „2015 darf sich nicht wiederholen“.

    38 Noch im Mail 2021 verweigerte Steinmeier Reparationszahlungen an die Nachkommen der Opfer in Namibia, www.fr.de/politik/ich-habe-deutsche-vorfahren-dank-einer-vergewaltigung-90988520.html

    Kommunistische Arbeiterzeitung, KAZ Nr. 377

    #Allemagne #Israël #sionisme #impérialisme #nationalisme #histoire

  • CDU-Spendenaffäre : Von schwarzen Kassen, Geheimnissen und dem Erbe Wolfgang Schäubles
    https://www.telepolis.de/features/CDU-Spendenaffaere-Von-schwarzen-Kassen-Geheimnissen-und-dem-Erbe-Wolfgang

    Avec le docteur Schäuble nous enterrons les souvenirs d’une génération de corrompus. Les élites politiques allemandes n’ont jamais cessés de se faire acheter par les producteurs d’armes et d’autres fabricants de la mort. Noublions jamais que les cercles du pouvoir ont sans exception des racines dans le régime nazi.

    28.12.2023 von Harald Neuber - Wolfgang Schäubles Karriere war auch von Machenschaften geprägt. Vor allem von der Spendenaffäre. Es gab noch andere Verantwortliche, wie ein Interview aus 2004 zeigt.

    Wolfgang Schäubles Karriere war auch von Machenschaften geprägt. Vor allem von der Spendenaffäre. Es gab noch andere Verantwortliche, wie ein Interview aus 2004 zeigt.

    Wenig Negatives wurde über Wolfgang Schäuble nach seinem Tod am Dienstag dieser Woche geschrieben. Über Tote (fast) nur Gutes, galt auch hier. Ein wenig in Vergessenheit scheint das Motto des Verstorbenen und des ehemaligen Bundeskanzlers, Vorgesetzten und Parteifreund Helmut Kohl: "De donatoribus nil nisi bene. Über Spender nichts Schlechtes.

    Eigentlich sogar überhaupt nichts: Nach der CDU-Parteispendenaffäre behielten beide Christdemokraten, allen voran Kohl, Details zu den Zuwendungen, Geldgebern und möglichen Deals für sich.

    Die CDU-Spendenaffäre hatte Ende der 1990er-Jahre die deutsche politische Landschaft Deutschlands erschüttert. Der Skandal drehte sich um illegale Parteispenden, die die CDU in den Jahren 1991 bis 1999 entgegengenommen hatte. Eine Schlüsselfigur war Wolfgang Schäuble, damals Generalsekretär der CDU und später Bundesinnenminister. Schäuble ist nun im Alter von 81 Jahren gestorben.

    Die Affäre nahm ihren Lauf, nachdem enthüllt wurde, dass die CDU erhebliche Geldsummen aus schwarzen Kassen erhalten hatte. Diese nicht deklarierten Gelder stammten von Unternehmen und Einzelpersonen, die ihre Identität verschleierte. Sie flossen unter anderem in den Wahlkampf der Partei. Der Vorwurf lautete auf Verstoß gegen das deutsche Parteispendengesetz, da die Herkunft der Spenden nicht offengelegt wurde.

    Wolfgang Schäuble trug als Generalsekretär der CDU die politische Verantwortung für die Vorgänge in der Partei. Im Februar 2000 übernahm er die Konsequenzen und trat als CDU-Vorsitzender zurück. Schäuble betonte stets, erst nachträglich von den illegalen Spenden erfahren zu haben, und bestritt jegliches Wissen oder Beteiligung an unrechtmäßigen Machenschaften.

    Die Affäre hatte weitreichende politische Folgen. Mehrere führende CDU-Politiker traten ebenfalls zurück, und es wurden Ermittlungen eingeleitet. Obwohl Wolfgang Schäuble selbst nicht strafrechtlich belangt wurde, prägte die Spendenaffäre sein politisches Erbe.
    Lesen Sie auch

    Sie trug dazu bei, die Diskussion über Transparenz in der Parteienfinanzierung zu intensivieren und führte zu verstärkten Bemühungen um Reformen in diesem Bereich. Insgesamt hatte die CDU-Spendenaffäre einen nachhaltigen Einfluss auf die deutsche politische Kultur und die Wahrnehmung von Parteienfinanzierung.

    Journalisten und politische Beobachter gehen davon aus, dass die Spenden politische Entscheidungen der CDU beeinflussten. Die Gelder, die über Schweizer Konten flossen, wurden unter anderem für den Wahlkampf und andere politische Aktivitäten verwendet. Als die Affäre aufflog, führte sie zu politischen Konsequenzen, Rücktritten von führenden CDU-Politikern und Ermittlungen.

    Im Dezember 2000 verlor die CDU aufgrund der illegalen Spenden 7,7 Millionen D-Mark aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Kohl verweigerte sich trotz dieser Konsequenzen weiterhin, die Namen der Spender zu nennen.
    Warum Helmut Kohl nicht in Beugehaft kam

    Als Geschädigte hätte die CDU Kohl in Beugehaft nehmen lassen können, um ihn zur Namensnennung zu zwingen. Die Partei verzichtete jedoch auf diesen Schritt. Mitte Januar des Jahres 2000 trat Kohl als CDU-Ehrenvorsitzender zurück.

    Zu der kriminellen Struktur um Kohl und Schäuble gehörte auch Holger Pfahls. Der CSU-Politiker war in den 1990er-Jahren auch für einige Zeit Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium unter Minister Volker Rühe.

    Pfahls geriet ins Visier der Ermittlungen, weil er im Jahr 1991 von dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber eine Million Mark erhalten hatte. Es wurde angenommen, dass dies als Gegenleistung für die Vermittlung von Rüstungsaufträgen gedacht war. Pfahls wurde deswegen im Zusammenhang mit Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung angeklagt.
    Staatssekretär Pfahls in Haft

    Im Jahr 2001 wurde Pfahls in Paris festgenommen, nachdem er sich mehrere Jahre der Fahndung entzogen hatte. 2003 wurde er in Deutschland zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Seine Verurteilung trug dazu bei, die Verwicklungen der CDU in die Parteispendenaffäre zu beleuchten und legte einen Teil der fragwürdigen Finanzpraktiken offen, die zu einem Umdenken in der deutschen Parteienfinanzierung führten.

    Mitte August 2004, sprach Telepolis mit dem damaligen grünen Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele. Ströbele, der Ende August vergangenen Jahres verstorben ist, gehörte zu den vehementesten Aufklärern der CDU-Parteispendenaffäre. Im Interview mit Telepolis sprach er über die Auslieferung von Pfahls und die Position der damaligen CDU-Generalsekretärin, Angela Merkel. Merkel übernahm im Jahr darauf das Amt der Bundeskanzlerin.
    Hans-Christian Ströbele im August 2004 zur CDU-Spendenaffäre

    CDU-Generalsekretärin Angela Merkel wirkt vor der Auslieferung des ehemaligen Staatssekretärs Holger Pfahls nach Deutschland recht gelassen. Seine Aussagen würden nichts Neues in Bezug auf die Parteispendenaffäre der CDU/CSU erwarten lassen, sagt Frau Merkel. Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie diese Einschätzung nicht teilen?

    Absolut. Ein solches Urteil ist Unsinn, weil Frau Merkel die Aussagen von Herrn Pfahls doch wohl bisher nicht kennen kann. Tatsache ist, dass es sich bei Herrn Pfahls um ein CSU-Mitglied und einen Mitarbeiter der damaligen Unions-Bundesregierung handelt, der Anfang der Neunzigerjahre in höchstem Maße in den Panzerdeal der Firma Thyssen mit Saudi-Arabien verstrickt war. Bei diesem Geschäft sind nachweislich 220 Millionen D-Mark (112,5 Mio. Euro) an „nützlichen Aufwendungen“ geflossen.

    Schmiergelder?

    So ist es auch; für Bestechung, Schmieren und Provisionen. Und auch Frau Merkel wird nicht bestreiten, dass aus diesen Aufwendungen der Betrag von einer Million D-Mark (511.000 Euro) auf die Schwarzkonten der CDU geflossen sind. Dies wurde im Laufe des inzwischen abgeschlossenen parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Spendenaffäre festgestellt.

    Es besteht also eine direkte Verbindung zwischen Pfahls’ Strafsache und der Spendenaffäre?

    Das ist richtig.

    Auch der frühere Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Volker Neumann (SPD), geht von neuen Erkenntnissen durch die Aussagen von Holger Pfahls aus, weil dieser umgerechnet nur 1,9 Millionen Euro erhalten habe, „und niemand für diese Summe untertaucht“. Ist eine solche Hypothese nicht etwas dünn, um einen neuen Untersuchungsausschuss zu fordern?

    Ich bin mir mit eigentlich allen Kennern aus der SPD- und meiner Fraktion einig, unter welcher Voraussetzung ein neuer Untersuchungsausschuss eingerichtet werden sollte. Der alte Ausschuss hat auf der damaligen Faktenbasis seine Untersuchungen abgeschlossen und konnte, wie allgemein bekannt sein dürfte, in einigen wichtigen Fragen zu keinem Ergebnis kommen.

    Es müsste also ein neuer Ausschuss eingerichtet werden, unter Umständen auch mit neuen Mitgliedern. Das kommt aber nur dann in Betracht - wird dann aber auch zwingend notwendig -, wenn Herr Pfahl eine umfassende Aussage macht. Es würde nicht genügen, wenn er nur seine Schuld eingesteht oder seine Unschuld beteuert. Im Falle einer Aussage aber kämen wir an einem neuen Untersuchungsausschuss gar nicht vorbei, denn Herr Pfahl gehört unbestritten zu den Leuten, die über wesentliche Fragen Auskunft geben können, an denen der alte Ausschuss gescheitert ist.

    Mal konkreter: Um welche neuen Erkenntnisse geht es?

    Vor allem um den angesprochenen Panzerdeal mit Saudi-Arabien. Herr Pfahl war in diesen Geschäftsvorgang von Anfang an involviert. Er weiß um die Kenntnisse der anderen Regierungsstellen, von Ministern der damaligen Regierung und vor allem des Kanzleramts. Herr Pfahls spielt aber auch in der Affäre um Schmiergeldzahlungen bei der Privatisierung der Leuna-Raffinerien eine Rolle. Auch dort soll er vermittelnd tätig gewesen sein.

    Was aber, wenn Herr Pfahls trotz all dieser nachgewiesenen Verbindungen von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht - so wie Helmut Kohl und andere?

    Das kann er natürlich. Herr Pfahls wird sich nach seiner bevorstehenden Auslieferung aber einer bereits zugelassenen Anklage vor der Staatsanwaltschaft Augsburg stellen müssen. Er braucht dort auch keine Silbe zu sagen. Allerdings gehe ich davon aus, dass er selbst ein Interesse hat auszusagen. Würde er der Anklage entsprechend verurteilt, drohte ihm eine erhebliche Freiheitsstrafe. Allen Erfahrungen nach fördert eine solche Perspektive die Auskunftsbereitschaft.

    Aus der Union, aber auch aus der FDP-Bundestagsfraktion wurden Sie wegen der Forderung nach einem neuen Ausschuss als „unseriös“ bezeichnet. Müssten Sie nicht tatsächlich zunächst die Aussagen von Holger Pfahls abwarten?

    Die Forderung aus den Fraktionen der Grünen und der SPD nach einem neuen Untersuchungsausschuss war immer an die Bedingung geknüpft, dass Herr Pfahls eine Aussage macht. Ich habe aber volles Verständnis, dass keine der Parteien, die an der damaligen Bundesregierung beteiligt waren, heute ein Interesse daran haben, die Untersuchungen neu aufzurollen – wenn neue Erkenntnisquellen zur Verfügung stehen.

    #Allemagne #politique #corruption #histoire

  • La #guerre et sa légende
    https://laviedesidees.fr/La-guerre-et-sa-legende

    Florence Alazard plonge dans le monde de la guerre au XVIe siècle à travers le portrait de Giovanni de’ Medici, devenu après sa mort un personnage de légende : « Jean des Bandes Noires ». Cette biographie tisse, avec précautions et clarté, le portrait d’une #Italie meurtrie par la guerre. À propos de : Florence Alazard, Jean des Bandes Noires. Un condottière dans les guerres d’Italie, Passés composés

    #Histoire #Renaissance
    https://laviedesidees.fr/IMG/docx/20231229_medici.docx
    https://laviedesidees.fr/IMG/pdf/20231229_medici.pdf

    • Les Révoltes du ciel , Jean-Baptiste F... | Editions Seuil
      https://www.seuil.com/ouvrage/les-revoltes-du-ciel-jean-baptiste-fressoz/9782021058147

      Sciences humaines
      Accueil Catalogue Sciences humaines Les Révoltes du ciel
      Les Révoltes du ciel
      Visuel HD
      Les Révoltes du ciel
      Une histoire du changement climatique XVe-XXe siècle
      Jean-Baptiste Fressoz
      Fabien Locher

      De l’aube de l’époque moderne au milieu du XXe siècle, les sociétés occidentales ont débattu du changement climatique, de ses causes et de ses effets sur les équilibres écologiques, sociaux, politiques. On ne se préoccupait alors ni de CO2 ni d’effet de serre. On pensait par contre que couper les forêts et transformer la planète modifieraient les pluies, les températures, les saisons. Cette question fut posée partout où l’histoire avançait à grands pas : par les Conquistadors au Nouveau Monde, par les révolutionnaires de 1789, par les savants et les tribuns politiques du XIXe siècle, par les impérialistes européens en Asie et en Afrique jusqu’à la Seconde Guerre mondiale.
      Cette enquête magistrale raconte pour la première fois les angoisses et les espoirs de sociétés qui, soumises aux aléas du ciel, pensent et anticipent les changements climatiques. Elle montre que la transformation du climat fût au coeur de débats fondamentaux sur la colonisation, Dieu, l’Etat, la nature et le capitalisme et que de ces batailles ont émergé certains concepts-clés des politiques et des sciences environnementales contemporaines. Si, pendant un bref laps de temps, l’industrie et la science nous ont inculqué l’illusion rassurante d’un climat impassible, il nous faut, à l’heure du réchauffement global, affronter de nouveau les révoltes du ciel.

      Jean-Baptiste Fressoz est historien, chercheur au CNRS, auteur de L’Apocalypse joyeuse. Une histoire du risque technologique (Seuil, 2012) et, avec C. Bonneuil, de L’Événement anthropocène. La Terre, l’histoire et nous (Seuil, 2016).

      Fabien Locher est historien, chercheur au CNRS, il a codirigé récemment les volumes Posséder la nature. Environnement et propriété dans l’histoire (avec F. Graber) et Crash Testing Property : How Disasters Reshape and Reveal Property Institutions (avec M. Elie).

  • OCL ? UCL ? On n’y comprend plus rien ! - OCL - Organisation Communiste Libertaire
    https://oclibertaire.lautre.net/spip.php?article4020

    Un drapeau qui flotte au vent, le U de l’UCL (communiste libertaire) dans un pli qui se transforme en O ; un peu plus loin des vendeurs de Courant alternatif lui aussi communiste libertaire. La confusion est à son comble. CA est-il édité par l’UCL ? Ou vice versa. Depuis quelque temps pas mal de gens nous demandent si c’est la même chose et sinon quelle est la différence…

    [...] Les militants UCL sont #syndicalistes, les militants OCL sont éventuellement #syndiqués. Cela veut dire que les premiers tendent à s’investir à tous les étages de la vie syndicale, jusqu’au sommet lorsqu’ils le peuvent, jusqu’à avoir des permanents et des décharges de représentativité. Les militants OCL, lorsqu’ils sont syndiqués sont principalement actifs au niveau de leur section de base, voire d’une UL.
    L’OCL privilégie l’existence et la construction de collectifs de base composés d’individus en lutte et non de représentants d’organisations. L’UCL a tendance à ne voir l’expression du mouvement social que par l’ensemble des organisations (même mini…) qui le composent et le plus souvent tentent de s’en emparer.

    #communisme_libertaire #organisation #OCL #histoire

  • Albanie 1997, une insurrection oubliée ?
    https://editionsasymetrie.org/albanie1997

    En mars 1997 suite à l’écroulement des pyramides financières dans lesquelles beaucoup avaient investi leurs économies, la population albanaise se soulève. En quelques semaines, dans une bonne partie du pays, la classe politique et la quasi totalité du pouvoir d’État sont balayés. La pétrification progressive du mouvement malgré quelques tentatives d’auto-organisation sera toutefois rapidement parachevée par l’intervention de l’armée italienne sous mandat de l’ONU. Ce soulèvement unique par son intensité dans la période récente est pourtant très peu connu et documenté et à l’heure où l’on met l’insurrection à toute les sauces il est donc urgent de le redécouvrir. Cette anthologie présentera des analyses et témoignages de l’époque et d’aujourd’hui avec des traductions de l’albanais, de l’anglais, de l’allemand, de l’italien et du grec.

    #Albanie #insurrection #histoire

  • La violence militaire coloniale au Cameroun et les collections muséales en Allemagne : histoire d’une symbiose.

    « Ne s’obtient que par la force »
    https://visionscarto.net/ne-s-obtient-que-par-la-force

    Voici un texte majeur et inédit que le chercheur Yann LeGall (Université technique de Berlin, TU) a confié à visionscarto. Il a passé des années à lire, décrypter et analyser les rapports dans archives allemandes des expéditions punitives militaires au Cameroun (aussi au Togo) et a fait apparaître non seulement la cruauté coloniale de l’armée allemande, mais aussi, par exemple, le cynisme absolu des directeurs de musées en Allemagne qui n’hésitaient pas à suggérer aux militaires d’engager des expéditions dans des lieux où se trouvaient des objets et œuvres d’art qu’ils convoitaient...

    Trois décennies d’exactions et de pillages, dont le résultat est la présence dans les musée allemands de plus de 60 000 objets camerounais divers volés lors des raids militaires, et par conséquence, l’absence au Cameroun de ce patrimoine culturel qui reste — plus d’un siècle après — encore une blessure vive.

    C’est long, mais cette histoire (dans les deux sens du terme) est importante. L’Allemagne a fait depuis quelques décennies, un énorme travail mémoriel sur la période nazie, ainsi que sur la période DDR, mais jusqu’à aujourd’hui, pas trop sur la période coloniale. Lacune qui commence à être comblée, car d’une part il y a ce projet, mais aussi d’autres mouvements, comme ce processus qui s’engage, de "débaptisation" des rues et avenues qui portent encore le nom des grands criminels, acteurs majeurs de cette période coloniale.

    –---

    Cet article — le premier d’une série dont la publication sera étalée dans les prochaines semaines, a été initialement publié en allemand dans l’Atlas der Abwesenheit. Kameruns Kulturerbe in Deutschland (Atlas de l’absence. Le patrimoine culturel du Cameroun en Allemagne) , issu du projet « Umgekehrte Sammlungsgeschichte » (Histoire inversée des collections) porté par l’Université de Dschang au Cameroun (Prof. Dr. Albert Gouaffo) et l’Université Technique de Berlin (Prof. Dr. Bénédicte Savoy).

    Avec des remerciements tout particuliers à Isabelle Saint-Saëns pour l’édition méticuleuse de la version française de ce texte. La cartographie est conçue et produite par Philippe Rekacewicz.